positiv verliebt (German Edition)
Dingen, die in meinem Leben eine Rolle spielen. Wird es mit großer Wahrscheinlichkeit auch nie.
„Dauert noch eine ganze Weile. Ist erst der fünfte Monat. Aber dafür fühle ich mich bereits jetzt wie eine Seekuh.“ Ihr Lachen ist so offen und herzlich, dass ich kopfschüttelnd mit einstimme.
„So sehen Sie überhaupt nicht aus. Ganz im Gegenteil.“
„Vielen Dank für das Kompliment“, kichert sie und trinkt noch einen Schluck von ihrem Saft. Nur wenige Augenblicke später kommt ein Mann mit stürmischen Schritten auf uns zu.
„Es ist unglaublich, meine Bilder hier hängen zu sehen“, ruft er enthusiastisch und umarmt die Frau fest.
„Das hast du verdient“, erwidert sie liebevoll. Sie küssen sich und das nehme ich zum Anlass, ein wenig von den beiden wegzurücken und mich sehnsüchtig nach Fabian umzusehen. Er steht am anderen Ende des langen Flures, an dessen Wänden die Bilder hängen. Ganz offensichtlich ist er in ein Gespräch mit diesem Sascha vertieft. Da stehen auch noch drei weitere Männer um ihn herum, die sich ebenfalls intensiv unterhalten. Ich spüre ein leichtes Zwicken in meiner Brust, will nicht eifersüchtig sein und kann es trotzdem nicht verhindern. Er ist doch mit mir hierher gekommen und nun fällt ihm nicht einmal auf, dass er mich schon seit einer gefühlten Ewigkeit allein gelassen hat. Ich will nicht enttäuscht sein, aber ich bin es doch. Er ist hier ganz anders, bewegt sich viel freier, lacht und redet ungezwungen.
„Bist du zum ersten Mal hier?“, holt mich die Stimme der Frau wieder zurück aus meinen Gedanken.
„Wie bitte?“
„Zum ersten Mal hier?“, wiederholt sie ihre Frage und grinst mich an. Ihr Mann ist nicht mehr da.
„Ja“, antworte ich schlicht, obwohl es nicht ganz richtig ist. Nur war ich noch nie mit einem Freund hier und schon gar nicht, weil das Thema HIV eine Rolle in meinem Leben gespielt hätte. Bin ich überhaupt mit einem Freund hier? Die Frage schmerzt und lässt mich unwillkürlich aufseufzen.
„Die Leute hier sind großartig und hilfsbereit, auch wenn man sich am Anfang sicherlich sehr verloren vorkommt.“
Ihr Lächeln verändert sich, weicht einem eher mitleidigen Blick. Ich brauche eine Sekunde ehe ich verstehe, worauf sie hinaus will.
„Oh, nein, ich… ich bin nicht… Also, ich bin nur mit einem Freund hier.“ Ich deute unbestimmt in Fabians Richtung. Sie folgt meinem Finger mit ihrem Blick.
„Entschuldigung. Ich wollte auch wirklich nicht indiskret sein.“
„Schon gut, das macht nichts. Vermutlich komme ich mir auch gerade ein wenig verloren vor“, gebe ich zerknirscht zu.
„Das kann ich verstehen“, murmelt sie und zwinkert mir aufmunternd zu.
Mein Blick fällt auf ihren Bauch. Ich frage mich, wie sie in dieses Bild passt.
„Mein Mann ist seit einem Jahr unter der Nachweisgrenze…. Und dann haben wir es einfach probiert und es hat geklappt und bisher scheint auch alles in Ordnung zu sein“, antwortet sie auf meine unausgesprochene Frage. Sie strahlt mich an und streichelt versonnen über ihren Bauch.
Ich lächle und nicke, obwohl ich nicht verstanden habe, was sie mir erzählt hat. Was bedeutet denn Nachweisgrenze?
„Das ist schön“, erwidere ich unbestimmt. Mein Blick wandert erneut in Fabians Richtung, aber er scheint mich vollkommen vergessen zu haben. Vielleicht sollte ich besser nach Hause fahren. Immer mehr macht sich das Gefühl in mir breit, dass ich nicht hierher gehöre. Diese Welt ist mir vollkommen fremd. Ich frage mich, ob ich jemals eine Chance haben werde, mich in ihr zurechtzufinden. Es ist, als wenn Fabian meilenweit weg wäre. Da ist nicht nur eine Mauer, die uns trennt, da liegt ein ganzer Ozean zwischen uns. Vielleicht war es doch besser, nur von ihm zu träumen. Kälte steigt in mir auf und lässt mich heftig erschaudern.
„Es ist nicht leicht“, flüstert die weibliche Stimme neben mir. „Ich heiße übrigens Anna.“
„Jakob“, erwidere ich gedankenverloren.
„Ich bin mit Lutz schon seit fünf Jahren zusammen und noch immer werde ich das Gefühl nicht los, dass ich hier nicht hergehöre. Es ist wie eine andere Welt. Seine Welt, in der ich diejenige bin, die außen bleibt, weil ich es eben nicht habe. Hier sind die Leute, mit denen sich mein Mann verbunden fühlt, weil sie wissen, wie es ihm geht, weil sie seine Ängste besser kennen als ich… egal, wie sehr ich mich auch bemühe. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass Lutz anders ist. Irgendwie freier, sobald er das
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