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Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland

Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland

Titel: Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Weber
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gezwungen wurde und sich außerdem hätte regelmäßig bewegen müssen. Aber die Nachbarn waren ihm zuvorgekommen. Sie hatten einen Wurf von Katzen gehabt und Thalmeier regelrecht erpresst mit der Andeutung, dass jedes Katzenbaby, das keinen Besitzer fände, getötet werden müsse. Da hatte er sich erbarmt. Und war in dem halben Jahr, das er wieder am Tegernsee weilte, eine Symbiose mit dem eigentlich garstigenVieh eingegangen. Mizzi war eine komplizierte Kratzbürste. Er war ständig unterwegs, jagte und prügelte sich, aber wenn er zu Thalmeier kam, dann sollte dieser auch Gewehr bei Fuß stehen. Essen servieren und als Kraulstation herhalten. Und der alte Bayer, der den lieben langen Tag nichts Nennenswertes zu tun hatte, kam Mizzis Forderungen gerne nach. Er saß dann an die warme Hauswand seines alten Holzhäusels gelehnt, im Rücken den Hirschberg, den Blick auf den Tegernsee gerichtet, mit dem warmen, schnurrenden Kater auf den Beinen und sinnierte, bis er einschlief.
    Es hätte ein Idyll sein können, wenn der ehemalige Polizist dabei nicht so einsam gewesen wäre. Die dreizehn Jahre im Osten Deutschlands, im sandigen Brandenburg, hatten ihm sehr zugesetzt. Er hatte nach dem Tod seiner Frau geglaubt, den Tegernsee nicht mehr aushalten zu können, diese beschauliche Postkartenlandschaft rundherum. Es hatte ihn mit aller Macht fortgezogen, dorthin, wo er nichts und niemanden kannte, wo er sich niemals heimelig fühlen könnte. Das war seine selbstauferlegte Buße gewesen. Er war einsam gewesen, dort oben, aber er hatte seine Einsamkeit gewollt, und wenn es zu sehr schmerzte, hatte er immer seine Arbeit gehabt. Er hatte jeden Feiertagsdienst, jede Schicht übernommen, so viele Überstunden angesammelt, dass er sie niemals würde abbummeln können, vorgeblich, um seine Kollegen mit Familie zu entlasten, tatsächlich aber war es purer Egoismus gewesen. Damit er verdrängen konnte, was geschehen war. Aber nach diesen dreizehn Jahren hatte sein Körper gestreikt. Die klaustrophobischen Anfälle waren in immer kürzeren Abständen über ihn gekommen, sie hatten ihn regelrecht im Klammergriff gehabt, und irgendwann hatte er befürchten müssen, dass sie seine Arbeit behinderten. DerRechtsmediziner, den sie da oben gehabt hatten, Dr. Reuters, ein wacher und intelligenter Mensch, hatte ihn eines Tages beiseitegenommen und ihm eine Therapie nahegelegt. Natürlich hatte Thalmeier das abgelehnt, aber nach weiteren Panikattacken hatte er einsehen müssen, dass er so nicht weitermachen konnte. Nach dem Fall in Germerow hatte er das Rentenalter erreicht, und da er keine Karriere im oberen Dienst als Schreibtischtäter anstrebte, hatte Thalmeier seine Siebensachen in einen kleinen Koffer gepackt und war nach Hause zurückgekehrt. Seit dieser Zeit im Januar hatte er keine weitere Attacke mehr gehabt.
    Mizzi gab im Schlaf kleine Kieksgeräusche von sich, und Thalmeier drehte sich gerührt zu ihm um und streichelte den Kater. Sein Wecker zeigte auf mittlerweile fast sechs Uhr, und Thalmeier beschloss, heute trotz des unwirtlichen Wetters früh aufzustehen, sich einen Kaffee zu kochen und die Zeitung zu lesen. Nach dem Mittagessen konnte er sich noch einmal hinlegen. Er konnte sich sogar vor dem Mittagessen hinlegen, gleich nach dem Kaffee, und dieser Gedanke deprimierte Thalmeier, noch bevor der Tag angefangen hatte. Die Tatsache, dass er tun und lassen konnte, was er wollte, kam Hand in Hand mit dem Gedanken, dass er im Leben weder eine Aufgabe hatte, noch von irgendjemandem zu irgendetwas gebraucht wurde. Er war sein eigener Herr, zu nichts verpflichtet und damit nutzlos. Überflüssig in der Welt. Ein weiterer Kohlendioxidproduzent, Luftverpester und Müllproduzierer – so dachte Thalmeier über sich in den bittersten Momenten. Aber einfach aus dem Leben gehen, das kam für ihn nicht einmal in den schlimmsten Krisen in Frage. Und so, aus der Erkenntnis der eigenen Nutzlosigkeit heraus, hatteer begonnen, sich Aufgaben zu suchen. Eine war zu ihm ins Haus gekommen: Mizzi. Außerdem hatte er das Angebot seiner früheren Schafkopffreunde, wieder bei ihnen einzusteigen, angenommen und traf sich nun jeden Dienstag zur Kartenrunde im »Jägerhaus«, zwei Orte weiter.
    In Brandenburg hatte ihn sein jüngerer Kollege, Karl Galicek, gezwungen, an dessen Familie anzudocken, und Thalmeier war von ihm und seiner Frau Sylvie stillschweigend zum Adoptivopa ernannt worden. Zum Geburtstag hatten die beiden Kinder der Galiceks bei ihm angerufen

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