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Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)

Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)

Titel: Power Down - Zielscheibe USA (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Coes
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wie der mächtigste Vollzugsbeamte der Nation.
    Die beiden Männer hatten sich schon zahllose Male hier eingefunden. Heute machte Putnam den Eindruck, als ob ihm der Termin leicht ungelegen kam. Normalerweise traf man ihn an einem Samstag im Januar in seiner Skihütte in Jackson Hole an, doch nach seiner Rückkehr aus Saudi-Arabien hatte er noch am selben Tag sämtliche Winterausflüge abgesagt. Chiles verhielt sich wie ein Pfadfinder am Morgen seines ersten Zeltlagers: aufgeregt, überrascht, in Hochstimmung, immer noch hin und weg von der Erfahrung, tatsächlich das Oval Office betreten zu dürfen.
    Die beiden Männer setzten sich auf den breiten Chesterfield-Sofas in der Mitte des Oval Office direkt gegenüber. Der Präsident blieb hinter seinem Schreibtisch stehen.
    »Guten Tag, Mister President«, sagte Chiles beim Eintreten. Putnam blickte den Präsidenten an und nickte ihm einfach zu. Der Präsident schwieg und erwiderte auch die Geste des Außenministers nicht. Er wartete, bis es sich die beiden Männer auf dem Sofa bequem gemacht hatten.
    Putnam wusste, was jetzt kam. Wahrscheinlich hätte er dem Präsidenten sogar soufflieren können.
    Chiles hingegen traf es aus heiterem Himmel.
    »Mr. President, ich habe einen vollständigen Bericht über die ›Fortuna-Affäre‹, wie die Presse sie getauft hat«, sagte Chiles.
    »Ich werde es kurz machen«, verkündete der Präsident und ignorierte Chiles demonstrativ. »Weil ich keine Zeit habe. Ich muss nämlich in ein gottverdammtes Flugzeug steigen und einen siebeneinhalbstündigen Flug auf mich nehmen, damit ich König Fahd anderthalb Tage lang den Arsch küssen und den Scherbenhaufen wegräumen kann, den Sie beide hinterlassen haben.«
    »Aber, Mr. President ...«, begann Chiles.
    »Halten Sie verdammt noch mal Ihr Maul, Lou«, unterbrach Putnam ihn leise.
    Aber Chiles ließ sich nicht bremsen. »Sicher, es wurden Fehler gemacht, aber letztlich war es das FBI, das die Verschwörung aufgedeckt und die ganzen Anschläge vereitelt hat.«
    »Das FBI?«, fragte der Präsident ungläubig. »Sie meinen dasselbe FBI, das im Vorfeld nicht das Geringste über die Anschläge auf Capitana, Savage Island, Long Beach und die Stahlhütte von Bath gewusst hat? Oder über den Mordversuch an Teddy Marks? Das FBI, das zu falschen Schlussfolgerungen gelangt ist, die dazu beitrugen, dass dieser Mann hier« – mit einer Kopfbewegung deutete er auf den Minister – »Anschuldigungen gegen einen Verbündeten vorgebracht hat, der fest an Amerikas Seite steht? Anschuldigungen, die eine ausgewachsene Energiekrise nach sich gezogen haben?«
    Irgendwie gelang es Chiles, seine positive Ausstrahlung aufrechtzuerhalten, unverbindlich zu lächeln und mit dem Kopf zu nicken, während der Präsident redete. »Ich verstehe, Mr. President, und ich darf Ihnen versichern, dass so etwas nie wieder vorkommen wird. Wir alle haben sehr wertvolle Lehren daraus gezogen, mich eingeschlossen. Wir haben bereits eine behördenübergreifende Arbeitsgruppe einberufen ...«
    »Sie sind gefeuert«, unterbrach ihn der Präsident.
    »Aber meine Amtszeit dauert noch viereinhalb Jahre ...«, stammelte Chiles.
    »Sie werden noch heute zurücktreten. Bevor Sie das Weiße Haus verlassen, unterzeichnen Sie Ihr Entlassungsgesuch!«
    Chiles schwieg. Zum ersten Mal verschwand das Lächeln aus seinem Gesicht. Ein entsetzter Ausdruck trat an seine Stelle. Er lehnte sich zurück, hob die Hände und lockerte seine Krawatte. Rieb sich die Augen.
    »Sie haben hart gearbeitet«, meinte der Präsident. »Treten Sie zurück und gehen Sie, wenn schon nicht als Sieger, dann doch zumindest mit Würde. Ich werde nichts Schlechtes über Sie verlauten lassen und alles in meiner Macht Stehende tun, um eine Untersuchung Ihres Verhaltens als FBI-Chef abzuwenden. Ich werde Ihnen dabei behilflich sein, irgendwo unterzukommen. Eine Professur irgendwo, eine Unternehmensbeteiligung, in einer Anwaltskanzlei, was auch immer.«
    Unentwegt rieb Chiles sich die Augen. Milton Academy, Harvard College, Harvard Law School, Debevoise & Plimpton, Staatsanwaltschaft für den Distrikt Manhattan-Süd, US-Justizministerium, stellvertretender FBI-Direktor, Direktor des FBI. Nun stand er vor seinem ersten Misserfolg. Einem gewaltigen Misserfolg. Einem Misserfolg für die Ewigkeit.
    »Ich verstehe, Mr. President«, flüsterte er. Er stand auf und ging zum Schreibtisch des Präsidenten. »Es war mir eine Freude und eine Ehre, Ihnen dienen zu dürfen, Sir.« Chiles

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