Poseidons Gold
Weg, der meinen Füßen vertraut war, in die Quere, denn wir hatten es vorsorglich unter dem großen Loch im Dach weggerückt, das Smaractus immer noch nicht hatte flicken lassen.
Außerdem hatte das Bett die falsche Höhe, und als ich es endlich doch gefunden hatte, plumpste ich so ungeschickt hinein, daß ich beinahe gleich wieder hinausgefallen wäre. Helena gab mir einen Kuß, stöhnte über meinen stinkenden Atem und bettete ihr Gesicht dann im sicheren Hafen meiner Achselhöhle.
»‘tschuldige … mußte ein paar Zeugen beeinflussen.« Betörende Wärme und Behaglichkeit umfingen mich, aber ich war entschlossen, standhaft zu bleiben. »Hör mal, du ungehorsame Göre, ich hab dich doch bei Mutter gelassen. Wie kommst du hierher?«
Helena umschlang mich noch fester. Das war süß und wohltuend, und sie wußte natürlich ganz genau, daß ich mich nicht ernsthaft beklagte. »Ach, Marcus, ich hatte solche Sehnsucht nach dir …«
»Aber solche Sperenzchen könnten dich teuer zu stehen kommen, Weib! Wie bist du überhaupt hergekommen?«
»Völlig gefahrlos. Maias Mann hat mich begleitet. Er ist sogar mit raufgekommen und hat sich vergewissert, daß in der Wohnung alles in Ordnung ist. Ich habe den Abend damit zugebracht, deine Schwestern reihum nach dem Messer aus der Caupona zu fragen. Keine Sorge, ich hab deine Mutter mitgeschleppt, obwohl sie keine große Lust hatte. Na ja, und da dachte ich, du würdest bestimmt gern hören wollen, was bei meinen Nachforschungen herausgekommen ist«, schloß sie ihre lahme Entschuldigung.
»Raffiniertes Frauenzimmer! Was hast du rausgekriegt?«
Ich spürte, wie mir ein kleiner, aber unverkennbarer Rülpser entschlüpfte. Helena rutschte tiefer unter die Decke. »Leider gar nichts«, tönte ihre nun merklich gedämpfte Stimme aus der Tiefe. »Von deinen Verwandten kann sich niemand erinnern, das Messer bei deiner Mutter ausgeborgt, geschweige denn, es im Flora benutzt zu haben.«
In meinem Kopf drehte sich alles. »Macht nichts, der Tag war trotzdem nicht ganz umsonst. Ich hab einiges rausgekriegt. Zum Beispiel, daß Censorinus einen Kameraden in Rom hatte – einen gewissen Laurentius. Und den wird Petronius finden müssen, bevor er mich vor Gericht bringen kann.«
»Könnte das der Mörder sein?«
»Unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen …« Das Sprechen fiel mir schwer. »Und dann gibt’s da noch einen Bildhauer … vielmehr es gab ihn mal … Orestes heißt der Mann – nein, Orontes. Er ist spurlos verschwunden, aber wir haben immerhin seinen Namen …« In dem komfortablen neuen Bett, das Helena obendrein schon seit etlichen Stunden angewärmt hatte, entspannten sich meine halb erfrorenen Glieder ganz wunderbar. Ich machte es mir in ihrer Umarmung noch etwas bequemer. »O ihr Götter, wie ich dich liebe …« Ihre Sicherheit lag mir zwar sehr am Herzen, doch ich war froh, sie hier bei mir zu haben. »Famia war hoffentlich nüchtern, als er dich hergebracht hat.«
»Maia würde mich doch nie ohne sicheren Geleitschutz heimgehen lassen! Und wenn sie gewußt hätte, daß ich hier auf einen Betrunkenen warte, hätte sie mich gar nicht erst fortgelassen!« Darauf hätte ich gern was Passendes erwidert, nur fiel mir leider nichts Originelles ein. Helena streichelte meine Wange. »Du bist ja todmüde. Schlaf jetzt.«
Ich war schon dabei.
Wie von weither hörte ich sie noch sagen: »Dein Vater hat eine Nachricht geschickt. Er bittet dich, morgen früh mit ihm zu Carus und Servia zu gehen. Und er läßt dir ausrichten, du möchtest dich in Schale werfen. Ich habe dir schon eine Toga rausgelegt …«
Ich wunderte mich noch, wer zum Hades Carus und Servia sein mochten und warum ich diesen unbekannten Fremdlingen zuliebe einen solchen Aufwand treiben sollte. Dann wußte ich nichts mehr, bis ich am nächsten Morgen mit einem Mordskater erwachte.
XLI
Es war schon später Vormittag, als ich aus der Wohnung schlurfte. Ich trug meine indigofarbene, abgetragene Lieblingstunika, denn wenn ich mich in Schale werfe, kommt es mir in erster Linie auf Bequemlichkeit an. Wegen des scheußlichen Wetters hatte ich außerdem meine schwersten Stiefel und einen dicken Mantel an, dazu einen großen Schlapphut zum Schutz gegen die schmerzende Helligkeit. Mein Schädel brummte fürchterlich, und meine Innereien reagierten ungemein empfindsam. Die Gelenke schmerzten auch, und der aufrechte Gang kam mir heute morgen höchst unnatürlich vor.
Als erstes ging ich zu Petronius. Der tat
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