Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Portugiesische Eröffnung

Portugiesische Eröffnung

Titel: Portugiesische Eröffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Siler
Vom Netzwerk:
ich ihn höchstens selbst in Gefahr gebracht hatte. »Valsamis muss meine E-Mails angezapft haben.«
    »Aber wie –« Sie hielt inne und schaute mich entsetzt an.
    Valsamis hatte nicht nur die E-Mails gelesen, er hatte auch gewusst, woher sie kamen.
    Eine Windböe rüttelte an den Fenstern und peitschte ein paar Regentropfen an die Scheibe. Ein Sturm rückte vom Wasser heran, Adamastor und seine Furien. Wir hatten das Mädchen aus dem Internetcafé aus den Augen verloren, nachdem wir aus dem Tunnel aufgetaucht waren. Jetzt saßen wir hier mit einigen Nachteulen, die auf die letzte Fähre warteten. Einem Mann in Hausmeisterkleidung. Einem Betrunkenen, der unbequem auf seinem Stuhl schlief. Einem jungen Paar, das sich verzweifelt küsste, die Körper unter den Mänteln dicht aneinandergedrängt. Auf der Theke das tägliche Strandgut alter Zeitungen. Die üblichen A Bola und Correio de Manhã, die jeweilige Autorität zum Thema Sport und Klatsch, und dazu die seriöseren Schlagzeilen von Diário de Notícias und Público.
    Auf der Titelseite von Público war das Foto eines von allen Seiten belagerten Waffeninspekteurs der Vereinten Nationen zu sehen, eines müden Schweden, dessen Gesicht die unvermeidliche Niederlage verriet. Einer von Amadeos Bastarden, dachte ich traurig und warf einen Blick auf die Schlagzeile: JA ODER NEIN? Plötzlich ergab die gefälschte Rechnung über die Raketen und deren Bestimmungsort einen Sinn. Die Antwort war so einfach, dass ich sie glatt übersehen hatte.
    Nein, es gab keine Raketen. Die Amerikaner hatten die Fälschung durch al-Rashidi eingefädelt, damit es aussah, als würden die Iraker die Alazans aus Transnistrien beziehen. In Wirklichkeit gab es weder Raketen noch schmutzige Bomben, die für Basra bestimmt waren. Es ging um die Rechnung als solche, die den Beweis liefern würde, den die Waffeninspekteure nicht gefunden hatten, den Beweis, den die Amerikaner als Rechtfertigung für ihren Krieg brauchten.
    Die Fälschung musste so offenkundig sein, dass jeder, der Ahnung von der Materie hatte, sofort merken würde, dass die Lieferung keine Stahlkabel, sondern Alazan-Raketen enthielt. Der Fälscher selbst durfte das aber nicht erfahren. Darum hatte Valsamis von Vitor Gomes einen Amateur verlangt. Darum hatte er Graça Morais angeheuert. Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass sie Rahim in die Sache hineinziehen würde.
    Das alles gehörte zu einem Deal, den al-Rashidi mit den Amerikanern in Gestalt seines alten Freundes Valsamis abgeschlossen hatte. Seine Loyalität im Gegenzug für eine neue Heimat für seinen Sohn. Und gewiss eine noch größere Belohnung, wenn Saddam erst besiegt wäre.
    Zitternd schob ich die Hand in die Tasche und betastete die FEG. Wenn meine Vermutung stimmte, würde uns die Waffe kaum noch schützen können.
    »Was ist los?«, fragte Graça.
    Im Neonlicht des Cafés war ihr Gesicht bleich und hohlwangig. Zart und verletzlich, wie Rahim es wohl gesehen hatte, vielleicht an ebendiesem Ort, in ebendiesem Schatten. Verletzlich wie wir alle.
    Ich wollte die Frage lieber nicht beantworten, auch wenn ich die Antwort kannte. »Wir müssen hier weg«, sagte ich und legte einen Haufen Münzen auf den Tresen.
    Graça nickte zum Fluss hinüber. »Die Fähre braucht bestimmt noch zehn Minuten.«
    »Nein, weg aus Lissabon«, sagte ich und zog sie am Arm vom Hocker.
     
    Eine gottverdammte Wüste, dachte Richard Morrow, als die Gulfstream die letzte Kehre flog und die Lichter von Amman unter ihnen auftauchten. Das schiefe Kreuz der Landebahn und die Minarette der Stadt, die sich in den Nachthimmel bohrten. Er hatte so viele Jahre im Nahen Osten verbracht, und doch war ihm die Landschaft seiner Kindheit immer noch lieber. Die grünen Hügel, Bäume so weit das Auge reichte, die Nebelfetzen an feuchten Frühlingsmorgen, der mit blühendem Hartriegel getupfte Wald. Die Wüste wirkte so ungeheuer verletzlich, das Land kahl und vernarbt wie ein frisch geschorener Schädel. Selbst im Schutz der Dunkelheit noch entblößt.
    Die Motoren heulten auf. Die Gulfstream senkte den Bauch auf die Landebahn und rollte aus, bis sie am Rande des Flugplatzes neben einem leeren Hangar zum Stehen kam. In der Ferne konnte Morrow die orangefarbenen Lichter des Queen Alia Airports mit dem flachen Terminal und dem gewaltigen Tower erkennen. In der klaffenden Öffnung des Hangars parkte ein schwarzer Geländewagen: sein Begrüßungskomitee.
    Die Fahrertür ging auf, und eine Gestalt tauchte hinter

Weitere Kostenlose Bücher