Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
griff nach dem Funkgerät.
»Ich brauche Unterstützung«, sagte er.
»Funkzentrale! Wer spricht da?«
»Ich heiße Dewey Andreas. Am Checkpoint Manorville liegen mindestens acht tote Beamte. Ich arbeite mit dem FBI zusammen und verfolge den Mörder. Sie müssen mich sofort in die FBI-Zentrale durchstellen. Zu Jessica Tanzer. Dies ist ein Notfall.«
Fortuna löste die Verriegelung der Rückbank und zwängte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf den Sitz. Jean blickte in den Rückspiegel.
»Alexander, bist du okay?«
Fortuna gab außer einem angestrengten Atmen kein Geräusch von sich.
»Alexander«, sagte Jean noch einmal. Er begriff, dass sich sein Chef verletzt hatte.
Jean drehte den Kopf und blickte nach hinten zu Fortuna. Dieser hielt sich den Bauch. Dunkel quoll zwischen seinen behandschuhten Fingerspitzen das Blut hervor.
»Fahr zum Haus.« Fortunas Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Er schloss die Augen.
»Oh, Shit!«, meinte Jean. »Du bist verletzt. Oh Mann! Alexander, du darfst nicht sterben.«
»Hör auf, dich wie ein hysterisches Weib aufzuführen«, flüsterte Fortuna. »Ich komme schon durch.«
Wenig später erreichte der Mercedes das Städtchen Bridgehampton, das um diese Zeit, mitten in einer Winternacht, stumm dalag. Sie fuhren durch die Stadt, deren schneebedeckte Hauptstraße im Schneesturm wie ausgestorben wirkte. Im Rückspiegel konnte Jean keinen halben Kilometer entfernt die Scheinwerfer eines Streifenwagens erkennen, der näher kam.
»Da verfolgt uns jemand«, sagte er. »Ein Polizeiauto.«
»Das ist Andreas«, ächzte Fortuna gequält.
»Wer ist Andreas?«
»Wo sind wir?«
»Bridgehampton.«
»Gib deine Mütze her.«
Jean warf Fortuna die Mütze zu.
Ein entsetzlicher Schmerz wütete in den Eingeweiden des Milliardärs. Er musste die Blutung stillen und quetschte die Wollmütze in das Einschussloch auf seiner linken Bauchseite. Es schien keine Austrittswunde zu geben, aber die Kugel musste beträchtliche innere Verletzungen verursacht haben. Er rollte sich wie ein Fötus zusammen, wollte die Blutung zum Stillstand bringen und den furchtbaren Schmerz lindern, den ihm das poröse Material in der Wunde bereitete.
Es klappte nicht.
Fortuna gab seine verkrümmte Haltung auf und zog seinen Gürtel aus den Hosenschlaufen. Mit dessen Hilfe gelang es ihm, die Mütze festzuschnallen und tiefer in die Wunde zu stopfen. Das verschlimmerte zwar die Schmerzen, aber fürs Erste stoppte es die Blutung.
»Wie lange noch?«, fragte er Jean.
»Fünf Minuten.«
»Dewey, ich binʼs, Jessica.«
»Wo sind Sie? Die haben gerade die gesamte Polizeimannschaft umgebracht.«
»Ich bin in der Luft, über Southampton.«
»Haben wir eine Adresse? Wohin will er?«
»Nichts. Wir sind dabei, verschiedene juristische Personen zurückzuverfolgen, aber das dauert.«
»Ich befinde mich in einem Streifenwagen nicht weit hinter ihm. Ich habe ihn angeschossen. Er ist verwundet.«
»Lassen Sie das Funkgerät eingeschaltet.«
Dewey trat das Gaspedal durch und schlitterte durch die verlassenen, schneegepeitschten Straßen Southamptons, anschließend durch Bridgehampton. Der Streifenwagen hatte unglaubliche Kraft unter der Haube, außerdem Winterreifen auf den Felgen. Doch der Mercedes jagte in einem Höllentempo vor ihm her.
In East Hampton bog die Limousine hinter dem kleinen Städtchen scharf rechts in die Egypt Lane ab. Dewey mühte sich ab, ihm zu folgen, mittlerweile türmte sich der Schnee über 30 Zentimeter hoch. Sie fuhren an imposanten Anwesen vorbei, Villen mit Klinker und Schiefer, die umgeben von Zäunen, Toren und zahlreichen Sicherheitsmaßnahmen weit jenseits der Straße aufragten. Als Nächstes bog der Mercedes nach links, in die Further Lane, und erhöhte den widrigen Witterungsbedingungen zum Trotz sein Tempo sogar noch. In den engen Straßen trat Dewey aufs Gas und wäre um ein Haar gegen einen Baum gekracht. Er musste näher ran, stand jedoch kurz davor, Fortuna zu verlieren. In der Further Lane holte Dewey ein bisschen auf, als der Mercedes den schmalen Pfad entlangbretterte. Er wurde von Bäumen gesäumt, deren Äste die Last des Schnees niederdrückte. Dewey lenkte den Streifenwagen um ein paar scharfe Kurven und hatte Mühe, das Auto unter Kontrolle zu halten.
Als er direkt vor einer großen, sich über den Weg beugenden Ulme um die Ecke rauschte, tauchte der Mercedes am Straßenrand auf, daneben der Mann von der Straßensperre. Trotz des Schneetreibens trug er lediglich
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