Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
Anstalten, die Tür aufzustoßen.
Genau in diesem Moment spürte er die Vibration.
Er griff nach unten und klappte sein Handy auf. Als er die beiden Wörter auf dem kleinen Display las, traf der Schock über den Inhalt sein zentrales Nervensystem wie ein Stromstoß. Fast hätte es ihm die Beine unter dem Körper weggerissen.
POWER DOWN.
51
INTERNATIONALE KKB-ZENTRALE
Mit müden Augen starrte Igor Karlov auf den Bildschirm. Während der letzten 18 Stunden hatte er sein Büro bloß zweimal verlassen – beide Male, um auf die Toilette zu gehen.
Mit einem Mal kamen die scrollenden Buchstaben zum Stillstand und der Computer gab einen Piepton von sich. Karlov beugte sich vor.
»Na also!« Er drückte die Print-Taste, wartete, bis der Drucker das Papier ausspuckte, und spazierte mit dem Ausdruck aus seinem Büro, den Korridor entlang zum Trading Floor.
»Was haben wir?«, fragte Essinger, der mit hochgelegten Füßen am mittleren Tisch saß.
»Eine Liste«, erwiderte Karlov und reichte ihm den Zettel. »Darauf findest du wie gewünscht die 100 aktivsten Aktienhändler im Energiesegment. Ich werde dich nicht mit den Einzelheiten langweilen, wie ich den Force-Rank-Algorithmus angelegt habe. Es reicht, wenn ich dir sage, dass es an Genialität grenzt. Die Handelsaktivitäten verteilen sich über eine gewaltige Zahl von Firmen in nahezu allen Ländern der Erde.«
Essinger griff nach dem Ausdruck und begann mit konzentriertem Blick zu lesen.
»Und was sollen wir damit anfangen?«, fragte Essinger. »Die Top Ten sind allesamt bekannte Unternehmen. Ich kann mir nicht vorstellen ...«
»Richtig«, fiel Karlov ihm ins Wort. »Darum auch mein nächster Schritt: Ich habe mir alle 100 angesehen und diejenigen, die ich gut kenne, weggelassen, weil ich unterstelle, dass offenkundig etablierte Trader wie Paulson, Baupost und Co. nicht in so etwas verwickelt sind. Damit blieben cirka 30 Unternehmen übrig. Dann suchte ich nach Mustern. Gleiches Gebäude. Anwaltskanzleien. Gründungsdatum. Solche Sachen. Die interessantesten Strukturen ergaben sich bei den Anwälten. Ich nehme an, wer immer das getan hat, benutzt keine renommierten Leute wie Cravath, richtig? Also sah ich mir sämtliche Geschäfte an, die über Unternehmen mit komischen Firmensitzen abgewickelt wurden. Mauritius, Kaimaninseln und so weiter.
Es gibt ein Unternehmen, PBX in Hongkong, das sich einer Tochter auf der Insel Guernsey vor der Küste von Großbritannien bedient hat. PBX ist übrigens auf Rang 99 unter den 100 Top-Händlern. Aber als ich die Zahlungsstelle in Guernsey per Inverssuche mit dem gesamten Datensatz abgeglichen habe, passierte etwas Interessantes. Auf einmal erfasste das Programm Unmengen von kleineren Transaktionen auf verschiedenen Konten, allesamt Ableger von PBX. PBX verfügt über mehr als 40 unterschiedliche juristische Personen, über die Geschäfte abgewickelt wurden. Alles in allem steht PBX aufgrund seiner Handelsaktivitäten im Zeitraum vor den Anschlägen an sechster Stelle der aktivsten Händler. Ich stieß noch auf zwei weitere Manager mit Rechtsträgern aus Guernsey. Tatsache ist, alle drei bedienten sich derselben Anwaltskanzlei: Debenshire McGreeley.«
»Debenshire McGreeley? Wer zum Teufel soll das sein?«, fragte Essinger.
»Spielt keine Rolle. Der Punkt ist, darüber kam ich ihnen auf die Spur. Nachdem sie erst einmal im Fokus lagen, wurde es relativ einfach. Ich spürte die größten Händler im Prinzip auf, indem ich prüfte, welche Konstruktionen über die Kanzlei Debenshire McGreeley liefen. Hier ist das Ergebnis.«
Karlov reichte Essinger einen weiteren Zettel.
»PBX, Passwood-Regent, Kallivar«, sagte Karlov. »Diese Fonds verzeichnen die mit Abstand umfangreichsten Aktivitäten auf dem Energiesektor. Genau genommen wurden so gut wie all ihre Geschäfte am gleichen Tag abgewickelt, nur wenige Tage vor Capitana und Savage Island.«
»Wo haben diese Firmen ihren Sitz?«
»PBX in Hongkong, Passwood-Regent in London und Kallivar an der Wall Street.«
»Und die verantwortlichen Makler?«
»Viele, überall verstreut.«
»Können wir uns Informationen über diese Unternehmen beschaffen?«
»Schon passiert. Alle drei wurden aufgelöst. Und zwar vor zwei Tagen.«
»Heilige Scheiße!«, meinte Essinger. »Eigentlich hatte ich gar nicht so recht daran geglaubt, als ich sagte, das könnte funktionieren.«
»Es kommt noch besser«, sagte Karlov und setzte sich neben Essinger. »Ich habe mich in den Server der
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