Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
der eine Brille trug. »Ich meine, die Kerle sind doch nicht blöd!«
»Gutes Argument! In einer Stunde bin ich wieder hier.«
Am Nachmittag traf das Interagency-Team erneut im FBI-Hauptquartier zusammen.
»Willkommen zurück!«, sagte Chiles. »Beginnen wir mit dem Verteidigungsministerium.«
»Ja«, meinte Scalia, indem er sich an Jane Epstein wandte. »Haben wir Andreas schon rausgeholt?«
»Die Exfiltration findet in 15 Minuten statt«, erwiderte Epstein. »Das Team befindet sich vor Ort. Es wird direkt von der Kommunikationszentrale des Pentagon aus geführt. Dürfte ein Kinderspiel sein.«
»Gut! Dann hören wir mal, was das Energieministerium zu sagen hat«, meinte Scalia.
Antonia Stebbens lächelte höflich und beugte sich vor. »Zunächst einmal: Es ist noch recht früh. Ich lasse ein Dutzend Analysten, die seit zwei Tagen nicht geschlafen haben, im Keller des Energieministeriums über den Zahlen brüten.«
»Und?«, sagte Scalia. »Kommen Sie zur Sache.«
»Wie gesagt, es ist noch recht früh«, entgegnete Stebbens. »Dies sind nur erste Vorbemerkungen. Basierend auf unseren andauernden Untersuchungen und Analysen behalte ich mir das Recht vor, das, was wir bislang herausgefunden haben, noch einmal komplett umzuwerfen.«
»Antonia«, mahnte Chiles. »Bitte!«
»Na gut, dann wollen wir mal!«, fuhr Stebbens fort. »Wir stehen vor einem komplizierten Szenario. Um für Ersatz zu sorgen und die Lücke zu füllen, die der Verlust von Capitana gerissen hat, müssen wir die OPEC kontaktieren, insbesondere Saudi-Arabien. Was die Erdölversorgung betrifft, bleibt uns vorerst keine andere Wahl.«
»Okay«, meinte Scalia.
»Gleichzeitig gibt es eindeutige Hinweise darauf, dass der Aufstieg Capitanas direkte Auswirkungen auf die Geschäfte der Saudis hatte, und zwar äußerst negative hinsichtlich Fördertätigkeit, Wirtschaftlichkeit und den Entscheidungsprozessen innerhalb des Ghawar-Ölfelds.«
»Das müssen Sie näher erklären.«
»Im Grunde hat Capitana BP das Ölgeschäft in den USA ruiniert. Weitere Untersuchungen zeigen jedoch, dass BP den Verlust der hiesigen Marktanteile durch Gewinne in Europa ausgleichen konnte. Genau genommen haben die europäischen Gewinne von BP die Verluste in den USA mehr als wettgemacht. BP jagte Aramco Marktanteile ab. In ganz Europa verloren die Saudis gewaltig an Boden. Das gleichen sie jetzt aus, indem sie an die Chinesen, speziell Sinopec, verkaufen, und zwar weit unter marktüblichen Preisen. Wir nehmen an, dass sie den Chinesen ihre gesamten Rohölvorräte mit Verlust verkaufen.«
»Warum sollten sie so etwas tun?«, wollte Scalia wissen.
»Wahrscheinlich, weil sie glauben, dass der Betrieb des Ghawar-Ölfelds unbedingt Geld abwerfen muss«, erwiderte Stebbens. »Sie haben praktisch ihre gesamten Ressourcen abverkauft.«
»Und was heißt das unterm Strich?«
»Unterm Strich heißt das, dass Capitana die Saudis ins Mark getroffen hat. Unglücklicherweise sind sie auch die Einzigen, die einspringen und die Lieferungen aus Capitana ersetzen könnten. Ohne sofortige Anstrengungen, den bevorstehenden Versorgungsausfall zu überbrücken, werden wir vor einer Ölkrise stehen, wie wir sie noch nie erlebt haben. Wir brauchen die Hilfe der Saudis, und zwar auf der Stelle. Ich rede von sofortigem Eingreifen auf höchster Ebene.«
Eine Weile sagte niemand ein Wort.
»Dazu sollte ich jetzt wohl etwas sagen«, ergriff Rick Ennis von der NSA das Wort. »Wir befinden uns mitten in der Überprüfung von mehr als 175.000 Protokollseiten zu Telefongesprächen, E-Mails und sonstigen Kommunikationswegen. Fest steht, dass auf den höchsten Ebenen der OPEC, von Aramco, im saudischen Erdölministerium und in der saudischen Regierung die Aktivitäten von Capitana und Anson Energy für Panik gesorgt haben. Noch gibt es nichts Greifbares, also keine konkreten Gespräche, Capitana ins Visier zu nehmen. Aber wir gehen auch nicht davon aus, auf so etwas zu stoßen. Denen ist natürlich klar, dass man sich bei einer derartigen Diskussion nicht belauschen lassen darf. Was wir allerdings haben, sind eindeutige Aussagen hinsichtlich des Versuchs, Capitana zu sabotieren: Vorgesetzte zu bestechen, politisch zu intervenieren und was man sonst für nötig hält.«
Abermals trat betretenes Schweigen ein.
John Scalia aus dem Weißen Haus meldete sich zu Wort. »Was werden die Saudis verlangen?«
»Für das Öl?«, fragte Stebbens. »Da sprechen wir von mehreren Hundert Milliarden Dollar. Der
Weitere Kostenlose Bücher