Poseidons Gold
daheim.«
Manlius, vielleicht doch der Hellere von beiden, lächelte verschämt. »Hab doch ein Herz, Falco! Meine Mutter ist einundachtzig. Solch ehrwürdigem Alter muß ich schließlich Achtung zollen.«
Varga, der in einer intimeren Traumwelt lebte, maß seine Aphrodite mit wehmütigem Blick und tat so, als habe er nichts gehört.
XL
An der Brunnenpromenade herrschte tiefe Stille. Das war beängstigend. Normalerweise kriegte hier selbst mitten in der Nacht irgendein Ehemann mittels Eisenpfanne einen Hirnschaden verpaßt, quälten kriminelle Jugendliche eine arme Taube oder schrie eine alte Frau Zeter und Mordio, weil ihr die Ersparnisse geraubt worden waren (Metella, deren Sohn sie sich regelmäßig ausborgte; wenn die Nutten, die er laufen hatte, vierzehn Tage Doppelschicht machten, zahlte er ihr das Geld auch mal zurück).
Es war schon kurz vor Morgengrauen. Ich wurde langsam zu alt für diesen Beruf.
Als ich an der Wäscherei vorbeikam, handelte mir das müde Schlurfen meiner Füße neuerlichen Ärger ein: Lenia, die mürrische Inhaberin, riß einen Fensterladen auf. Ihr Kopf schoß heraus, und ich blickte erschrocken in ein kalkweißes Gesicht unter einem struppigen Gewirr hennagefärbter Haare. Sie konnte sich nicht mehr gerade halten, und ihre wild rollenden Augen waren ein dringender Fall für den Okulisten. »He, Falco!« kreischte sie. »Was treibst du dich denn noch so spät auf der Straße rum?«
»Lenia! Du hast mich zu Tode erschreckt. Ist Smaractus da?«
Lenia stieß einen kläglichen Jammerlaut aus. Sie würde noch die ganze Straße aufwecken, und dann hätte man natürlich wieder mir die Schuld gegeben. »Ach, ich hoffe, er liegt auf dem Grund des Tiber, der Schuft! Wir hatten einen fürchterlichen Streit.«
»Dank sei den Göttern. Und nun sei so gut und kreisch nicht so.« Wir waren alte Freunde, Lenia und ich, konnten uns die Komplimente also sparen. Sie wußte, daß ich ihren Verlobten nicht riechen konnte. Das hing zum einen damit zusammen, daß er mein Vermieter war – doch mehr noch mit der Tatsache, daß dieser Mensch so angenehm wirkte wie ein Haufen warmer Eselsmist. »Heißt das nun Hochzeit ade?«
»Oh, nein!« Lenia nahm sich auf der Stelle zusammen. »Das kann er mit mir nicht machen! Aber komm doch rein, Falco, komm rein …«
Widerstand war zwecklos. Wenn eine Frau, die ihr Leben lang ungeheure Tröge voll heißen Wassers rumschleppt, einen zielstrebig am Arm packt, dann gibt man ihrem Zerren entweder nach oder ist den Arm los. Ich wurde in das finstere Kabuff geschleppt, in dem Lenia ihre Bücher frisiert und ihre Freunde anpöbelt. Hier schubste sie mich auf einen Schemel und drückte mir einen Becher billigen Rotweins in die Hand.
Lenia hatte schon einiges getrunken, genau wie ganz Rom in dieser bitterkalten Winternacht. Aber sie hatte allein getrunken, und das macht den Menschen bekanntlich erst recht unglücklich. Doch als sie mir jetzt gegenübersaß und abermals mit einem vollen Becher gegen ihre schaurigen Raffzähne stieß, wurden ihre Lebensgeister anscheinend wieder munter. »Du siehst auch ganz schön wüst aus, Falco!«
»Hab mit ein paar Malern gesoffen. Einmal und nie wieder!«
»Das sagst du immer!« spottete Lenia heiser. Sie kannte mich wirklich schon sehr, sehr lange.
»Was ist nun mit Smaractus?« Ich probierte ihren Wein, bereute es aber schon nach dem ersten Schluck, wie ich befürchtet hatte. »Kriegt er kalte Füße angesichts der ehelichen Freuden?«
Ich hatte nur einen Scherz machen wollen, aber sie nickte bekümmert. »Er ist nicht sicher, ob er schon reif für eine so ernste Bindung ist.«
»Der Ärmste! Beruft sich wohl auf seine zarte Jugend, was?« Wie alt Smaractus auch sein mochte, sein ausschweifendes Leben hatte ihm das Aussehen eines vertrockneten Eremiten verliehen, den man sich eigentlich nur noch halb tot in seiner Höhle vorstellen kann. »Ein Geizhals wie er muß doch einsehen, daß die Einheirat in eine gutgehende Wäscherei ihn mehr als reichlich für den Verzicht auf sein Junggesellendasein entschädigen wird, oder?«
»Außerdem bekommt er ja noch mich!« versetzte Lenia hochnäsig.
»Natürlich, das wollen wir nicht vergessen.« Die Ärmste brauchte ein bißchen Zuspruch.
Lenia nahm einen kräftigen Schluck. Dann grunzte sie rachsüchtig: »Und wie geht’s mit deinem Verhältnis voran?«
»Ausgezeichnet, besten Dank!«
»Das glaub ich dir nicht, Falco.«
»Meine Zukunftspläne«, behauptete ich aufgeblasen,
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