Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
»Savage Island«, »KKB«, »Anson Energy« und »Marks« durchsuchen konnte.
In der Agency bezeichnete man diese Vorgehensweise, alte, »zufällig« abgefangene Informationen zu überprüfen, als Trace Intelligence Amphitheatre, kurz: TIA.
TIA war, wie jeder bei der NSA wusste, nichts anderes als rückwirkende Spionage.
General Bossidy wiederum ersuchte das Weiße Haus um Genehmigung. Der Präsident, der einem solchen Vorgehen zustimmen musste, brauchte keine zehn Minuten, um die Anfrage per Dekret zu genehmigen.
Inzwischen, acht Stunden nachdem das Weiße Haus grünes Licht gegeben hatte, stand Ennis am Eingang des großen Saals und blickte auf sein Team junger Datenforscher, alles in allem 14 Leute – junge, hoch qualifizierte Akademiker, die man an den Top-Universitäten des Landes rekrutiert hatte. Sie saßen in einem Raum, der nahezu ein Viertel der Grundfläche der NSA-Zentrale einnahm und an eine Mischung aus Studentenwohnheim und Nationalarchiv erinnerte. Überall stapelten sich Dokumente. Kaffee schien hier von lebenswichtiger Bedeutung zu sein. Leere Tassen bedeckten die Tische, der Duft gerösteter Bohnen hing in der Luft.
»Nun, was haben wir vorzuweisen?«, fragte Ennis, als er sich setzte.
Die Analytiker blickten von ihren Unterlagen auf.
»Ich habe hier etwas«, sagte eine junge Frau koreanischer Abstammung.
»Was denn?«
»Unmengen von Gerede über Capitana innerhalb der OPEC. Ich habe gerade die Protokolle der Telefongespräche eines ganzen Monats zwischen einem Vorstandsmitglied von Aramco und einem hohen Beamten in Fahds Erdölministerium gelesen.«
»Na und?«, meinte Ennis. »Wettbewerbsdruck. Dürfen die denn kein Auge auf die Konkurrenz haben?«
Die junge Frau blätterte durch die Papiere und begann, laut vorzulesen:
» Stabschef: Ist es schon zu spät, das Projekt zu stören? Muss es denn rechtzeitig an den Start gehen? Ich dachte, wir hätten Leute in den Bautrupp eingeschleust.
Aramco: Wir haben das erfolgreich geschafft, allerdings nur bis zu einem gewissen Punkt. Es geht voran. Bei so viel Öl können wir es nicht einfach abbrechen.
Stabschef: Können wir Anson nicht einfach die Rechte abkaufen? Was ist das Ganze wert?
Aramco: Kommen Sie wieder runter! Denen wurden Unsummen angeboten. Wir haben den richtigen Moment schlicht und einfach verpasst.
Hier ist noch ein Gespräch«, fuhr sie fort, »zwischen dem Erdölminister Dubais und einer Frau, deren Identität uns nicht bekannt ist. Es handelt sich um eine saubere Leitung.
Erdölminister: Sahr-lin ... «
»Der Chef von Aramco?«, fragte Ennis.
»Ja, ganz recht«, meinte die Frau und las weiter vor:
»Erdölminister: Sahr-lin wird wegen dieses Projekts in Kolumbien gefeuert werden.
Unbekannte Frau: Ja, ja, ich weiß. Ich habe gestern mit ihm gesprochen. Er sagt, Fahd will der kolumbianischen Regierung mit Krieg drohen. (Gelächter)
Erdölminister: Ich verstehe nicht, weshalb die sich so aufregen. Die haben doch so viel Öl, dass die Vorräte reichen, bis ihre Urenkel tot und begraben sind.
Unbekannte Frau: Sie sind wütend auf Sahr-lin. Er hätte es stoppen können, genauso wie sie es beim Exxon-Projekt in der Mongolei getan haben.
Erdölminister: Nun, wenn Sie mich fragen, das geschieht diesem Bastard recht.«
»Das ist ein schlagender Beweis«, sagte Ennis nach einigem Nachdenken. »Gehen Sie der Sache nach. Konzentrieren Sie sich dabei auf größere Muster. Anhaltspunkte für eine Verschwörung, die Erörterung von Agententätigkeiten in Bezug auf Capitana, Savage Island und Marks.«
Ennis erhob sich.
»In einer Stunde fahre ich zum FBI. Sollte noch was Hässliches auftauchen, rufen Sie mich an!«
Er lächelte seinen Analytikern zu. »Ich lasse Ihnen ein paar Pizzen kommen. Ich nehme mal an, Sie sind alle ziemlich hungrig.«
Eine Stunde später kehrte Ennis zurück.
»Gibt es was Neues?«, erkundigte er sich, während er seine Krawatte zurechtrückte und sich auf einem Stuhl am Tisch niederließ.
»Wir haben einen neuen Hinweis«, sagte eine Frau mit blondem Haar. »Seit zwei Jahren geraten die Saudis wegen Capitana immer mehr in Panik. Und auch wegen der Chinesen.«
»Wegen der Chinesen?«, stutzte Ennis.
»Die Chinesen spielen Aramco gegen BP aus. Intern bezeichnen die Saudis die Chinesen als Erpresser. Wir brauchen hier wirklich einen Energie-Analysten. Die drehen total durch wegen Capitana.«
»Aber gibt es etwas Handfestes?«
»Rechnen Sie wirklich damit?«, fragte ein langhaariger Analytiker,
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