Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
streckte seine Hand aus. Der Präsident griff danach und schüttelte sie.
»Vielen Dank, Lou.«
Chiles ging zur Tür und verließ den Raum.
Putnam lehnte sich auf dem Sofa zurück, hob den Arm und legte ihn, dem Präsidenten zugewandt, über die Lehne des riesigen Chesterfield-Sofas. »Nun ...«
Der Präsident blieb weiterhin stehen.
Er kannte Roger Putnam seit mehr als 20 Jahren. Als der Präsident sich zum ersten Mal um das Amt des Gouverneurs von Kalifornien beworben hatte, eine Wahl, die er damals verlor, hatte Putnam noch als junger Senator für den Bundesstaat gearbeitet. Obwohl der Präsident im zarten Alter von 34 Jahren über keinerlei politische Erfahrung verfügte, hatte Putnam ihn seinerzeit unterstützt.
»Wissen Sie«, meinte der Präsident, »ich wollte Sie bloß dabeihaben für den Fall, dass Lou ausrastet.«
Die beiden alten Freunde lachten. Der Präsident ging zum Sofa, nahm gegenüber von Putnam Platz und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. Das Lachen verstummte. Erneut breitete sich Schweigen aus.
»Ich wusste gar nicht, dass Sie nach Saudi-Arabien fliegen«, meinte Putnam.
»Brauche ich dazu etwa Ihre Erlaubnis?«,
»Nein, natürlich nicht. Das wollte ich damit nicht sagen, Mr. President. Ich bin ein alter Mann. Wir kennen uns nun schon ewig. Sie müssen mich wegen gar nichts um Erlaubnis fragen und schulden mir auch keine Erklärungen.«
»Ich weiß. Sie können noch nicht zurücktreten, Roger. Aber im kommenden Frühjahr, wenn wir die Sache mit den Saudis geklärt haben, gehen Sie in den Ruhestand. Sie haben Mist gebaut. Sie haben es versaut, und zwar nicht bloß, weil Sie die Kaffeetasse an die Wand geworfen und ihr Temperament nicht unter Kontrolle bekommen haben. Sie haben nicht auf mich gehört und sich einer direkten Anweisung widersetzt. Und, was fast noch schlimmer ist: Sie lagen falsch.«
Putnam lächelte. »Sie haben recht. Mit jedem einzelnen Wort. Es tut mir leid.«
»Bevor Sie uns verlassen, möchte ich, dass Sie mir helfen, Ihren Nachfolger zu finden. Ich möchte nicht, dass es so endet. Nicht zwischen Ihnen und mir.«
Putnam erhob sich. Seine Augen waren gerötet. Er lächelte. »Darauf können Sie sich verlassen. Viel Glück da drüben!«
»Ich rufe Sie auf dem Rückflug an. Werden Sie in Jackson Hole sein?«
»Nein. Versuchen Sie es lieber über die Telefonzentrale. Ich fliege nach Venezuela. Mal sehen, ob wir den verrückten Bastarden in Caracas nicht ein bisschen Öl abluchsen können.«
»Viel Erfolg!«
Der Außenminister machte sich auf den Weg zur Tür des Oval Office.
»Tun Sie mir einen Gefallen«, bat der Präsident. »Sagen Sie Cecily, sie soll die junge Lady reinschicken, die im Kabinettszimmer wartet.«
»Ja, Sir.«
Der Präsident kehrte an seinen Schreibtisch zurück und begann, seine Aktentasche zu packen.
Nach einigen Minuten ging die Tür auf.
»Mr. President?«, fragte eine hübsche junge, sommersprossige Frau mit rotbraunen Haaren und betrat das Oval Office.
»Jessica. Treten Sie ein.«
»Vielen Dank, Sir.« Sie kam auf den Präsidenten zu. Vor seinem Schreibtisch blieb sie stehen. Er sah sie an, trat neben den Schreibtisch, gab ihr die Hand und schüttelte sie. Sie ließ ihren Blick über das Büro schweifen.
»Sind Sie zum ersten Mal hier?«
»Ja«, erwiderte sie. »Im Weißen Haus bin ich natürlich schon öfter gewesen. Aber noch nie hier drin, Sir.«
»Nun, dann sollten Sie sich daran gewöhnen. Ich hätte Sie gern als Nationale Sicherheitsberaterin.«
»Myron Kratovil ...«
»FBI. Lou ist draußen.«
Jessica sagte keinen Ton. Nach einigen Sekunden – Sekunden, in denen sie schweigend, völlig geschockt und ungläubig stehen blieb – lächelte sie. »Ich fühle mich geehrt. Aber dazu bin ich doch gar nicht qualifiziert. Ich meine, es gibt eine Menge Leute, die wesentlich bessere Voraussetzungen für den Posten mitbringen.«
»Da stimme ich Ihnen zu«, sagte der Präsident. »Es gibt ein paar Leute, die auf dem Papier besser qualifiziert sind als Sie. Aber das ist mir egal. Wir brauchen Kreativität, Mut, Intuition, Mumm, die Fähigkeit, ständig die unbequemen Fragen zu stellen. Wir brauchen Glück und, ja, auch Gottvertrauen. Hinter uns liegt der schlimmste Angriff auf dem Gebiet der Vereinigten Staaten in unserer Geschichte. Aber Sie haben verhindert, dass das Ganze zu etwas noch weitaus Schlimmerem eskaliert ist. In dieser Stadt gibt es jede Menge beeindruckender Lebensläufe. Aber ich will, dass die Leute dahinter
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