Poseidon - Der Tod ist Cool
Nacht.
„Und als ich deine Hilfe am Nötigsten gehabt hätte, hast du mich verstoßen. Aus deiner Welt verbannt.“
Frenzels Energie kehrte Stück für Stück zu ihm zurück, trotzdem konnte er sich keinen Millimeter rühren. Falks Worte fesselten ihn an unsichtbare Ketten. Gebannt hörte er ihnen zu.
Er spuckt seinen Schmerz in die Dunkelheit hinaus. In diesem Schmerz liegt der Grund für sein Tun. Aber wieso ich?
„In ein Internat gesteckt und dort zurückgelassen! Mich, Vater, deinen Sohn! Wegen diesem elenden Wurm!“ Falks Stimme überschlug sich. Er drehte sich zu Frenzel und zeigte mit dem Finger auf ihn. Sein Körper bebte.
Frenzel blickte in zwei tiefe Höhlen aus Eis, die ihn zu vernichten drohten.
„Hier ist mein Geschenk!“
Falk wendete sich wieder dem See zu.
„An dich, Vater. Poseidon huldigt seinem Schöpfer.“
Er verbeugte sich vor einer imaginären Person und fiel auf die Knie.
„Bitte verzeih mir.“
Falk flüsterte nur noch, versunken in seiner Welt.
Er hält mich für den Schuldigen am Bruch zwischen ihm und seinem Vater, der ihn nach seiner Attacke von meiner Schule genommen hatte.
Die Erkenntnis erlöste ihn aus seiner Starre.
Schließlich ereilte ihn ein härteres Schicksal als mich.
Frenzel bewegte sich im Zeitlupentempo nach oben.
Er kannte seinen Vater von Geburt an.
Dabei suchte er die Umgebung nach der Eisenstange ab, ohne Falk aus den Augen zu lassen.
Und wurde nach Jahren von ihm verstoßen.
Falk kniete weiterhin am Ufer und murmelte unverständlich vor sich hin. Frenzel glaubte, ein Schluchzen zu vernehmen.
Vaterlos. Wofür er mich gehänselt hatte. Welche Ironie!
Frenzel stand.
Im gleichen Moment hob Falk den Kopf. Sein Gesicht hatte jeden menschlichen Zug verloren. Frenzel blickte in eine Fratze.
„Kommen wir endlich zum Schluss. Zeit, unsere Bestimmung zu erfüllen.“
Falk bewegte sich gemächlich auf Frenzel zu. In seiner Hand pendelte der Metallprügel.
Woher...?
Frenzel hatte keine Zeit, sich weiter Gedanken darüber zu machen. Falk beschleunigte sein Tempo. Frenzel sprang über die Ufermauer auf den See, in der Hoffnung, irgendwo im Licht des Vollmondes seine
Magnum
zu finden. Hektisch suchte er die Oberfläche nach seiner Waffe ab, während er gleichzeitig versuchte, den Abstand zwischen sich und seinem Gegner zu vergrößern. Zum ersten Mal in seinem Leben verfluchte Frenzel seine Stiefel - die Ledersohlen ließen nur bedingt kontrollierbare Bewegungen auf dem Eis zu.
Klack
.
Frenzel schaute kurz zurück. Falk folgte ihm. Er schlitterte einige Meter hinter ihm her. Frenzel skatete mittlerweile im Stile eines Schlittschuhläufers übers Eis, als er rechts vor sich das Funkeln des Stahls seiner
Desert Eagle
aufblitzten sah.
Ja, du kannst es schaffen. Du wirst es......
Der Schmerz in seinem Schädel riss Frenzel von den Beinen. Instinktiv hielt er seinen Kopf nach vorne gebeugt, als er auf den Rücken krachte. Der Aufprall presste ihm die Luft aus den Lungen und ihm wurde kurz schwarz vor Augen. Sein Blut pulsierte in Strömen aus der Platzwunde, die Falks Wurfgeschoss hinterlassen hatte. Es lief ihm ins Auge. Trotz der eingeschränkten Orientierung ruderte Frenzel mit den Armen, während er übers Eis rutschte, um sich weiter in Richtung seiner Waffe zu bringen.
Um.
Sie.
Zu.
Greifen.
Er hörte Falk hinter sich lachen. Es klang wie das heisere Bellen eines Hundes.
Frenzel
wusste
, dass Falk aufholte. Dass seine Chancen sich verringerten, wie die Geschwindigkeit, mit der er dahin schlitterte. Da spürte er einen Gegenstand leicht gegen seine Achselhöhle schlagen.
Frenzel packte in dem Moment zu, als die Rutschpartie endete.
Der Griff seiner
Magnum
begrüßte ihn.
Er drehte sich auf den Bauch.
Da ist er.
Begab sich in Position.
Aber wer ist er?
Sein Finger fand den Abzug.
Knopfler?
Er wischte das Blut aus dem Gesicht.
Zielte.
Falk?
Auf den Kopf.
Poseidon?
Der Stempel schlug in die Kammer.
Er lacht noch immer.
Die Kugel verließ den Lauf.
Im Angesicht seines Todes.
Die letzten Worte Falks verhallten im Echo des Schusses.
70. Kapitel
Die Sonne stand im Zenit.
Mittagszeit.
Große Teile des Gardasees verschwanden unter den Leibern der Menschenmassen, die sich erneut auf dessen Eisfläche tummelten.
Camper, die ihre Zelte aufgeschlagen hatten, versammelten sich um Gas- und Kohlegrill. Der Duft von Gebratenem lag in der Luft, vermischte sich mit dem Gegröle der Angetrunkenen. Sportler vergnügten sich mit
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