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Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland

Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland

Titel: Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Weber
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ihn von der gegenüberliegenden Straßenseite rief, aber schnell als die des Herrn Hiemer. Tatsächlich stand der freundliche Gärtner plötzlich an seinem Zaun und hob ein kleines Spankörbchen in die Höhe.
    »Dafür, dass Sie mir seit Tagen keine Post bringen!« HerrnHiemers rote Bäckchen strahlten mit denen seiner Äpfel, die er in den Korb gepackt hatte, um die Wette.
    »Das tut mir leid, Herr Hiemer, aber meine Schuld ist das nicht. Es war einfach nichts für Sie dabei.« Johannes Stifter stellte das Fahrrad wieder ab und ging hinüber auf die andere Straßenseite.
    Herr Hiemer lachte. »Ich meine es so, wie ich es sage.« Damit reichte er Stifter das Apfelkörbchen über den Zaun, der dieses dankend entgegennahm. »Ich bin froh um jede Rechnung, die nicht kommt. Und die Rentenbescheide gucke ich mir auch nicht so gerne an.«
    Stifter konnte sich nicht ernsthaft vorstellen, dass der freundliche ältere Herr jemals in argen Geldnöten sein könnte. Das freistehende Einfamilienhaus aus den fünfziger Jahren war adrett und gut in Schuss, das Grundstück so weiträumig, dass Herr Hiemer es notfalls locker für eineinhalb Millionen würde losschlagen können.
    Stifter roch an den Äpfeln und sog den angenehm säuerlichen Duft tief ein. »Jetzt ist Hochsaison im Garten, oder?«, erkundigte er sich, und Herr Hiemer hob weitschweifig an, Johannes Stifter in die Feinheiten der Bodenlockerung, Staudenpflanzung, Düngung und Rasenvertikutierung einzuführen. Stifter hörte nur mit halbem Ohr hin und warf immer wieder einen möglichst unauffälligen Blick auf das Grundstück Gudrun von Rechlins. Hiemer bemerkte das und zeigte mit dem Daumen auf die gegenüberliegende Straßenseite.
    »Sogar bei den Damen wird geschafft. Ich habe der alten Rechlin vor einer Stunde ein paar Ableger überlassen.«
    Stifter nickte. »Ich seh’s. Dass Frau von Rechlin in dem Alter noch diese schweren Arbeiten ausführen kann, Respekt.«
    »Sie hat ja Hilfe.« Herr Hiemer zuckte mit den Schultern. »Allerdings ist ihr Gärtner noch älter als sie selbst. Ich an ihrer Stelle hätte mir ja einen Jüngeren gesucht.« Der ältere Herr zwinkerte Stifter vertraulich zu.
    Johannes Stifter hätte nach dem Auge fragen können. Aber er vermied es, sich das bestätigen zu lassen, was er ohnehin schon wusste. Der Mercedes-Mann war im Garten von Frau Rechlin zugange. Vielleicht hatte er die Grube in der Größe eines Grabes ausgehoben, so wie Noah es ihm geschildert hatte. Aber die war heute zugeschüttet und wurde nun bepflanzt. Was vielleicht auch immer schon ihre Bestimmung gewesen war. Andererseits: Warum sollte man ein Beet so tief ausheben, dass ein eins achtzig großer Jugendlicher aufrecht darin stehen konnte? Vor allem, wenn man es dann doch wieder zuschüttete, um ein paar Obststauden einzupflanzen?
    Johannes Stifter dankte für die Äpfel und verabschiedete sich mit dem Verweis auf sein Tagespensum, das noch zu erledigen war. Dann stellte er das Obstkörbchen vorn in den angeschweißten Gepäckträger seines Postfahrrades und schob dieses zum Eingang der Rechlins. Er hatte lediglich zwei Werbesendungen, hielt sich aber extra lange am Gartentor auf. Weder Annette von Rechlin noch der einäugige alte Mann ließen sich blicken. Gudrun von Rechlin war noch immer im hinteren Teil des Gartens beschäftigt, und Stifter sah sich in Ruhe um, ohne zu wissen, was er suchte. Es war alles wie immer. Erleichtert, dass sich Noahs Geschichte weder beweisen noch widerlegen ließ, schwang Johannes Stifter das rechte Bein über den Sattel und wollte zum benachbarten Grundstück rollen, da fiel sein Blick auf die Garageneinfahrt. Die Disteln, der Löwenzahn und das wildwuchernde Gras warenniedergedrückt, zum Teil im Garagentor eingeklemmt. Offenbar war jemand in die Garage hinein- oder herausgefahren. Und das nicht besonders geschickt, denn an der rechten Mauerseite waren frische horizontale schwarze Streifen, die darauf hindeuteten, dass ein Wagen dort entlanggeschrammt war. Bis er einen Teil der steinernen Garageneinfassung abgefahren hatte. Ein Stück der Mauer war herausgebrochen. Vielleicht hatte sich in der Garage ein Auto befunden, das gestern herausgefahren worden war. Vielleicht der dunkelblaue Benz? Aber warum sollte Gudrun von Rechlins Gast draußen parken, wenn ihm eine Garage zur Verfügung stand?! Johannes Stifter beschloss dennoch, seiner Beobachtung nicht allzu viel Bedeutung beizumessen, ein Auto aus oder in die eigene Garage zu fahren war

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