Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
läuten.
»Gott sei Dank«, sagte er laut zu sich selbst.
Das Handy läutete ein halbes Dutzend Mal, aber niemand nahm ab.
»Geh schon ran, Jess«, flehte er. »Geh an das verdammte Telefon!«
Schließlich meldete sich Jessica mit ihrem leicht irisch gefärbten Tonfall.
»Hier ist die Mailbox von Jessica Tanzer. In dringenden Fällen rufen Sie bitte ...«
»Ja, Lou«, hörte Buck die Stimme von Jessica sagen, als sie ins Schlafzimmer kam und das Licht einschaltete.
Lautlos, ohne sich zu rühren, verharrte Buck hinter der Tür.
»Ich mache mich in zehn Minuten auf den Weg. Das muss warten. Wir haben zwei separate Hinweise aus New York. Ich dusche noch schnell und fliege dann direkt hin.«
Buck beobachtete sie durch den Türspalt. Er stützte die Glock an seinem rechten Bein ab, wartete. Er konnte sie nicht umlegen, solange sie telefonierte, und schon gar nicht, wenn der FBI-Direktor am anderen Ende der Leitung war. Jessica ging durchs Schlafzimmer ins Bad. Auf einmal konnte er sie nicht mehr sehen. Dafür bekam er mit, wie die Dusche angestellt wurde.
»Das Ziel liegt im mittleren Küstenbereich. Portland, Freeport, irgendwo in der Umgebung. Das Team ist bereits vor Ort. Ich weiß nicht, worauf die es abgesehen haben. Sagen Sie der Senatorin, sie wird die Erste sein, die es erfährt.«
Sie kehrte ins Schlafzimmer zurück. Buck sah zu, wie sie sich das Handy zwischen Schulter und Ohr klemmte. Sie zog ihren Blazer aus, knöpfte die weiße Bluse auf, streifte sie ab, anschließend auch den BH. Danach öffnete sie den Reißverschluss ihrer schwarzen Hose und ließ sie zu Boden sinken. Nun stand sie nur noch in einem hübschen roten Slip da. Auch diesen zog sie aus. Dann wandte sie sich um und lief wieder ins Bad, wo die Dusche bereits auf Hochtouren lief.
»Nein, das stimmt nicht«, meinte sie, während sie durch die Tür ins Badezimmer trat. »Sie müssen dem Generalstaatsanwalt klarmachen, dass es Präzedenzfälle gibt. «
Calibrisi wählte die Nummer noch dreimal, tippte unterdessen eifrig vor sich hin, um Jessicas Privatnummer ausfindig zu machen. Anschließend probierte er es dort. Keine Antwort.
Er überlegte. Ganz ruhig fragte er sich: Ist es möglich, dass ich mich irre?
Er kannte Buck schon lange. Traute er Buck wirklich Hochverrat zu? Dass er sein Vaterland hinterging?
Brachte er es, Gott bewahre, fertig, Jessica zu töten?
Im Laufe der Jahre hatte Calibrisi gelernt, nichts und niemandem zu vertrauen. Es gab nur eins, worauf er sich verließ. Nur eine Sache, die ihn niemals im Stich ließ, und zwar sein Bauchgefühl. Auf seinen Instinkt, vor allem seine Fähigkeit, andere richtig einzuschätzen, konnte er bauen.
Buck hatte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Jessicas Telefonleitung gekappt. Calibrisi versuchte es noch ein weiteres Mal auf dem Handy, dann noch einmal und ein drittes Mal. Schließlich knallte er den Hörer auf die Gabel, verließ sein Büro und wandte sich an Petra, seine Sekretärin.
»Rufen Sie Bill Baker vom Police Department in Georgetown an. Die sollen so viele Männer, wie sie können, in die 24th Street Northwest, Hausnummer 88 schicken. Sagen Sie ihm, es ist ein Notfall. Machen Sie schon! «
Calibrisi schnappte sich seinen Mantel und spurtete den Korridor entlang. Eine Waffe musste er nicht erst einstecken. Er trug seine Glock stets um die Schulter geschnallt und legte sie nur zum Duschen oder Schlafen ab.
Sie hatten zur gleichen Zeit bei der CIA angefangen. Aber Buck war schneller und höher aufgestiegen. Es gab eine Menge Gründe dafür, das wusste Calibrisi, der Hauptgrund jedoch bestand darin, dass Buck einen guten Agenten abgab. Athletisch, politisch gebildet, smart. Ein Stratege mit vielen Talenten. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, handelte es sich bei ihm um einen der besten Auftragskiller, den die CIA je gehabt hatte, und das betraf nicht nur seine Qualitäten als Schütze. Er plante unerschrockene Einsätze. Als Vorgesetzter trotzte er seinen Leuten Loyalität ab. Er stellte sich stets hinter seine Männer, wenn sie Fehler begingen, und zollte ihnen Anerkennung, wenn sie sie verdienten. Ein harter Hund, aber er verlangte von niemandem etwas, das er nicht selbst riskieren würde.
Ja, Calibrisi hatte viel von Buck gelernt. Es ließ sich nicht leugnen, dass er Buck viel von seinen Fähigkeiten als Agent verdankte. Aber es ließ sich ebenfalls nicht leugnen, dass Buck plante, Jessica Tanzer zu töten – sofern er es nicht längst getan hatte.
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