Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
Anson Energy so erstaunliche Wachstumsraten hinlegte.
»Guten Morgen«, grüßte Perry, als Anson eintrat. Sie gaben sich die Hände.
»Hey!« Anson lächelte. »Wie gehtʼs Ihnen, Pat?«
»Gut. Möchten Sie eine Tasse Kaffee?«
»Na klar.«
»Schwarz?«
»Das wissen Sie doch.«
Perrys Büro war riesig und perfekt aufgeräumt. An den Wänden hingen Gemälde, die fast jeder, der Kunstgeschichte im Hauptfach studiert hatte, auf einen Blick erkannte.
»Wo sind denn die anderen?«, fragte Anson.
»Im Konferenzsaal. Ihre Jungs sitzen schon drin. Ralph Fagen von Debevoise ebenfalls. Die KKB-Leute müssten so gegen halb zehn aufkreuzen.«
Anson setzte sich und nahm einen kleinen Schluck aus seiner Kaffeetasse.
»Wird Marks auch kommen?«, wollte er wissen.
»Ja, Marks kommt. Und Romano, sein Finanzvorstand. Ihr gemeinsamer Anwalt auch.«
»Was glauben Sie, wie das Gespräch abläuft?«
»Sie dürften wohl direkt zur Sache kommen. Die KKB will das Geschäft. Die wollen Capitana und das ganze Erdöl, das Sie dort unten fördern. Wahrscheinlich werden sie irgendeine Mischung aus Kapital und Aktien in Verbindung mit einer ganzen Wagenladung von Verbindlichkeiten anbieten. Die wollen Anson Energy schlucken.«
»Wissen Sie, früher nannte man das ›feindliche Übernahme‹, wenn ein Unternehmen ein anderes kaufte, das eigentlich gar nicht auf dem Markt angeboten wurde.«
»Die werden Ihnen einen Posten als stellvertretender Vorsitzender anbieten. Zumindest hört man das so von ihren Bänkern. Ihre Leute müssen sich keine Sorgen machen. Das ist keine feindliche Übernahme.«
»Als stellvertretender Vorsitzender?« Angewidert schüttelte Anson den Kopf. »Ich will nicht Stellvertreter sein. Das wird man mit 60. Das bedeutet, drei Tage in der Woche Golf zu spielen und an den anderen beiden so zu tun, als wisse man, was im Unternehmen vor sich geht. Ich bin 46. Alden und ich haben das gemeinsam aufgebaut. Ich will nicht als Vize-Chairman versauern. Ich will keinen Merger. Alles, was ich will, ist, dieses Unternehmen so zu führen, wie ich es immer geführt habe.«
»Na ja, Sie werden nicht das Sagen haben. Das ist eindeutig die Kehrseite der Medaille. Aber anstatt Chef des fünftgrößten werden Sie stellvertretender Vorstandschef des größten Energiekonzerns der Vereinigten Staaten sein. Herrgott noch mal, damit erschaffen Sie das zweitgrößte Energiekonglomerat der Welt.«
»›Konglomerat‹? Was zum Teufel ist ein ›Konglomerat‹? Ich bin Unternehmer in der Ölbranche. Eher würde ich Gas pumpen, als für ein ›Konglomerat‹ zu arbeiten.«
Perry lehnte sich in seinem Ledersessel zurück und schwieg. Ein leises Grinsen spielte um seine Lippen, während er zusah, wie Anson in Rage geriet.
»Ich meinʼs ernst, Pat. Wenn jemand das kapiert, dann doch wohl Sie. Sie haben die ganze verrückte Geschichte von Anfang an miterlebt. Wissen Sie noch, zu unserem ersten Treffen musste ich von Midland aus einen Greyhound-Bus nehmen. Ich muss kein Vize oder sonst irgendwas des größten Energieunternehmens der Vereinigten Staaten sein und auch nicht des zweitgrößten Konzerns der Welt. Ich möchte nicht für ein Konglomerat arbeiten. Ich bin zufrieden, wie es ist, mit dem, was wir aufgebaut haben.«
Ruhig und gelassen stand Perry auf und ging in eine Ecke seines Büros. Dort lag auf einem Beistelltisch ein Aktenkoffer aus Leder. Umständlich öffnete er ihn und entnahm ihm ein Blatt Papier. Anschließend kam er an seinen Schreibtisch zurück.
»Wissen Sie, wie viel Sie wert sind?«
»Schätzungsweise 500 Millionen plus/minus x. Ihr Halsabschneider wisst das doch besser als ich.«
»Sie sind 727 Millionen Dollar wert, basierend auf der Schlussnotierung Ihrer Aktien von gestern Abend.«
»Worauf wollen Sie hinaus? Soll ich euch Typen was leihen?«
»Der springende Punkt ist: Das ist eine Menge Geld. Aber fast der gesamte Betrag – 700 Millionen – liegt in Anson-Energy-Aktien herum. Würden Sie versuchen, auch nur einen Teil davon zu verkaufen, jagt das dem Markt und Ihren institutionellen Investoren, den Anlegern auf der Straße, den Hedgefonds-Kunden – überhaupt allen – eine Heidenangst ein.«
»Sie verstehen nicht ganz. Der springende Punkt ist: Es ist mir egal! Ich suche niemanden, der meine Anteile kauft. Anson Energy ist meine beste Kapitalanlage. Wissen Sie, was ich letzte Woche getan habe? Ich rief meinen Börsenmakler an und bat ihn, 100.000 Aktien für mich zu kaufen. Ich habe nicht vor,
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