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PR 2646 – Die Tage des Schattens

Titel: PR 2646 – Die Tage des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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sein?«
    »Weiß nicht.«
    »Vielleicht ... Tiere?«
    »Blödsinn. Man kann keine Tiere pflanzen.«
    »Ha, ich schon!«
    »Was denn für Tiere?«
    »Kampfkamele. Richtige Bestien!« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, stieß Toufec ein lautes Gebrüll aus.
    Der neugierige Kleine erstarrte. Seine Augen weiteten sich und füllten sich mit Tränen. Dann plumpste er auf den Hosenboden und heulte los.
     
    *
     
    Eine Maschine schwebte heran, etwa einen halben Meter hoch. Ihr Kopf war aus buntem, glänzendem Kunststoff und einem Nagetier nachgebildet, dem ein einziger Zahn aus der Schnauze ragte.
    Die übergroßen Augen der Maschine blinkten grellorange. »Was ist hier los?«, erklang es aus ihrem Bauch. »Sylvain, belästigt dich der Mann?«
    Roboter lagen Toufec nicht. Er erhob sich und breitete abwehrend die Arme aus. »Wir haben nur geplaudert und gescherzt. Ich wollte deinen Schützling nicht erschrecken.«
    »Aber du hast mich erschreckt!«, schluchzte der Junge trotzig.
    »Wer sich in Dinge einmischt, die ihn nichts angehen, hört Dinge, die ihm nicht gefallen.«
    »Tritt drei Schritte zur Seite«, forderte die schwebende Maschine. »Identifiziere dich. Möglicherweise muss ich diesen Vorfall zur Anzeige bringen.«
    »Oh, ich denke, das musst du nicht. Oder, Pazuzu?«
    »Pazuzu?«, wiederholte der Roboter. »Was soll das bedeuten?«
    »Schon erledigt. Alles in Ordnung, meint Pazuzu. Wir haben keinen Streit miteinander. Jeder von uns geht seiner Wege, und bald ist alles vergeben und vergessen. Nicht wahr, Kleiner, du bist mir nicht mehr böse?«
    »Nein«, schniefte Sylvain. Die Maschine fuhr einen dünnen Arm aus und half ihm auf die Beine.
    »Schau, ich schenke dir noch etwas. Als Wiedergutmachung und Andenken.« Toufec nahm eine Weihrauchharz-Perle aus seinem Säckchen und drückte sie dem Kind in die Hand. »Hier, nimm. Macht dich gerissen. Und ehrfürchtig vor Tier-Plantagen-Besitzern.«
    Zögerlich erwiderte Sylvain das verschwörerische Zwinkern. Dann schloss er den Handschuh fest um das Olibanum und ließ sich, ohne Widerstand zu leisten, vom Roboter mitziehen.
    Es gefiel Toufec nicht, dass ein Mensch, und sei es ein noch so junger, von einer Maschine gegängelt wurde. Aber dies war nun mal eine faszinierend seltsame Welt.
     
    *
     
    Fast zwei Stunden wartete Marrghiz, bis sein Anruf erhört wurde.
    Ihm war bewusst, dass es sich bei der Errichtung einer Kommunikationsleitung zu Chourwayrs um ein technisch aufwendiges Verfahren handelte. Der Explikator hielt sich an Bord eines Nagelschiffes auf, tief in der Sonne. Die Spenta mussten erst die Ephemerfolie entsprechend modulieren.
    Daher zeigte er seine Ungeduld und seinen Ärger nicht, als der Kontakt endlich zustande kam. Das Gespräch würde sich auch so schwierig genug gestalten.
    Marrghiz konnte mit den archaischen Chour wenig anfangen. Sie waren lebende Legenden, Teil einer fast vergessenen Phase in der sayporanischen Geschichte.
    Dieser Chour mit der Eigennachsilbe -wayrs war selbst für die Verhältnisse von seinesgleichen uralt, in doppelter Hinsicht jenseits allen landläufigen Lebens. Das medomechanische Gehäuse, das Chourwayrs umhüllte, ähnelte einem in Längsrichtung aufgeschnittenen Ei. Marrghiz vermochte nicht zu erkennen, wo das Gehäuse endete und der Körper des Greises begann.
    »Ich entbiete dir Gruß und Ehre, Explikator, und bitte um Klartext: Wie stellt sich die Lage unterhalb der Ephemerfolie dar?«
    Was von Chourwayrs Gesicht übrig war, verzog sich zu einer Art mattem Lächeln. »Wie du sicherlich weißt, junger Marr, sind den Spenta schon die Begriffe ›Text‹ oder ›Rede‹ sehr fremd. Und ›Klartext‹ vollends ... Wer oberflächliche, durch Fehlinterpretationen entstellte Information vermeiden will, sondern in die Tiefe, ins Wesentliche des Denkens und Wissens der Spenta vorzudringen wünscht, muss sich bequemen, von sayporanischen Sichtweisen Abstand zu nehmen.«
    Marrghiz ließ die mit brüchiger, nervtötend schleppender Stimme vorgetragene Belehrung über sich ergehen. Nach allgemein vorherrschender Auffassung war Chourwayrs leider unverzichtbar – als einer der wenigen, letzten Spenta-Explikatoren.
    Ohne diese psi-begabten Sayporaner, deren telepathisch-empathische Fähigkeit sich ganz auf den Gedanken- und Gefühlsaustausch mit den Mosaikintelligenzen der Spenta konzentrierte, würden auf deren Kontaktschiffen, den Nagelraumern, keine Sayporaner geduldet werden. Sagte man.
    Marrghiz wusste nicht so recht.

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