Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
Lämpchen starren musste, angestrengt bemüht, nicht zu blinzeln. Seit über zehn Jahren starrte sie nahezu jeden Morgen in das blaue Licht, und mittlerweile kannte sie die Macken und Schwächen des biometrischen Scanners. Wenn man blinzelte, konnte es passieren, dass das Gerät einen nicht erkannte und zwei Sicherheitsbeamte mit gezogener Waffe angerannt kamen. Wenn der Alarm losging, verschüttete man vor Schreck auch noch seinen Kaffee über den Fingerabdruckscanner, der als Nächstes kam. Sie verstand die Notwendigkeit des Ganzen, hielt es aber trotzdem für übertrieben.
Nachdem der Apparat festgestellt hatte, dass die Person, die vor ihm stand, tatsächlich Antonia Stebbens war, schwang die Tür auf der gegenüberliegenden Seite des Metalltunnels auf. Sie trat ein und befand sich im Strategic Operations Center der US-Regierung, kurz: SOC, in dem die Informationen über alle mit Energie in Verbindung stehenden Einrichtungen der USA und deren Sicherheitssysteme zusammenliefen.
Der Hauptzweck des SOC bestand allerdings darin, die Sicherheit aller sieben US-Anlagen zu überwachen, die Nuklearwaffen produzierten.
Die Entscheidung darüber, ob und wann eine atomare Waffe eingesetzt wird, obliegt dem Präsidenten. Für den Abschuss selbst ist das Verteidigungsministerium zuständig. Die Aufgabe des Energieministeriums, des Department of Energy, besteht darin, Amerikas Atomwaffen bauen zu lassen. Das SOC gewährleistete, dass dabei keine Risiken auftraten.
Stebbens offizieller Titel lautete Staatssekretärin im Energieministerium und Direktorin des Strategic Operations Center. Sie stand einem selbst in Kreisen der US-Regierung weitgehend unbekannten Direktorium vor. Es verfügte über 258 Mitarbeiter, die allesamt gründliche Sicherheitsüberprüfungen durchlaufen und darin eingewilligt hatten, dass die Regierung sämtliche ihrer Aktivitäten in und außerhalb des SOC überwachte: Telefongespräche sowohl im Festnetz als auch per Handy, E-Mail-Verkehr, Posteingang sowie jegliche sonstige Kommunikation in oder außerhalb der Arbeitszeit.
Alle 258 Festangestellten des SOC verfügten über Berufserfahrung bei Bundesbehörden. Der größte Teil des Personals wurde von der CIA rekrutiert, dicht gefolgt vom FBI und der NSA. Insgesamt arbeiteten beim SOC über 150 ehemalige CIA-Agenten, Stebbens eingeschlossen.
Von den 258 Agenten und Analytikern des SOC waren 210 für die Sicherheit der Infrastruktur von Amerikas Atomindustrie abkommandiert. Die übrigen 48 beschäftigten sich mit nichtnuklearen Angelegenheiten, allem voran Erdöl und Erdgas, und hier vorrangig mit der Sicherheit der Raffinerien. Die dafür zuständige Unterabteilung hieß SOCOG.
Da sich die Anschläge auf Capitana und Savage Island über die Weihnachtsfeiertage ereignet hatten, befanden sich nur wenige Leute im Dienst. Für Stebbens spielte das keine Rolle.
Sie begann den Arbeitstag, indem sie ihr sechsköpfiges Führungsteam zusammenrief.
»Es ist mir bewusst, dass Sie alle die ganze Nacht über hier waren«, sagte Stebbens. »Das weiß ich sehr zu schätzen. Ich möchte, dass Sie dasselbe auch Ihren Leuten sagen.«
Rings um den Tisch erntete sie Kopfnicken.
»Was haben wir?«, fragte Stebbens. Sie nippte an ihrer Kaffeetasse. »In zwei Stunden muss ich zurück beim FBI sein und ich brauche dringend Input.« Sie nickte einem grauhaarigen Mann zu, der ihr gegenübersaß. »Bob?«
»Hier haben Sie eine Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse«, sagte Bob Griffin. Er leitete das Analysten-Team, das den Erdöl-Sektor im Auge behielt. Er lächelte, räusperte sich, zog einen Stapel Schriftstücke aus einer Aktenmappe und ließ sie um den Tisch gehen. »Es ist noch sehr früh. Unsere oberste Priorität besteht darin, die verbleibenden Erdöl-Ressourcen zu schützen, die eine Auswirkung auf den Verbrauch in den USA haben. Wir haben innerhalb des SOC ein Protokoll mit Parametern erstellt und die Informationen mit den Live-Daten aus den Systemen abgeglichen. Sie werden stündlich aktualisiert. Wir sind dabei, die Erdölversorgung des letzten Monats detailliert zu verfolgen, von jedem einzelnen Bohrloch über den Tanker bis hin zur Lagerung und so weiter. Unser Ziel ist eine Prognose für den Zeitraum eines ganzen Jahres, um Gewissheit zu bekommen, dass eine sichere Versorgung mit Erdöl nicht gefährdet ist.«
»Gut«, meinte Stebbens.
»Das zweite große Thema sind Ersatzkapazitäten«, erläuterte Griffin. »Sind die OPEC, Venezuela und andere
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