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PR 2645 – Die Stadt ohne Geheimnisse

Titel: PR 2645 – Die Stadt ohne Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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Terrania könnte etwas mehr Schutz für seine Kinder vertragen.«
    »Schutz«, echote der Mann. Er massierte sich die Schläfen. »Ein menschlicher Begriff für eine Menschenwelt. Wir sind nicht in Terrania.«
    Natürlich waren sie nicht in Terrania. Routh wollte schon antworten, dass Anboleis weit entfernt von Terra lag. Da wurde ihm plötzlich klar, dass diese Stadt mit ihren Terrassen, mit ihrem Kanal und der Heerschar von Skulpturen nicht Anboleis sein konnte.
    Und die Sonne? Wo war der konturenlose Fleck der Sonne Banteira?
    »Wir sind nicht auf Gadomenäa«, stieß er hervor. »Wo sind wir?«
    »Das ist nicht ganz leicht zu sagen«, antwortete der Mann. »Schließlich weiß ich nicht, was und wo Gadomenäa ist. Möglicherweise bist du aber noch dort.«
    »Und du? Und wir?«
    »Tja«, sagte der Mann.
    »Ist das ein Traum?«, fragte Routh.
    »Nein«, sagte der Mann. »Es ist kein Traum. Sieh dich um.«
    Als würden ihm erst in diesem Moment die Augen geöffnet, entdeckte Routh die Fremdartigkeit der Geschöpfe, die er – wie lange eigentlich? – beobachtet hatte. Sie ähnelten Käfern; ihre langen, schmalen Rückenschilde schimmerten in einem metallischen Grün, in dem, die Sonne reflektierend, hin und wieder ein goldener Glanz aufblitzte.
    Die Schilde waren mit Intarsien versehen, mit bunten Steinen oder Schuppen, die ein jeweils individuelles Muster bildeten. Routh konnte nicht ersehen, ob es sich bei diesen Intarsien um künstliche Einlegearbeiten handelte oder ob die Rückenschilde von Natur aus diese Zeichnungen trugen.
    Der kaum faustgroße Kopf pendelte in weiten Bogen auf einem s-förmig gebogenen Hals, der Routh groteskerweise an die Kurbel einer archaischen Kaffeemühle erinnerte, wie sie in Terrania vor einigen Jahren wieder in Mode gekommen war. Um den Äquator des Kopfes zog sich ein ganzer Kranz von Augen. Ein Mund dagegen war nicht zu sehen.
    Auf einigen der Rückenschilde hockten Kreaturen, die wie die verkleinerten Ausgaben der Käferwesen wirkten. Routh erschrak, als er begriff, dass diese Miniaturen mit den großen Schilden fest verwachsen waren.
    »Interessant, nicht wahr?«, meinte der Mann.
    »Was sind das für Wesen?«, fragte Routh.
    »Sie nennen sich Chaom ingichiy chaodhas buchesgha. Chaom sollte genügen.«
    »Was tun sie hier?«
    »Sie leben«, sagte der Mann. »Sie essen, sie schlafen, sie gehen ihren Vergnügungen nach, sie forschen, lehren, lernen, sie begeistern sich.«
    »Das klingt menschlich«, sagte Routh.
    »Ja«, sagte der Mann. »Darin ähneln sie den Menschen. Aber es gibt auch Unterschiede zwischen ihnen und uns. Beträchtliche Unterschiede, möchte ich meinen. Und dabei denke ich nicht an die andersartigen Körperformen. Was fällt dir auf?«
    Der Mann streckte den Arm aus und wies nach unten. Im Kanal trieben Hunderte, vielleicht sogar Tausende Chaom. Meist schwammen sie jeder für sich; immer wieder gab es aber auch Gruppen, zusammengehalten von leuchtenden Schnüren.
    Der Kanal war breit, bestimmt vierhundert Meter, wenn nicht mehr. Einmal schwamm ein Schiff den Kanal hinunter, lang und schmal und ohne Aufbauten. Auf der ebenen Ladefläche nichts als ein einziger Kubus, höchstens fünf Meter lang, zwei Meter hoch und breit. Der Container war aus schwarzem Glas gefertigt. In seinem Inneren irrlichterte es grüngolden.
    Die Chaom wichen dem Schiff aus. Sie hielten, wenn es sie passierte, mit allen Schwimmbewegungen inne und wippten leicht auf der sich ausbreitenden Bugwelle. Routh meinte, die Ehrfurcht der Chaom vor diesem Gebilde zu spüren wie einen Windhauch.
    Da war noch etwas. Routh kniff die Augen zusammen. Täuschte er sich?
    »Das Wasser fließt in zwei verschiedene Richtungen«, sagte er. »Die eine Seite strömt flussauf, die andere flussab.«
    Der Mann lächelte. »Ein Effekt ihres Kanalbausystems. Turbinen, eine transparente Scheidewand inmitten des Kanals. Du solltest das Kanalsystem der Stadt sehen – etwas so Kompliziertes habe ich selten zu Gesicht bekommen. Sonst noch etwas? Hast du dir die Statuen angesehen?«
    Routh ließ seinen Blick über die Skulpturen schweifen. Einige der Standbilder waren so filigran, so lichtdurchlässig und leicht wie aus Spinnweben gesponnen. Andere wirkten prall und wuchtig, als ob in ihnen Leben pochte, das die Oberfläche der Skulptur sprengen wollte.
    »Die so lebendig wirken, waren meist Kommandanten von Kriegsgewalten – oder von Raumschiffen, würden wir sagen. Von Schlachtschiffen.«
    »Die Skulpturen sind

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