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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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jedoch inzwischen wieder soweit klar, daß ich einen schalen Geschmack im Mund spürte und meine Stimmung auf dem Nullpunkt angekommen war. Der Wein schmeckte mir jedenfalls überhaupt nicht mehr, ja sogar das Wetteifern mit Festus hatte vorübergehend seine Faszination verloren. Also verabschiedete ich mich. Und da erklärte Marina, sie wolle auch heim, worauf Festus mich bat, sie an seiner Stelle zu begleiten.
     
    Zwar versprach er, gleich nachzukommen, aber mir war klar, daß er Marina schon im nächsten Moment vergessen haben würde. Ja, ich hatte sogar den starken Verdacht, daß die kesse Brünette, die im Circus neben ihm gesessen hatte, ihn eben jetzt auf irgendeinem Balkon erwartete. Auch Marina war die Brünette aufgefallen, und da dies Festus’ letzter Abend war, nahm sie’s ihm gewaltig übel. Als wir in ihrer Wohnung ankamen, beklagte sie sich bitterlich darüber, wie schlecht mein Bruder sie behandeln würde. Ich war ebenfalls sauer, weil es ja auch für mich die letzte Gelegenheit war, mit ihm zusammenzusein. Dieses eine Mal hätte er uns doch wirklich vor ein paar dahergelaufenen Fremden den Vorzug geben können. Und da wir schon den ganzen Abend, während wir in seinem Schlepptau durch die Kneipen zockelten, auf einen solchen Verrat gewartet hatten, waren wir beide von handfestem, selbstgerechtem Zorn erfüllt.
    Dummerweise ließ ich mich zu der Bemerkung hinreißen, Festus könne von Glück sagen, daß ich nicht der Typ wäre, der versuchen würde, ihm sein Mädchen auszuspannen. Worauf Marina prompt scheinheilig fragte: »Ach, und warum nicht?«
     
    Hinterher stellte Marina unmißverständlich klar, daß die Sache ihr wenig Spaß gemacht habe. Und ich hatte auch nicht viel davon gehabt. Der Rausch, mein schlechtes Gewissen und der Gefühlswirrwarr, in dem ich mich befand, verdarben alles.
    Irgendwann am nächsten Vormittag fand ich mich in meiner Wohnung wieder, ohne den blassen Schimmer, wie oder wann ich dorthin gelangt war. Festus mußte schon vor Stunden in Richtung Hafen aufgebrochen sein, vorausgesetzt, er war dazu imstande gewesen. Was beides der Fall war, wie sich herausstellte. Und so kam es, daß wir einander nicht einmal Lebewohl sagten.
    Wochenlang ging ich Marina aus dem Weg und erfand alle möglichen Ausreden, um so oft wie möglich die Stadt zu verlassen. Später hörte ich, daß sie schwanger sei, aber natürlich hielten alle Festus für den Vater, und mir paßte es gut in den Kram, mich der allgemeinen Meinung anzuschließen.
    Und dann, etwa ein Jahr später, kam ich eines Tages von einem Besuch bei Großonkel Sacro zurück, der auf dem Familiensitz mütterlicherseits in der Campania wohnte. Als ich zu Mama ging, um ihr Grüße der Verwandtschaft auszurichten, fand ich die ganze Sippe bei ihr versammelt. Ich weiß noch, daß mir ein Schriftstück auffiel, das ausgebreitet auf dem Tisch lag. Und weil (ausnahmsweise) keine der Frauen den Mund aufmachen wollte, teilte mir einer meiner Schwager die traurige Nachricht mit: Festus hatte einen Ausfall angeführt und die Befestigungsmauern einer öden Wüstenstadt namens Bethel in Galilea stürmen wollen. Als er sich nach seinen Männern umwandte, um sie anzufeuern, hatte der Feind ihn erwischt. Man verlieh ihm posthum einen Orden dafür, daß er als erster einen gegnerischen Schutzwall überwunden hatte, und seine Heldenasche wurde in Judäa verstreut.
    Anfangs konnte ich es einfach nicht glauben. Und noch heute kommt es mir manchmal wie ein Traum vor oder wie irgendein makabrer Scherz.
    Wie sich herausstellte, hatten Marina und Festus einander nie geschrieben, und sie sah offenbar keinen Grund, das zu ändern, nur um ihm mitzuteilen, er sei Vater geworden. Warum ihn unnötig aufregen? Wenn er heimkam, wollte Marina ihm seine vergnügt krähende Tochter in die Arme legen, und Festus würde sich auf den ersten Blick in sie verlieben. (Die Rechnung wäre auch bestimmt aufgegangen. Denn abgesehen davon, daß Marcia ein wirklich hübsches Baby war, hatte mein Bruder einen eindeutigen Hang zur Sentimentalität.)
    Der Tod meines Bruders traf mich tief. Aber nicht genug damit – bei jenem Familientreffen nach meiner Rückkehr aus der Campania konfrontierte man mich mit Marinas aufsehenerregender Geschichte über unsere sogenannte Liebesnacht. Sie behauptete steif und fest, Marcia sei das Produkt unseres törichten kleinen Seitensprungs, und verlangte vehement, ich habe fortan für sie und das Kind zu sorgen.
    Meine Familie reagierte auf

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