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Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)

Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)

Titel: Power Down - Zielscheibe USA (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Coes
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den düsteren Wassern der Karibik spiegelte sich silbern das Mondlicht. Er trat an die Kommode, entnahm der oberen Schublade einen leichten schwarzen Neoprenanzug und tastete nach der Pistole, die er dort deponiert hatte, eine 45er-Halbautomatik vom Typ Colt M1911. Rasch ließ er sie in das wasserdichte Holster am rechten Unterschenkel des Taucheranzugs gleiten. Er schnallte sich eine schmale Knöchelscheide ums rechte Bein, aus der ein langes, schwarzes Kampfmesser hervorragte, ein zweischneidiges Gerber mit fest stehender Klinge, auf beiden Seiten gezähnt. Auf einer Seite die Gravur GAUNTLET. Scharf wie ein Rasiermesser. An den Sägezähnen hafteten noch verkrustete Blutreste.
    Fast einen Kilometer weit ging er den verlassenen Strand bis zu den ebenfalls verlassenen Docks entlang. Er sah ein Motorboot, das in einiger Entfernung vom Hafenbecken an einem Liegeplatz vertäut war – ein dunkelblaues Mako, das er schon tagsüber bemerkt hatte. Er sprang ins Wasser, schwamm zu dem Boot hinüber und kletterte an Bord, zog die Plastikabdeckung vom Anlasser, zerrte zwei Drähte aus dem Zündblock, verdrillte sie und berührte damit die Anschlussbuchse. Grollend erwachten die beiden 250-PSMotoren zum Leben. Dewey löste das Tau am Anleger und setzte, einzig vom Schein des Vollmonds geleitet, rückwärts aus dem Dock. Er ließ seinen Blick kreisen, sah jedoch niemanden.
    Innerhalb weniger Minuten raste das Mako mit Vollgas durch das ruhige Gewässer. Bei einer Geschwindigkeit von über 75 Knoten, gut 140 Stundenkilometern, sollte er Mustique in etwa einer Stunde erreichen.
    Mustique, die exklusivste Insel der Karibik, wenn nicht der ganzen Welt, verfügte über eine eigene Regierungs-Charta, eigene Steuergesetze und ein eigenes Rechtssystem – eigentlich unnötig, weil nahezu ausschließlich wohlhabende Europäer und Amerikaner dort lebten. Die wenigen Einheimischen verdingten sich als Köchinnen, Reinigungskräfte, Hilfsarbeiter, Gärtner und Landschaftsgestalter des kleinen Inselhotels – dem Cotton House – oder im Basalʼs, dem einzigen Restaurant der Insel. Auf Mustique gab es keine Arbeitslosen. Verlor man seinen Job, eskortierten sie einen von der Insel zurück nach Barbados, von wo die meisten der Beschäftigten stammten.
    Abgesehen von wohlhabenden Geschäftsleuten, Abkömmlingen irgendwelcher Königshäuser und Scheckbuch-Hippies gab es auch Prominente, die die Insel wegen ihrer Abgeschiedenheit liebten. David Bowie und Mick Jagger besaßen beide ein Haus auf der Insel.
    Und dann gab es noch die zwielichtigen Gestalten, Leute mit sehr viel Geld, bei denen man allerdings nicht wusste, womit sie es verdient hatten.
    Dewey jagte das Schnellboot durch die warme wolkenlose Nacht.
    Zweimal umrundete er die kleine Insel und betrachtete sich im Mondschein die dschungelbedeckten Hügel. Die Häuser, jeweils mindestens einen Kilometer voneinander entfernt, waren allesamt wunderschön, sehr groß und abgeschieden. Die Anwesen weiter oben auf den Anhöhen erinnerten an Bergfestungen. Unvermittelt wuchsen sie vor dem eintönigen Hintergrund aus Bäumen und Sträuchern in den Himmel, manche nachts von Scheinwerfern illuminiert, weil das Ego ihrer Besitzer es so verlangte, andere nur vom Mondlicht beschienen, das hier besonders hell leuchtete.
    Am nordwestlichen Ufer der Insel, an einer Stelle fast ohne Strand, an deren Küstenlinie keine weiteren Gebäude standen, bemerkte er das Haus. Vom Wasser aus fast nicht zu erkennen, weil es perfekt dem Gelände angepasst war, thronte es auf dem höchsten Punkt der Insel, einem kleinen Berg. Dort oben hielt sich auch der Mann auf, wegen dem er sich auf Mustique befand.
    Dewey legte an dem verlassenen Küstenstrich an, machte das Boot an einer Kokospalme am Rand des Sandstreifens fest und sprang vom Bug des Mako. Er landete im Sand und trottete auf der Suche nach einem Pfad auf die Baumreihe zu, die das schmale Stück Strand säumte. Nach gut 15 Metern entdeckte er in der Nähe eines großen Kalebassenbaums ein Seil und eine abgedunkelte Laterne. Dort musste er lang. Er spürte, wie ihm heiß wurde, als sich das Adrenalin in seinem Körper meldete. Langsam schritt er den unbefestigten Pfad entlang, der, wie er wusste, zur Villa führte.
    Der Pfad wand sich in Serpentinen den Berg hinauf. Mindestens 800 Meter weit umrundete er den steilen Hang, bis das Unterholz und der niedrige dichte Baumbestand schließlich dem gepflegten Garten der Villa wichen. Der Mond schien hell. Er beleuchtete

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