Poseidons Gold
hast mich zwischen Skylla und Charybdis manövriert – und ich sitze in einem sehr wackligen Boot! Ich versuche dir zu helfen, das dürfte wohl klar sein. Also sag mir, wo du den ganzen Vormittag gewesen bist, und mach keine Mätzchen. Deine Antwort muß nämlich Marponius genauso zufriedenstellen wie mich.« Marponius war einer der Richter, die Mordprozesse führten, und sein Hoheitsbereich schloß den Aventin ein. Er war ein Schwachkopf, und Petro konnte seine ständigen Einmischungen nur schwer aushalten; mit dem typischen Beamten ging ihm das meist so.
»Na schön!« Meine Nervosität schlug sich in einem gereizten Ton nieder. »Wie wär’s damit: Heute abend haben Helena und ich im Hause des ehrenwerten Camillus dem Luxus gefrönt. Das Wort dieses erlauchten Herrn wird dir ja wohl genügen, oder? Und Glaucus kennst du doch auch: Glaucus ist eine ehrliche Haut, nicht wahr? Mit dem hab ich heute trainiert. Dann war ich auf dem Forum und hab dort meinen Bankier getroffen und auch Sattoria, außerdem noch Famia und Gaius Baebius, aber ich hab dafür gesorgt, daß die mich nicht sehen, also bringt uns das nicht weiter. Aber vielleicht haben sie mich ja doch bemerkt, als ich hinter einer Säule verschwunden bin«, setzte ich mit wachsendem Unbehagen hinzu, weil Petro mich gar so betrübt musterte.
»Wer ist Sattoria?« Die anderen Namen konnte er offenbar unterbringen.
»Die kennst du nicht. Ich übrigens auch nicht mehr.« Nicht, seit ich eine ehrbare Freundin hatte, die sehr kritisch über meine Junggesellenvergangenheit dachte. Es ist schön, wenn jemand sich so um einen sorgt. Wirklich schön, nur manchmal auch anstrengend.
»Ach, die!« meinte Petro lakonisch. Manchmal muß ich mich schon sehr über ihn wundern. Er sieht aus wie ein lammfrommer Pantoffelheld, doch mitunter kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß er ein Doppelleben führt.
»Jetzt bluffst du aber, Freundchen. Eine Beziehung zwischen dir und Sattoria – undenkbar! … Also weiter im Text: Vom Forum bin ich in den Palast gegangen, wo ich ein, zwei Stunden blieb, ein Alibi, das sogar ein Marponius akzeptieren wird …«
»Deine Audienz beim Kaiser kannst du überspringen, das hab ich schon überprüft.« Jetzt war ich aber baff. Der raffinierte Hund hatte offenbar in ganz Rom Detektiv gespielt und so hartnäckig wie ein frisch beförderter Büroschwengel hinter mir herspioniert. »Mich interessiert, wo du vorher warst.«
»Da kann ich dir nicht helfen. Nach der Reise war ich völlig fertig. Helena und Mama sind in meine Wohnung gegangen, um dort sauberzumachen, und ich blieb hier im Bett. Ich hab geschlafen, kann also nichts angestellt haben, aber verlang ja nicht, daß ich dir das beweisen soll – die klassische nutzlose Ausrede … Petro, ich halt das nicht mehr aus! Was im Namen der Triade des Kapitols belastet dein kleines sorgenvolles Hirn?«
Petronius Longus starrte den Tisch an. Der spannende Moment war da. Mein armer Freund wirkte so verloren wie ein Goldstück in der Tasche eines Geizhalses. »Wie wär’s damit: Der Leichnam, den ich heute morgen anschauen mußte, war der eines Centurio namens Titus Censorinus Macer. Er wurde in der Caupona Flora umgebracht – und wann immer ich frage, ob er vielleicht vor kurzem Ärger mit jemandem hatte, erzählen mir die Leute blutrünstige Geschichten von einem heftigen Streit zwischen ihm und dir.«
IX
Ich stöhnte. Nicht zu laut; ein Mordverdächtiger muß sich vor übertriebenem Schmierentheater tunlichst hüten.
»Lucius Petronius, ich traue meinen Ohren nicht.« Ich traute ihnen ohne weiteres. Von dem Moment an, da das Geschäftsgebaren meines Bruders wieder aufs Tapet kam, war ich auf Ärger und Scherereien gefaßt gewesen. Auf so was freilich doch nicht.
»Verlaß dich getrost auf deine Horchlappen«, meinte Petronius ungerührt.
»O ihr Götter, da steh ich ja mitten in der Scheiße! Petro, du weißt doch, wie sehr Marponius uns Privatermittler haßt. Mein Name steht bestimmt schon auf einem Täfelchen im Krug für den Pranger! Auf die Gelegenheit hat er doch nur gewartet. Nun kann er mich behindern, wie er will, und obendrein noch bei jedem Festgelage auf dem Pincius über mich herziehen. Aber halt!« Meine Laune hob sich. »Weil du der Untersuchungsbeamte bist, braucht Marponius ja nichts davon zu erfahren.«
»Falsch, Falco!«
»Mach dir keine Sorgen. Ich helfe dir, den Mörder zu fassen.«
Petro seufzte. »Marponius weiß Bescheid. Er hat einen seiner Anfälle
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