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Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland

Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland

Titel: Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Weber
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eine entscheidende Rolle spielte. Und nun fiel ihr auch ein Mann ein, den sie um Hilfe bitten konnte. Wenn er noch lebte. Er würde kommen und ihr helfen. Er war nie aus ihrem Leben verschwunden, seit er damals auf ihrem Landgut aufgetaucht war. Harald Tonndorff, Seite an Seite mit ihrem Vater. Er hatte einen Schimmel geritten, und sein Rücken war gerade gewesen, seine Augen geradeaus gerichtet. Sie war vom Pflaumenbaum gesprungen, um sich diesen Mann anzusehen, der so viel Stolz und Selbstbewusstsein ausgestrahlt hatte. Fünfzehn Jahre war sie alt gewesen, er sieben Jahre älter. Die Liebe ihres Lebens. Er hatte sie nie enttäuscht, und er würde sie auch jetzt nicht enttäuschen.

7.
    Nur mit großer Mühe gelang es Beate, ihre Sorge um Julius vor ihrem Sohn zu verbergen. Sie saßen gemeinsam vor dem Fernseher, es lief »Bella Block«, und während Klaus begeistert mitfieberte, obwohl nicht klar war, wie viel er tatsächlich von den Geschehnissen begriff, war Beate in Gedanken woanders. Julius war gestern Nachmittag aufgebrochen in Richtung Bayern. Bei Gudrun war er nicht angekommen. Hätte er einen Unfall gehabt, wäre dieser mit Sicherheit entdeckt und sie umgehend benachrichtigt worden. Das war nicht geschehen. Blieben nur die beiden Möglichkeiten, dass Julius etwas passiert war und er, unfähig, Hilfe zu holen, irgendwo auf Entdeckung wartete. Oder dass er sich etwas angetan hatte. Was ebenfalls noch niemand bemerkt hatte. Beate glaubte an Letzteres. Aber sie konnte und wollte es sich nicht mit aller Konsequenz eingestehen. Sie versuchte immer wieder, ihre Gedanken darauf zu konzentrieren, dass Julius auf der Fahrt etwas zugestoßen war – was konnte das sein? Ein Gebrechen, ein Überfall oder Unfall? Hatte er einen Herzinfarkt gehabt, war er ausgeraubt worden oder gegen einen Baum gefahren? Allerdings war Julius verzweifelt genug, um freiwillig aus dem Leben zu gehen, und er hatte erst jüngst von der Zyankalikapsel gesprochen. Sie vermutete, dass er jemanden aufgetrieben hatte, der ihm das Gift besorgt hatte. Natürlich hatte er sie nicht eingeweiht, ihm musste bewusstsein, dass sie ihn nie und nimmer hätte gehen lassen. Aber warum hatte er ihr keinen Brief hinterlassen? Warum war er grußlos gegangen? Hatte nicht einmal Klaus adieu gesagt? Wie sollte sie die Ungewissheit aushalten, nicht zu wissen, wo und wie ihr Mann aus dem Leben gegangen war? Sie hatte doch ein Recht darauf, Abschied zu nehmen!
    Beate stand auf und schenkte sich noch ein weiteres Glas Riesling ein. Sie hatte bereits fünf von den harmlosen Baldriankapseln geschluckt, aber es half nichts, ihre Hände zitterten, ihr Herz raste, und im Kopf drehten sich die immer gleichen Gedanken.
    Fast stündlich hatte sie ihren Impuls, doch noch die Polizei anzurufen und alles zu gestehen, unterdrücken müssen. Letztendlich hatte die Sorge um Klaus sie davon abgehalten. Denn dann hätte sie offenbaren müssen, dass nicht nur Julius, sondern auch Klaus an der Entführung beteiligt gewesen war. Sie hätten ihr ihren Sohn daraufhin weggenommen und in eine Anstalt gesteckt.
    Trotzdem hatte sie heute, als Klaus in der Arbeit war, den ganzen Tag am Telefon verbracht. Sie hatte alle Bekannten und die wenige verstreute Verwandtschaft angerufen, um sich zu erkundigen, ob Julius sich bei irgendeinem von ihnen gemeldet hatte. Natürlich waren alle besorgt gewesen und hatten nachgefragt, und Beate hatte ihre liebe Mühe gehabt, die Sache herunterzuspielen. Sie sagte nicht, dass Julius bereits über Nacht verschwunden war, auch offenbarte sie nicht, wie groß ihre Sorge war, aber natürlich gelang es ihr nicht, jeden Zweifel zu zerstreuen. Sie rechnete allerdings damit, dass das Interesse der Leute, die sie angerufen hatte, nicht allzu tief ging und sie somit schnell vergessen würden, dass Beate sich nach Julius erkundigt hatte. Aber niemand von denen, die sieangerufen hatte, hatte irgendetwas von Julius gehört oder gesehen. Nicht in den letzten Wochen jedenfalls. Während sie all diese Gespräche geführt hatte, war Beate aufgefallen, dass sie in den vergangenen Wochen und Monaten jeglichen Kontakt hatten einschlafen lassen. Sie waren so beschäftigt gewesen mit ihrer finanziellen Misere, dass sie keinen Umgang mit Freunden mehr gepflegt hatten. Umgekehrt hatte auch niemand mehr Interesse an ihnen gezeigt. Beate war nicht entgangen, dass ihre Bekannten sich nach und nach zurückgezogen hatten. Sie kannte das von damals, sie nahm die Zeichen wahr, wenn sich die

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