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Postkarten

Titel: Postkarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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vor ihm zurück, die Zähne gefletscht, sie krümmte und wand sich in unterwürfiger Haltung, die gelben Augen fixierten die seinen. Sie sah ihn an. Die gekräuselten roten Haare, der Ausdruck in ihrem Gesicht, ihre Körpersprache, in der sich Beschwichtigung, Angst, Wut, Bedrohlichkeit, Resignation, Schmerz und darüber hinaus das schreckliche und erregende Wissen um das kurz bevorstehende Ende ihres Lebens mischten.
    Billy.
    Der Pelz taugte nichts. Rot, das ja, aber versengt und abgewetzt. Der Fuß sah nicht allzu schlimm aus. Sie hatte nicht daran herumgebissen. Rasch warf er ihr die Plane, auf die er sich normalerweise kniete, über den Kopf, zog sie so fest zusammen, daß die Kojotin ihn nicht anspringen konnte, und stemmte die Falle auf. Der Fuß war geschwollen, aber noch warm. Das Blut floß noch. Er stand auf und zog nahezu gleichzeitig die Plane weg. Sie war fort.

V

48
    Der Mann mit dem Hut

    Im Garten warfen Kosti und Paula Laken über die Tomatenpflanzen, um sie vor dem Nachtfrost zu schützen, alte Laken, die Paula vor Jahren von ihrer Mutter geschenkt bekommen hatte und die in sämtlichen Weißtönen ausgebessert waren - Marmor, Elfenbein, Milchsilber, Schnee, Kreide, Perle, Birkenrinde, Gespenster, Gänseblümchen, Wolken, Asche, Quarz. Die Zähne des Herbstes nagten am Licht. Sie stapften auf den versilberten Schollen herum, arbeiteten gemeinsam, die einzigen, die sich jetzt noch auf der Farm hoch oben in den Bergen aufhielten. Die Leopardenlady, Inks, die drei Schwestern mit der Truhe uralter Kleider, der Grasmann und seine zahllosen Freunde, alle auf und davon. Einige ihrer verrückten Klamotten lagen noch in den leeren Zimmern, zudem magentarot verblichene Poster von Bob Dylan, Stapel von Taschenbüchern - Brautigan, Hoffman, Kesey, Wolfe, Fariña, McLuhan -, die Umschlagdeckel von der Sommerhitze gewellt, die Gefühle aus der Mode, die Ideen verraten.
    Die Tomatenpflanzen standen wie cremefarbene Säulen vor den schwarzen Bäumen jenseits der Lichtung. Ihre tauben Hände packten neue Laken, schlugen sie auf. Sie spürten, wie der Boden vor Kälte hart wurde. Der Geruch nach brennendem Gras verdrängte den Sommerduft nach feuchtem Gras. Die Luft schien intensiv wie Jaspis in ein Band aus Kälte gesperrt.
    »Heute nacht wird’s schweren Frost geben. In solchen Nächten werden die alten Tomaten nicht reifer, als sie schon sind«, sagte Kosti. »Besser wir pflücken sie grün und legen sie in den Holzschuppen.«
    »Wenn’s morgen wieder nach Frost aussieht, pflücken wir sie. Ich mache vierhundert Gläser Essiggemüse. Was soll’s, mir ist es egal. Ich brate grüne Tomaten bis in den Frühling. ›Die Johnson-Jungs essen grüne Tomaten, sie essen sie schon ihr ganzes Leben‹«, sang sie. An den Schläfen war ihr Haar grau gesträhnt. Kosti versetzte ihr mit einem vertrockneten Rhabarberstengel einen leichten Schlag auf den Hintern. Als sie in die warme Küche gingen, hörte sie den Streifenkauz rufen, die Krähen kauerten sich auf ihre Äste, als hätte sie ein Leim aus Angst dort festgeklebt.
    »Willst du nach dem Abendessen runterfahren und den alten Mann mit dem Hut besuchen? Wir könnten ihm ein paar grüne Tomaten bringen.«
    »Bringen wir ihm ein paar Ingwerplätzchen. Das letzte Mal, als er hier war, hat er fast die ganze Dose aufgegessen.« Sie nannten den alten Mr. Blood den Mann mit dem Hut, weil er immer eine Kopfbedeckung trug, manchmal einen Cowboyhut, meistens eine Mütze, bei der seine weißen Haare hinten aus dem halbkreisförmigen Loch hingen.
    Im letzten Frühjahr war er in seinem rostzerfressenen Wagen mit einer uralten Hündin gekommen, die niemanden in ihre Nähe ließ, ohne die Zähne zu fletschen. Er handelte mit ihnen die Pacht für ein paar Quadratmeter eines brachliegenden Kartoffelackers aus und stellte seinen verbeulten Wagen auf dem ebenen Grund ab.
    Es wuchs dort nichts als Unkraut und Gestrüpp, aber eine Woche später hatte es sich der Mann mit dem Hut eingerichtet, hatte zwischen wackligen Pfosten einen Zaun aus feinmaschigem Draht gezogen, mit dem er vielleicht seinem Leben eine Grenze setzen oder die Hündin zurückhalten wollte. Mit einer gemieteten Ackerfräse grub er den Garten um, und sobald die Saat ausgebracht war, suchte er sich einen Job in der Sägemühle. Etwas, was ein alter Mann machen konnte. Vielleicht habe Bricker sich seiner erbarmt, sagte Kosti.
    Nach einem Monat sah es so aus, als wäre er schon immer dagewesen. Er kaufte oder fand einen alten

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