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Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland

Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland

Titel: Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Weber
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schließlich nicht strafbar. Dennoch würde er Georg Thalmeier bei Gelegenheit davon erzählen.
    *
    »Polizeiabschnitt 11, Lembach.«
    »Ja, guten Tag. Ich möchte etwas anzeigen.«
    »Ihr Name?«
    »…«
    »Hallo? Mit wem spreche ich bitte?«
    »Das kann ich nicht sagen.«
    »Es tut mir leid, aber wenn Sie Ihren Namen nicht nennen, kann ich keine Anzeige aufnehmen.«
    »Ein Mensch ist entführt worden!«
    »Bitte sagen Sie mir Ihren Namen und Ihre Adresse. Es handelt sich offenbar um ein Kapitaldelikt …«
    »Ein Banker. Er heißt Heims, Hans Günther Heims. Vor zwei Wochen haben sie ihn entführt. Er ist aus Frankfurt.«
    »Hallo, hören Sie? Wir müssen der Sache nachgehen …«
    »Suchen Sie im Süden.«
    Hektisch drückte Beate den kleinen Metallpin, an dem der Hörer aufgehängt war, um das Gespräch zu beenden. Ihr war schlecht, ihre Beine zitterten, und sie musste sich an der Telefonsäule festhalten, um nicht der Länge nach hinzuschlagen. Sie versuchte, tief und gleichmäßig durch die Nase zu atmen. Jetzt war es wichtig, schnell von diesem Ort wegzukommen, vielleicht beobachtete man sie schon. Zwar wusste sie aus dem Fernsehen, dass es einige Zeit brauchte, bis man einen Anruf zurückverfolgen konnte, aber wer weiß, vielleicht war die Technik heutzutage schon viel weiter, als man den Zuschauern vorgaukelte. Vielleicht hatte bei der Polizistin schon ein Lämpchen aufgeblinkt und sofort angezeigt, von welchem öffentlichen Fernsprecher aus sie anrief.
    Beate Klinger versuchte, sich möglichst unauffällig die dünnen schwarzen Lederhandschuhe auszuziehen, die sie sich zur Vermeidung von Fingerabdrücken übergestreift hatte. Sie klebten an ihrer schweißigen Haut, so dass Beate ungeduldig daran zerren musste, bis sie sie endlich abgestreift hatte. Dann ging sie mit zittrigen kleinen Schritten zur Bushaltestelle und nahm den erstbesten Bus. Drei Haltestellen später stieg sie aus, um auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen anderen Bus zu nehmen, der sie zu einer U-Bahn-Station brachte. Beate fuhr noch eine gute halbe Stunde quer durch die Stadt, bis sich ihr Herzrasen gelegt hatte und sie sich imstande fühlte, zu Hause die Wäsche zu machen, einen Wirsingeintopf zu kochen und auf Klaus zu warten.
    Wie lange würde es dauern, bis sie an ihrer Tür klingelten? fragte sie sich. Und hoffte inständig, dass sie dann in der Lagewar, so glaubhaft zu lügen, dass sie ihren Sohn aus allem heraushalten konnte. Alle Schuld sollte auf Gudrun von Rechlin fallen, die den Mann in ihrem Keller hielt wie ein Tier. Und Julius? Die Polizei musste herausfinden, wo Julius war. Wenn er lebte, dann sollte ihr Mann seine verdiente Strafe erhalten. Wenn er aber tot war, wovon Beate im Moment ausging, dann sollte die Alte in Lohdorf allein büßen. Diese Hexe musste in der Hölle brennen!
    Nie zuvor hatte sie einen so glühenden Hass empfunden. Sie hätte sich dem Schmerz und der Trauer hingeben müssen. Vielleicht hätten diese sie so übermannt, dass sie nicht mehr fähig gewesen wäre, ihr eigenes Leben und das ihres Sohnes zu meistern. Aber der Hass hielt sie aufrecht und war der Motor dieser Tage.
    Beate hatte die Geschirrhandtücher und Servietten gebügelt, zwei Hemden von Julius, die noch vor seinem Weggang in der Wäsche gelandet waren, sowie eine Bluse und mehrere Stofftaschentücher. Nun räumte sie die Wäsche weg. Sie zog die Schublade auf, in der Julius seine Socken, Gürtel und Taschentücher aufbewahrte, und nahm ein Paar der bordeauxroten Herrenstrümpfe heraus. Sanft strich sie darüber. An diesem Stück Wolle rührte sie der Ausdruck von Unschuld und Hilflosigkeit, gleichzeitig steckte darin die Sorgfalt, mit der sie über Julius’ leibliches Wohl gewacht hatte. Es hatte Jahre gedauert, bis sie die richtige Strumpfmarke gefunden hatte. Nicht zu lang und nicht zu kurz, ein elastisches Bündchen, das nicht drückte, aber dennoch das Rutschen verhinderte. Wolle, die nicht kratzte, aber trotzdem wärmte. Sie wusch die Socken mit Wollwaschmittel, damit Julius, wenn er schwitzte, von der Wolle keine Pusteln bekam. Sie legte sie stets sorgfältigzusammen, rollte sie auf und zog dann das Bündchen des einen Strumpfes über die gesamte Rolle. Dann legte sie die Strumpfrollen gerade hintereinander in die Schublade, nach Farben geordnet, so, wie Julius es mochte. Das war der Kitt ihrer Ehe gewesen. Dass sie wusste, wie sie ihn glücklich machen konnte, mit den scheinbar banalsten Verrichtungen. Wo sie Ordnung

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