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PR 2629 – Die Weltengeißel

PR 2629 – Die Weltengeißel

Titel: PR 2629 – Die Weltengeißel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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dahin. Entsetzen empfand er längst nicht mehr. Sein Inneres war kalt und tot, sein Körper funktionierte rein automatisch.
    Als er die ... Monster hinter dem Hügel beim Hinrichtungsplatz gesehen hatte, die Totenboten, war er geflohen. Woher er die Kraft genommen hatte, sich rasend schnell in die Höhe zu katapultieren und seitdem immer weiterzufliegen, wusste er nicht.
    Er erinnerte sich jedoch genau an das, was er gefühlt hatte, als er die Monster sah. An das nackte Entsetzen, die mörderische Angst, die Panik, die ihn hatte wünschen lassen, sofort sterben zu können.
    Doch das war nicht alles gewesen. Wut und unbändige Aggression hatten ihn fast zerrissen. Am liebsten hätte er sich zurück in die Menge gestürzt, um dort zu wüten, um sich zu schlagen, zu ...
    ... zu töten.
    Nun flog er weiter, bewegte die Flügel, ließ sich in den Winden treiben. Das Meer wogte unter ihm. Wellen schlugen hoch, rasten über die Wasseroberfläche, der nächsten Landmasse entgegen.
    Es regnete und klatschte auf seinen Chitinpanzer. Feuchtigkeit lag auf seinen Facettenaugen und ließ die Welt stets aufs Neue zerfallen, als blicke er durch ein Prisma. Doch immer perlten die kleinen Tropfen ab, und die Wirklichkeit schälte sich wieder aus den optischen Bruchstücken.
    Alles ging automatisch, ohne dass er darüber nachdenken musste. Und ebenso automatisch flog er plötzlich eine Kurve, stemmte sich gegen den Wind und eilte schließlich in die Richtung, aus der er gekommen war.
    Zurück nach Hause!
    Er war geflohen und mit heiler Haut davongekommen, aber was brachte es? Welcher Nutzen lag darin?
    Ihm wurde der große Irrtum bewusst, dem er sich hingegeben hatte, der langsam und gemächlich immer weiter in seinen Kopf hineingekrochen war: Die Lüge, dass er ohne sein Kollektiv leben konnte. Erst das Chaos und der Tod hatten seine Welt heimsuchen müssen, um ihm klarzumachen, dass er sich irrte.
    Er musste zurück, nachsehen, ob ...
    Er stockte und zwang sich mühsam, den Satz in Gedanken zu Ende zu führen: Ob auch nur noch einer lebt.
    Wenn er an das Inferno dachte, das er vor seiner heillosen Flucht erblickt hatte, glaubte er nicht daran; und doch sehnte er sich so sehr danach, die Stimmen seines Kollektivs wieder zu hören. Aber konnte noch jemand am Leben sein, wenn sie zuletzt alle übereinander hergefallen waren? Wenn die Monster ihnen immer näher gekommen waren?
    Während er zurückflog und die Wellen unter ihm dahintrieben, versuchte er in das Kollektiv hineinzuhören. Alles blieb still. Weil er zu weit entfernt war, sagte er sich. So war es eben in völlig unbesiedelten Gebieten. Es gab keine Cruny weit und breit, die er hören könnte! Deswegen flog so gut wie niemand über das Meer. Wozu auch? Ihre Welt, ihr Leben, spielte sich auf festem Boden ab.
    Die Wolken vor ihm brauten sich dunkel zusammen. Blitze zuckten in die Tiefe, ein Gewitter entlud sich über dem Meer. Szimon flog weiter, erspürte das Wesen der Winde und Gewalten und nutzte die Kräfte, um schneller voranzukommen. Der Wind peitschte ihn mit sich.
    Es ging weitaus rascher, als er sich im Vorfeld hatte erhoffen können. Zwar musste er Vorsicht walten lassen, aber in echte Gefahr geriet er nie. Die Natur unterstützte ihn, wie sie seit jeher Freund und Helfer jedes Cruny war, der sie verstand und ihre Hilfe zu nutzen wusste.
    Das Gewitter endete, ehe er Land erreichte. Die Wellen unter ihm schäumten hoch, getrieben und aufgewühlt. Er konnte kaum mit ihnen mithalten und hörte bald erleichtert, wie sie sich am Strand brachen. Schäumende Gicht ergoss sich über die Felsen.
    Kurz darauf durchflog Szimon den steten Sprühnebel und landete zum ersten Mal seit Stunden, weit genug von den Ausläufern der Wellen entfernt. Der lange Flug hatte ihn angestrengt und seine Kräfte ausgezehrt. Er bückte sich und trank aus einer großen Pfütze.
    Bald würde er auch etwas zu essen zu sich nehmen müssen. Nur fühlte er nicht das geringste Verlangen danach. Wie konnte er an Nahrung denken, während ein Inferno seine Welt in den Untergang riss?
    Also erhob er sich wieder in die Lüfte. Die Muskulatur seiner Flügelansätze schmerzte, doch er ignorierte es. Er musste nach Hause, zurück in die Wabenstadt, um jeden Preis, koste es, was es wolle.
    Je näher er kam, umso mehr quälte ihn eine furchtbare Gewissheit, an der alle Durchhalteparolen nichts änderten: Niemand war mehr am Leben, denn obwohl er in der Ferne schon die Quadrate der Bewässerungsrohre sah, hörte er

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