Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
für Sie arbeiten, nicht umgekehrt.«
»Ich fühle mich geehrt, Mr. President. Ich akzeptiere ohne Wenn und Aber. Wann soll ich anfangen? Ich kann gleich morgen beginnen. Heute Nachmittag habe ich noch eine Verabredung.«
Der Präsident lächelte und schloss seine Aktentasche. »Ich möchte, dass Sie erst mal Urlaub machen. Fahren Sie weg.«
»Victor Buck wurde noch nicht gefasst, Sir. Ich habe nicht vor, Urlaub zu machen, bevor man ihn verhaftet.«
»Das kann warten. Wenn Sie keinen Urlaub nehmen möchten, ziehe ich das Angebot zurück.«
»Ich verstehe«, sagte Jessica. »Vielen Dank. Dann fahre ich also weg.«
»Ich muss los«, meinte der Präsident. Er nahm seine Aktentasche und ging zur Tür. »Ach, übrigens, wie geht es Dewey Andreas?«
»Er liegt im Bethesda-Krankenhaus«, erwiderte Jessica. »Hat wohl ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten und eine kritische Wundinfektion an der Schulter. Befand sich in ziemlich üblem Zustand. Aber er kommt wieder in Ordnung. Der Mann ist hart im Nehmen.«
»So wie wir, dank seiner Unterstützung. Der Supreme Court. Das Wasserleitungssystem von Kalifornien. Die größte Papierfabrik Nordamerikas. Ein halbes Dutzend Raffinerien, Universitäten. Der OʼHare Airport, Sears Tower, das Notre-Dame-Stadion. Die Liste ließe sich noch fortsetzen. Wir sind Dewey Andreas zu einigem Dank verpflichtet.«
»Ja, da haben Sie recht.«
»Sie scheinen ihn ein bisschen zu kennen. Was glauben Sie, wird er als Nächstes tun?«
»Ich weiß es nicht, Sir.«
»Vielleicht können Sie ihm etwas ausrichten, Jess, wenn Sie ihn das nächste Mal sehen?«
»Selbstverständlich. Was immer Sie wünschen, Sir.«
»Heute Morgen habe ich Senatorin Bowman aus seinem Heimatstaat Maine gebeten, ihn für die Medal of Honor, die Ehrenmedaille des Kongresses, vorzuschlagen«, sagte der Präsident. »Sie hat sofort zugestimmt. Außerdem habe ich vor, Dewey für die Presidential Medal of Freedom zu nominieren. Wenn es ihm besser geht, lassen wir es hier im Weißen Haus zu seinen Ehren krachen.«
»Ich bin sicher, es wird ihn freuen, das zu hören, Mr. President.«
Der Präsident warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
»Wissen Sie was? Ich habe noch ein paar Minuten. Sagen wir es ihm doch gemeinsam.«
Zimmer 717 des Bethesda Naval Hospital war klein und schmucklos. Lediglich der spektakuläre Ausblick, unter anderem auf die entfernte Skyline von Washington einschließlich des Capitols und des Washington Monument, machte es zu etwas Besonderem.
Es klopfte an der Tür.
»Dewey?«, fragte Jessica von draußen. Keine Antwort.
Langsam öffnete Jessica die Tür. Der Präsident folgte ihr. Zwei Agenten des Secret Service warteten draußen.
Das Bett war leer.
»Vielleicht ist er da drin«, meinte der Präsident.
Er klopfte an die Toilettentür. Erneut keine Antwort.
Jessica trat ans Bett und drückte die Ruftaste für die Krankenschwester. Wenige Augenblicke später öffnete sich die Tür und die Schwester kam herein, eine dürre, kleine Frau mit grauen Haaren und Brille. Als sie den Präsidenten erkannte, stutzte sie.
»Wissen Sie, wo Dewey ist?«, fragte Jessica.
»Er ist vor einer Stunde gegangen«, sagte die Schwester. »Hat sich selbst entlassen. Dr. Bartholomew versuchte, ihn zu überreden, noch ein paar Tage zu bleiben. Hirntrauma, wissen Sie? Er ist bei Weitem noch nicht wieder auf dem Damm. Aber er wollte nicht.«
»Hat er gesagt, wohin er geht?«, erkundigte sich Jessica ungläubig.
»Nein«, erwiderte die Schwester. »Tut mir leid, das hat er nicht.«
Jessica wandte sich dem Präsidenten zu. »Lassen Sie mich ein paar Agenten ...«
»Nein«, fiel der Präsident ihr mit ruhigem Lächeln ins Wort. Er blickte auf das leere Krankenbett, dann drehte er sich wieder zu Jessica um, streckte die Hand aus und tätschelte ihr sanft die Schulter. »Lassen Sie ihn ziehen.«
58
SANDPIPER HOTEL
BARBADOS
FÜNF WOCHEN SPÄTER
Über 2400 Kilometer weiter südlich rückte in einer luxuriösen Suite des Sandpiper Hotel auf Barbados Mitternacht näher.
Dewey richtete sich in seinem Bett auf. Er spürte das Brennen in seiner Schulter, einen Schmerz, der wahrscheinlich nie verging, weil sie den winzigen Splitter selbst nach zwei Operationen nicht gefunden hatten. Trotzdem spürte er ihn. Behutsam schlug er die Decke von seinen Beinen zurück und stand auf.
Lautlos zog er sich im Wohnzimmer der geräumigen Hotelsuite um. Es war eine klare Nacht. Einen flüchtigen Moment lang blickte er aus dem Fenster. In
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