Poseidon - Der Tod ist Cool
zu sein.
„Wie...?“
Frenzels Herz hämmerte gegen seine Brust, dass sie schmerzte.
„Ich halte sie in meinen Händen“
Diesmal drang die Stimme direkt von vorne an seine Ohren. Frenzel wich automatisch einen Schritt zurück und blickte angestrengt mit zusammengekniffenem Auge in die Dunkelheit.
Wo steckt der Kerl bloß?
„Die Zeit ist gekommen, meine Boten in die ganze Welt hinauszuschicken.“
Falks Nachricht strömte von allen Seiten auf ihn ein. Frenzel drehte sich um die eigene Achse, während er weiterhin erfolglos die Umgebung nach einem Lebenszeichen seines Widersachers absuchte.
„Und du wirst mir dabei helfen, mein alter Freund.“
Falk schien überall gleichzeitig zu sein. Frenzel mühte sich, wenigstens äußerlich Ruhe zu bewahren. In seinem Innern tobte ein Sturm, seine Gedanken rasten. Er schlich wie ein Tiger in Gefangenschaft im Kreis umher.
„Wieso glaubst du, dass ich dir dabei helfen sollte?“ Frenzel erwiderte das „Du“ in der Hoffnung, eine Beziehung zu Falk aufzubauen, um ihn in Sicherheit zu wiegen und damit Fehler zu provozieren.
„Du bist
von mir
auserkoren!“ Falk schleuderte ihm die Silben wie Peitschenhiebe entgegen.
„Warum ich?“ Frenzels Blick wanderte auf die Eisschicht hinaus.
Keine Menschenseele zu sehen.
„Es gilt, eine alte Rechnung zu begleichen.“
Frenzel dachte an seinen Bruder.
Da hat er allerdings Recht. Aber das kann es nicht sein.
„Ich habe meine Rechnungen immer alle bezahlt.“ Die Provokation in seinem Tonfall war nicht zu überhören.
„Diese nicht, mein einäugiger Freund. Ich hätte dir damals gleich beide ausstechen sollen.“
Frenzel schwindelte es.
Der Gong ertönte. Der Geschichtsunterricht war wieder schneller vorbei, als mir lieb war. Ab in die große Pause. Mutter hatte mir ein Mettwurstbrot und einen Apfel mitgegeben. Ich liebte Mettwurstbrot. Die Pausen dagegen weniger. Und ihn am wenigsten.
Er war Anführer einer Bande Siebtklässler, darauf spezialisiert, ihre kleineren Mitschüler zu tyrannisieren.
Mich zu tyrannisieren.
Dünn, schwach, kränklich.
Ohne Geschwister, ohne Vater.
Das ideale Opfer.
An diesem Tag wehrte sich das Opfer. Damit hatte er nicht gerechnet. Ich überrumpelte ihn. Ich sprang ihn an und biss ihn in den Hals. Er befreite sich aus der Umklammerung und schleuderte mich zu Boden. Er trat mich mit Füßen, schlug mit seinem Haselnussstecken, den er immer bei sich trug, auf mich ein.
Rammte mir das Holz ins Gesicht und stach mir mein Auge aus.
„Clemens Knopfler...“
„...existiert schon lange nicht mehr!“
Frenzel hörte das Knirschen von Kies unter Schuhsohlen. Während er herumschnellte, erkannte er in den Augenwinkeln einen Schatten, der auf ihn herunterkrachte. Frenzel warf seinen Oberkörper zurück und
rollte sich nach hinten ab. Der Angriff verfehlte ihn um Haaresbreite. Sofort kam er wieder auf die Füße, brachte seine Waffe in Position.
Zu spät.
Im gleichen Augenblick zerschmetterten Frenzels Handgelenke. Falks Eisenstange brach ihm die Knochen. Die Schmerzen gaben seine
Magnum
frei, die es auf den See hinausschleuderte. Frenzel ging schreiend in die Knie und unterdrückte den Impuls, sich zu übergeben, als das Metallrohr erneut auf ihn herunterkrachte. Sein rechtes Schlüsselbein erzeugte das Geräusch von knackendem Holz.
Die Wucht des Schlages fällte ihn. Zitternd, von kaltem Schweiß bedeckt, blieb er fast besinnungslos liegen und erwartete den finalen Hieb.
Er kam nicht.
Frenzel hob den Kopf. Falk stand etwa fünf Meter von ihm entfernt am Ufer, blickte auf die Eisfläche und drehte ihm den Rücken zu.
„Sahst du je etwas Schöneres? Erkennst du meine Macht?“ Falk klang feierlich, andächtig. Er streckte beide Arme in den Himmel, als segnete er sein Werk.
„Wieso...“
„Glaubst du mir jetzt, einen Fehler gemacht zu haben? Meine Tränen waren echt!“
Falk schrie auf den See hinaus.
Erst jetzt bemerkte Frenzel, dass Falk nicht mit ihm sprach.
Mit wem...?
„Es verging keine Sekunde, an der ich nicht an dich gedacht hätte.“
Er hat den Verstand verloren.
Plötzlich spürte Frenzel, wie seine Selbstheilungskräfte das zerstörte Gewebe langsam reparierten. Er hatte sie vergessen.
„Ich gab immer mein Bestes, doch dir war es nie gut genug.“ Falk klang verzweifelt.
Frenzel beobachtete seinen Widersacher. Er schien in seinem Monolog versunken. Falk beachtete ihn nicht, sondern
hielt seine Hände mit geballten Fäusten in die
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