Post Mortem
Whitbread zusammenhing?«, fragte ich.
»Das ist die logische Schlussfolgerung, stimmt's? Er ist ein Psychopath, Tanya und Patty wohnten ein paar Häuser weiter. Wahrscheinlich hat Patty irgendwas gesehen.«
»Was haben Sie Tanya über Petes Vorlieben erzählt?«
»Nichts. Ich habe keinem Menschen etwas davon erzählt.« Unvermittelt lachte er auf. »Können wir das hier allmählich beenden? Ich muss noch schrecklich viel tun.«
»Warum sind Sie zusammengezuckt, als ich Tanyas Arbeitsgemeinschaft erwähnte?«
»Bin ich das?«
»Unübersehbar.«
Er zog die Schultern hoch und kratzte sich am Kopf. »Bitte, erzählen Sie Tanya nichts davon, aber ich weiß ge nau, dass es keine Arbeitsgemeinschaften gibt. Wenn sie behauptet, mit anderen Studenten verabredet zu sein, sitzt sie in Wirklichkeit allein in der Bibliothek. Wenn sie nicht im Seminar ist, arbeitet sie in der Bibliothek als studentische Hilfskraft. Sie bleibt noch lange dort, nachdem ihre Schicht vorüber ist, kümmert sich um die Stapel. Manchmal verlässt sie die Bibliothek als Letzte. Sie geht im Dunkeln allein zu ihrem Wagen. Das jagt mir einen Riesenschreck ein, aber ich kann nichts sagen, weil sie nicht wissen darf, dass ich ihr nachsteige.«
»Haben Sie schon mal an eine Karriere als Detektiv gedacht?«, fragte Milo.
»Erzählen Sie ihr nichts. Bitte.«
»All diese Geheimnisse, Kyle«, sagte ich. »Manchmal ist es einfacher, direkt von Punkt A zu Punkt B zu gehen.«
»Tolle Theorie, aber im wirklichen Leben keine große Hilfe. Ich bin offen zu Ihnen gewesen, verraten Sie mich nicht. Ich kann es nicht riskieren, dass Tanya denkt, ich wäre ein Verrückter.«
»Schön, für den Anfang«, sagte Milo, »solange Sie weiterhin kooperieren.«
»Was gibt es sonst noch zu kooperieren? Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß.«
»Was hat Sie auf den Verdacht gebracht, es gäbe keine Arbeitsgemeinschaft?«
»Sie hat nie die Namen anderer Studenten erwähnt. Wenn ich sie auf dem Campus gesehen habe, war sie immer allein.«
»Wie in der alten Zeit«, sagte ich. »Als sie unter den Bäumen spielte.«
»Die alte Zeit«, sagte er, »aber nicht notwendig die gute alte Zeit. Ich war furchtbar einsam, und sie auch, aber wir sind nie zusammengekommen. Jetzt sind wir befreundet. Ich fände es schön, wenn das so bliebe.«
Milo zeigte ihm Fotos von Robert Fisk und Moses Grant.
Kopfschütteln. »Wer ist das?«
»Freunde von Pete Whitbread.«
»Der hier sieht gemein aus.« Er zeigte auf Fisk.
Das Internet-Foto von Whitbread/De Paine rief ein Nicken hervor. »Er hat sich aufgebrezelt, aber das ist er.« Er zeigte auf die hübschen Gestalten, die De Paines schmales, ausdrucksloses Gesicht umgaben. »Sieht so aus, als hätte er Erfolg bei Frauen.«
»Geschmack ist Glücksache«, sagte Milo, während er aufstand.
»Sind Sie zuversichtlich, für Tanyas Sicherheit sorgen zu können?«
»Wir werden unser Bestes tun. Hier ist meine Karte. Rufen Sie an, wenn Ihnen noch irgendwas einfallt.«
»Das wird es nicht. Mein Gehirn fühlt sich ausgelaugt an.«
Er brachte uns zur Haustür. »Wie lauten die Parameter, Lieutenant?«
»Wovon?«
»Die Umgangsregelung mit Tanya. Ich will Ihnen nicht in die Quere kommen, aber mir liegt viel an ihr. Und Sie können nicht überall zur gleichen Zeit sein.«
»Haben Sie vor, sie zu bewachen?«
»Ich kann zumindest da sein.«
»Seien Sie da, aber tun Sie nichts Dummes, und behindern Sie nicht die Ermittlungen.«
»Abgemacht.«
Wir traten in die warme, dunkle Stille der Hudson Avenue hinaus.
Kyle rief hinter uns her: »Also kann ich mich noch mit ihr treffen.«
»Das habe ich gerade gesagt, mein Sohn.«
»Ich meine privat.«
»Stellen Sie ein paar Berechnungen an, Kyle.«
33
Wir stiegen wieder in den Wagen und saßen im Schatten der hochnäsigen Vorderseite der Villa. Während ich hinsah, ging ein Licht im ersten Stock aus. Ein mickriger Mond; der Rest des Häuserblocks hatte sich in Nebel gehüllt. Eine Brise von Osten zerzauste stattliche Bäume. Die Hudson Avenue roch nach Orangen und nasser Katze und Ozon.
»Erste Liebe«, sagte Milo. »So viel dazu, dass Tanya Diskretion walten lässt. Hab ich Scheiße gebaut, indem ich Kyle erlaubte, ihren Schutz zu übernehmen?«
»Hättest du ihn bremsen können?«
Er rieb sich das Gesicht. »Traust du ihm?«
»Mein Instinkt sagt, er ist okay.«
»Und falls er es richtig erzählt, könnte sie einen Freund gebrauchen. Diese Lüge von wegen der Arbeitsgemeinschaft. Du
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