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PR 2626 – Suche im Sektor Null

PR 2626 – Suche im Sektor Null

Titel: PR 2626 – Suche im Sektor Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Unnahbaren nun verbittert zu sehen. Er hat wohl geglaubt, sich ein klein wenig Unsterblichkeit verdient zu haben, nach all den Jahrzehnten voll unerschütterlicher Hingabe und im Auftrag der Menschheit. Doch das Schicksal ist ein gemeines, hinterhältiges Luder. Es verteilt seine Geschenke nach Gutdünken. Und es nimmt sie genauso schnell wieder.
    »Wo befinden wir uns hier?«, frage ich.
    »Ist das denn von Belang?«
    »Monkey fing Gerüchte auf, dass du dich auf einen hochgeheimen TLD-Back-up-Komplex zurückgezogen hättest, um von dort aus ein Auge auf das galaktische Geschehen zu haben.«
    »Der Lordadmiral ist in der Tat gut informiert. Von der Existenz dieses Irrläufer-Planetoiden wissen außer mir und Leccore gerade mal drei Personen der obersten Führungsschicht des TLD.« Noviel Residor winkt eine der Robot-Frauen herbei und lässt sich mehrere Medopflaster reichen, die er nacheinander gegen seinen Hals presst. »Wir befinden uns in der Nähe von Barnards Stern, auch als Munich 15040 oder Gliese 699 bekannt.«
    »In etwa sechs Lichtjahren Entfernung zum Solsystem.«
    »Zu einem Solsystem, das verschwunden ist.« Der Geheimdienstler hustet angestrengt. »Und darüber sollten wir uns nun unterhalten.«
    »Einverstanden.«
    Ein Sitz und ein kleiner runder Tisch surren als dünne Stangen aus dem Boden und entfalten sich dann. Noviel Residor lässt sich auf dem Stuhl nieder. Eine Robot-Frau reicht ihm mehrere Häppchen, die er langsam, Stück für Stück, zu verzehren beginnt. Ich erkenne, was es ist. Und ich begreife, dass nicht das Alter Residor einholt. Aber wo ...?
    Ehe ich den Gedanken weiterspinnen kann, spricht Residor wieder.
    »Nach den Erfahrungen, die Terra mit der Terminalen Kolonne TRAITOR machte, beschloss der TLD, eine eigene systemnahe Außenzentrale einzurichten. Eine, die vor allem als Back-up für die Datenspeicher des Liga-Dienstes dienen, aber auch relevante NATHAN-Speicherdaten enthalten sollte.«
    »Mit oder ohne Genehmigung des Mondgehirns?«
    »Sei nicht albern.« Residor winkt ab. »Wenn jemand weiß, dass die in unserer Branche zur Verwendung kommenden Mittel nicht immer den ethischen Anforderungen unserer Gesellschaft entsprechen, bist ja wohl du es. Dennoch sind sie notwendig. Und wichtig.«
    Oh ja.
    Es ist notwendig. Dieser Satz dient Geheimdienstmitarbeitern seit jeher als Schutzmäntelchen für ihre Aktivitäten. Als Rechtfertigung dafür, dass sie Dinge tun dürfen, die weit jenseits herkömmlicher Moralvorstellungen angesiedelt sind. Mit es ist notwendig können alle Bedenken beiseitegeräumt werden.
    Zum Schutz der Dritten Macht, des Solaren Imperiums, der LFT. Wie oft schon hatten Frauen oder Männer in Positionen, wie Noviel Residor sie so lange ausgefüllt hatte, diese Worte ausgesprochen?
    Ich hatte. Und ich hatte mich jedes Mal aufs Neue dafür gehasst.
    »NATHAN weiß nichts von meiner Existenz«, löst Noviel Residor das Geheimnis nun doch auf. »Er war damit einverstanden, in regelmäßigen Abständen Back-up-Speicherkristalle an diese Station zu liefern, in der Annahme, dass sie hier abgelegt werden würden, um bei einer Bedrohung des Solsystems von Außeneinheiten der TLD genützt werden zu können. Sie wurden über wechselnde Transmitterstationen und über verschlungene Wege hierher gereicht. Also auf einem Weg so ähnlich wie jener, den du genommen hast.«
    Der alte Mann schweigt eine Weile. »Die Mondpositronik weiß nicht, dass ich die Informationen für meine Zwecke nutze. Dass ich sie interpretiere und gegebenenfalls meine Beziehungen spielen lasse, um Fehlentwicklungen auf den Welten der LFT vorzubeugen.«
    »Du spielst nach wie vor mit im großen Spiel?«
    »Wie sollte ich einer derartigen Versuchung widerstehen? Könntest du es?«
    »Dann wäre ich wohl kaum hier«, gebe ich zu.
    »Dann gestehe einem alten Mann zu, dass er seinen Lebensabend nicht als ein Nichts unter anderen Nichtsen verbringen und sich zumindest die Illusion aufrechterhalten möchte, noch etwas wert zu sein.«
    Noviel Residor sinkt in sich zusammen, der Kopf fällt nach vorn. Wer weiß, worauf er zu achten hat, erkennt die Symptome.
    Ich betrachte ihn. Residor war vor gar nicht allzu langer Zeit eine der mächtigsten Personen dieses Teils der Milchstraße. Der Herr über viele Tausend Agenten. Ein geheimer Wissensträger. Ein Weltenlenker. Ein erbarmungsloser Despot. Einer, der den Dreck wegräumte, den andere, strahlende Gestalten hinterlassen hatten. Und nun ist er nicht bloß alt,

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