Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
lief er zu Fuß zum Flughafeneingang.
Der Aragon International Airport entpuppte sich als viergeschossiger, gelber Betonbau, ein rechtwinkliger Kasten, der sich vor dem fantastischen Hintergrund der umgebenden Bergspitzen unter der sengenden Sonne Calis erstreckte. Dewey betrat das Gebäude und ging als Erstes auf die Toilette. Dort wartete er, bis er allein war, öffnete den Reißverschluss seiner Lederjacke und warf einen Blick in den Spiegel. Das Dunkelrot der durchnässten Wunde tränkte das Gazegewebe und sein blaues T-Shirt in Blut. Er ging in die hinterste Kabine und schloss die Tür. Rasch entfernte er den alten Verband. Am Rand hatte sich etwas Schorf gebildet, doch in der Mitte klaffte die Wunde immer noch auf. Blut sickerte daraus hervor. Sie heilte bereits ab, aber der Zwischenfall in Madradora hatte sich nicht gerade als hilfreich erwiesen. Dennoch schien die selbst gemachte Naht zu halten. Überdies gab es keinerlei Anzeichen einer Infektion. Er griff in die Tasche, zog einen neuen Verband hervor, wechselte ihn und stabilisierte ihn mit frischem Klebeband.
Zurück im Terminal hielt Dewey nach Anzeichen von Ärger Ausschau.
Abgesehen von den Beamten der Flugsicherheit nahm er nur eine kleine Ansammlung von Polizisten wahr. Auf einer Seite der weitläufigen Halle standen vier uniformierte Beamte im Ankunftsbereich. Einer von ihnen fuchtelte energisch mit den Armen in der Luft herum. Er gab den anderen wohl Anweisungen, nahm Dewey an. Erklärte, wie wichtig es sei, den Kerl zu schnappen, der ihn auf der Standspur vor der ersten Flughafenausfahrt abgehängt hatte.
Mit dem Ablenkungsmanöver hatte er das Ziel erreicht, seine ursprüngliche Spur zu verwischen. Aber sie wussten, dass er hier war. Schließlich hatte er es nicht mit Idioten zu tun.
Dewey mischte sich unter die Menschenmenge in der Mitte der Abflughalle und trat vor die riesige Anzeigetafel, auf der die Ankunfts- und Abflugzeiten eingeblendet wurden. Er ging die Liste durch und fand zwei Flüge innerhalb der nächsten Stunde: nach Medellín und Havanna.
Dewey ging zum Schalter, an dem ihn eine junge Kolumbianerin in einem marineblauen Kostüm anlächelte.
Hinter ihr lief, nur wenige Meter entfernt, einer der uniformierten Polizisten mit raschen Schritten vorbei. Dabei musterte er die Reihen vor dem Schalter, und einen Moment lang blieb sein Blick an Dewey hängen. Dieser sah stur geradeaus, ohne den Blick zu senken, und konzentrierte sich ganz auf die Frau hinter der Theke. Direkt auf Schulterhöhe der Frau blieb der Polizist für einen Moment stehen und ging dann weiter.
»Adónde, señor?«, fragte sie.
»Habana«, sagte Dewey. »Unidireccional.«
Nachdem Dewey den einfachen Flug gebucht hatte, ging er in einen Souvenirladen und kaufte eine Baseballmütze. Anschließend ging er in ein kleines Café, bestellte ein Steak-Sandwich und ließ seinen Blick beim Warten durch den Flughafen schweifen.
Zu den vier Polizisten hatten sich weitere gesellt, alles in allem zählte er jetzt zwölf Beamte.
Mittlerweile hatten sie zweifellos den Mercedes auf dem Highway gefunden, den Fahrer ebenfalls, und vielleicht besaßen sie sogar schon eine Personenbeschreibung von ihm. Zumindest bot ihm die Mütze eine gewisse Tarnung.
Mit ernsten, konzentrierten Mienen suchten die Polizisten die Abflughalle ab und versuchten, ihn in der Menge zu finden.
Dewey begriff, dass die Zeit zunehmend gegen ihn arbeitete. Er betrachtete den Bildschirm, der in der Halle hing, und wartete, dass die Minuten verstrichen.
Vor jedem Eingang zum Gate war ein Beamter postiert, während in der Vorhalle mehrere Streifenbeamte die Runde machten.
Das Boarding für den Flug nach Kuba begann in zehn Minuten.
Während er darauf wartete, dass sein Sandwich kam, marschierte ein junger Polizist in brauner Uniform durch das kleine Café und musterte jeden Tisch. Vor Dewey blieb er mehrere Sekunden lang stehen und musterte ihn aufmerksam.
»Hola«, grüßte Dewey höflich.
Der Beamte nickte und sagte nichts.
Der Mann hatte ihn erkannt. Dewey wusste das. Die nächste Minute entschied über sein Schicksal.
Der Officer hatte kein Funkgerät dabei. Dewey erkannte, dass der junge Beamte nach Verstärkung Ausschau hielt.
Dewey stand auf.
Er ging in den hinteren Bereich des Cafés in Richtung Toilette. Der Zugang ließ sich vom Terminal aus nicht einsehen und stellte im Moment seine einzige Chance dar, zu entkommen.
Wie Dewey erwartet hatte, folgte ihm der Polizist. Er wirkte verwirrt
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