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Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland

Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland

Titel: Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Weber
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heraussuchen. Er reichte Herrn Regmeier die drei Sendungen, die er für ihn hatte, Standardbriefe, und dieser blätterte rasch durch. Das verzerrte Grinsen wich dabei nicht aus seinem Gesicht. Johannes Stifterroch das teure, würzig-männliche Aftershave des Mannes und betrachtete dessen gepflegte Hände, die dezent teure Uhr, den mattgoldenen Ehering und die ebenfalls goldenen Manschettenknöpfe, mit denen das strahlend weiße und perfekt gebügelte Hemd am Handgelenk zusammengehalten wurde. Herr Regmeier befand sich ohne Zweifel weit oben auf der Gehaltsleiter. Alles an ihm zeugte von Stil- und Klassenbewusstsein.
    Regmeier streckte ihm die Briefe wieder entgegen. »Nichts für ungut. Es war nicht dabei.«
    »Das tut mir leid.« Stifter ordnete die Sendungen wieder in seiner Tasche ein.
    Herr Regmeier stieg auf den Fahrersitz seines monströsen Wagens, zögerte aber, bevor er die Tür schloss. »Darf ich morgen wieder …? Sie kommen doch immer zur gleichen Zeit?«
    Stifter nickte, und Regmeier zog die Fahrertür zu. Er startete und fuhr mit zu viel Gas rückwärts, bevor er wendete.
    Er hätte sich auch bedanken können , war Stifters Gedanke, während er dem sich mit überhöhter Geschwindigkeit entfernenden Auto hinterherblickte.
    Seine weitere Tour verlief unspektakulär. Als er seine übliche Breznpause in der Bäckerei am Novalisplatz machte, entdeckte er, dass der Frankfurter Wagen des Mannes, der angeblich bei den Rechlins zu Besuch war – oder auch nicht, wenn man Annette von Rechlin Glauben schenkte –, noch immer unverändert am Novalisplatz geparkt war. Als er später die Post in der Wettersteinstraße austeilte, sah er auch den ungarischen alten Mercedes wieder, den der fast Blinde gesteuert hatte. Ob er ebenfalls zu den Rechlins gewollt hatte? Vielleicht feierte die Alte runden Geburtstag und hatte einigeFreunde von außerhalb eingeladen? Den Rentner aus Frankfurt, den Noah gesehen hatte, den Orientierungslosen, der aus Ungarn angereist war, und vielleicht auch die Frau, die am Gartentor gestanden hatte. Diese allerdings hatte Gudrun von Rechlin nur sehr ungern eingelassen, das war ihr anzumerken. Und nach reger Festvorbereitung sah es auf dem Grundstück der Rechlin-Damen auch nicht aus. Er hatte die ganze Zeit, die er in der langen geraden Wettersteinstraße die Post austeilte, einen Blick auf die Nummer 9 geworfen, aber niemand war hinein- und niemand hinausgegangen. Die vergammelte Landhausvilla lag genauso tot da wie eh und je.
    *
    Obwohl Julius zu Lebzeiten von zarter Gestalt gewesen war, war er als Toter ein schwerer Brocken. Gudrun hatte sich das Beseitigen des leblosen Körpers leichter vorgestellt, aber nun sah sie nicht, wie sie es gemeinsam anstellen sollten, die in die Decke gewickelte Leiche die steile Treppe hochzuwuchten. Zum Glück hatten sie Julius aus dem Raum mit dem Gefangenen geschafft. Sie hatte Angst vor dem Mann bekommen. Er hatte fast vier Tage mit dem Toten in einem Raum verbracht, aber er hatte kein Wort darüber verloren. Nur angesehen hatte er sie. Nichts gefragt, sie nicht angeklagt, sich nicht beschwert. Wie er sich überhaupt noch nie beschwert hatte. Auch nicht darüber, dass er nur wenig zu trinken und so gut wie gar nichts zu essen bekam. Er sah sie nur an, stolz und undurchdringlich. Manchmal glaubte Gudrun von Rechlin sogar, ein Lächeln auf seinem Gesicht zu erahnen. Als könne ihm die Gefangenschaft nichts anhaben. Sie würden es schwer mit ihm haben.
    Mit Harald hatten sie heute Morgen beschlossen, sich zuerst um den Toten zu kümmern. Sie mussten ihn verschwinden lassen, er war ein Kollateralschaden, das war so nicht vorgesehen gewesen. Sie hatte Harald vorgeschlagen, Julius unter den Gemüsebeeten zu begraben. Dort war die Erde bereits aufgelockert, es würde weniger mühsam sein, ein entsprechendes Loch auszuheben. Harald würde das heute Nacht im Schutz der Dunkelheit angehen müssen. Dass Beate hier erschienen war, war ein weiterer Störfaktor. Gudrun hoffte, dass sie dieses hysterische Weib von dem Gedanken hatte abbringen können, dass Julius in Lohdorf war. Beate war sehr leichtgläubig und naiv, außerdem in Frankfurt angebunden an diesen behinderten Sohn, sie musste also gestern zurückgefahren sein. Natürlich würde sie irgendwann die Polizei benachrichtigen, wenn Julius nicht mehr auftauchte, aber dann wäre hier unten vielleicht schon alles über die Bühne gegangen. Zum Glück war Harald hier. Natürlich hatte er ihr Vorhaltungen gemacht, auf

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