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PR 2621 – Der Harmoniewächter

PR 2621 – Der Harmoniewächter

Titel: PR 2621 – Der Harmoniewächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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lange darüber nach«, sagte sie schließlich. »Und so schwer es mir fällt, ich muss deiner Argumentation zustimmen, Saedelaere. Es ist gefährlich, sich an meine Familie zu wenden.«
    »Ich freue mich, dass du es ebenso siehst«, pflichtete der fremde Maskenträger ihr bei. »Ich verstehe dabei genau, dass alles in dir danach drängt, deine Verwandten aufzusuchen. Du willst dich rehabilitieren und herausfinden, warum man dich so behandelt, wie es geschehen ist. Mir geht es genauso.«
    »Das glaube ich kaum«, wiederholte sie kühl. »Du kannst nicht verstehen, was es für mich bedeutet, all das zu erleben! Es ist ... mein Volk! Meine Familie! Die ... die Harmonie selbst hat sich gegen mich verschworen!«
    Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus, und sie ärgerte sich, dass sie ihren Emotionen derart freien Lauf ließ.
    »Auch hinter mir liegt einiges«, begann Saedelaere. »Mein Schicksal ist kein gewöhnliches, Herzogin. Ich bin ein Einsamer und war immer wieder ein Ausgestoßener. Der Anblick meines Gesichtes bringt Tod und Verderben selbst über die, die ich ...« Er stockte, als würde er nicht die richtigen Worte finden, um seinen Satz zu beenden.
    »Lass es gut sein, fremder Freund«, sagte sie und fragte sich, ob sie mit dieser Anrede zu großes Vertrauen, zu große Nähe zum Ausdruck brachte. »Wir werden die Station verlassen, auf die eine oder andere Weise, aber zunächst solltet ihr mir folgen. Pridon, du begleitest uns ebenfalls.«
    »Wohin?«, fragte der Gardeleutnant.
    »Ins Ausrüstungslager. Wenn wir schon gehen, sollten wir für alles gewappnet sein.«
     
    *
     
    Die Waffen, Schutzanzüge, Deflektoren, Individualtaster und sonstigen technischen Ausrüstungen beachtete sie nicht. Pridon hingegen sah sich in dem Raum um, und Saedelaere blieb neben dem Gardeleutnant stehen.
    »Später«, sagte sie kühl. »Gehen wir zunächst weiter.«
    Diesem größeren Lagerraum schloss sich eine kleine Kammer an, eine Abtrennung der Lebensmittelhalle. Dort stapelten sich in den Regalen geschlossene Boxen mit Hyperkristallen, Edelmetallen und Diamanten. Genug, um ein Leben lang finanziell versorgt zu sein und sich alles Mögliche einzutauschen.
    Aber auch dies bildete momentan nicht ihr Ziel. Rhizinza ging weiter, bis sie das interessanteste Zimmer betrat.
    »Masken«, kommentierte der Zwergandroide. »Wie viele es wohl sein mögen?«
    Das wusste sie nicht. Es interessierte sie auch nicht. »Pridon«, sagte sie stattdessen.
    Der Gardeleutnant verstand, worauf sie hinauswollte. »Wir suchen uns unauffälligere Modelle.«
    »Das wird zumindest das erste Erkennen verhindern.«
    Die Herzogin ging an einer Reihe Masken entlang, die an der Wand befestigt waren. Einer der Reinigungsroboter hatte sie seiner Grundprogrammierung zufolge schon längst gesäubert; im gesamten Raum gab es kein Stäubchen mehr.
    Tausend künstliche Gesichter schauten ihr entgegen, jedem nur denkbaren Anlass angemessen. Für Reiche und Arme, für Edle und Narren, für Kinder und Alte.
    Sie blieb vor einem schlichten Modell in leuchtendem Rot stehen, ihrer Lieblingsfarbe, wenn sie nicht die öffentliche Herzogin darstellte, sondern die private Lirbal ... diejenige Rhizinza Yukk, deren Leben, Freunde und Familie es bereits seit sieben Urd nicht mehr gab.
    Der Gedanke war bitter, und sie ging weiter. Sie brauchte eine andere Maske, eine, die keine Emotionen weckte, die nichts mit ihrer Vergangenheit verband.
    »Alaska«, hörte sie Pridon sagen. »Du und dein Begleiter ... geht bitte.«
    Sie drehte sich nicht um, sondern nahm eine schlichte beigefarbene Maske von ihrem angestammten Platz. Ein rötlich braunes Punkt- und Linienmuster bedeckte fast die gesamte Fläche, zu einem kunstvollen Ornament geschlungen.
    »Ich verstehe«, sagte der Zwergandroide hinter ihr. »Niemand darf dabei sein, wenn ein Escalianer die Maske wechselt. Es ist zu privat.«
    »Geht«, wiederholte Pridon.
    Rhizinza hörte Schritte, dann das Geräusch, mit dem sich die Tür schloss.
    »Wir sind allein«, sagte der Gardeleutnant.
    Sie hielt ihm die beigefarbene Maske hin, nahm sich ein zweites, fast identisches Modell und wog es in der Hand. »Diese.«
    »Eine gute Wahl«, bestätigte er. »Sie sind nichtssagend und trist.«
    »Ideal, um damit in der Menge unterzutauchen.«
    Die beiden Escalianer, Bürger des Reiches der Harmonie und doch aus verschiedenen Völkern, stellten sich Rücken an Rücken. Die Herzogin wusste, dass Pridon niemals einen Blick auf ihr entblößtes

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