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PR 2646 – Die Tage des Schattens

Titel: PR 2646 – Die Tage des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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Vielleicht käme es bloß einmal auf einen Versuch an ...
    Aber dafür waren, das sah er ein, weder Zeit noch Ort geeignet.
     
    *
     
    »Versuche, mein eingeschränktes Begriffsvermögen zu entschuldigen«, schmeichelte er, »und großmütig darauf Rücksicht zu nehmen. Die Spenta operieren immer noch im Sonneninneren. Ist es richtig, dass die Extraktion des Korpus von ARCHETIM Fortschritte macht? Oder gibt es Probleme?«
    »Alles Leben ist belastet und von Schwerfälligkeit durchseucht, sogar das nahezu körperlose Dasein der Spenta. Du machst dir keine Vorstellung, was auf diesem Energieniveau ... Aber nein. Keine Probleme, die sie nicht meistern könnten. Alles fließt weitestmöglich in die erwünschten Netzbahnen. Für euch da draußen vereinfacht übersetzt: Nicht mehr lange und der Leichnam der Superintelligenz liegt lose in der Sonnenmatrix. Wie sagt ihr? Abholbereit.«
    »Wird die Sonne Sol diesen Akt unbeschadet überstehen?«
    Chourwayrs kraftlose Stimme wurde zu einem Krächzen, halb amüsiert, halb empört: »Wo denkst du hin? Niemals würden die Spenta zulassen, dass ein Gestirn Schaden nimmt!«
    Als wäre das so wichtig, dachte Marrghiz, hütete sich jedoch, dies auszusprechen.
    Er wollte Chourwayrs auf keinen Fall gegen sich aufbringen. Denn so viel war klar: Dieser Explikator fühlte sich längst den Spenta mehr verpflichtet als seinem eigenen Volk.
    »Mir liegen Daten vor«, sagte Marrghiz, »die den Besorgnis erregenden Schluss erlauben, dass sich die Zeitabläufe in der Anomalie allmählich, aber unaufhaltsam beschleunigen.«
    »Auch unter dem Begriff ›Zeit‹ subsummieren die Spenta wesentlich andere Phänomenbündel als du«, gab der Greis zurück; widerwillig, schien Marrghiz.
    »Wie auch immer. Könnt ihr ausschließen, dass die raumzeitlichen Zentrifugalkräfte die ganze Anomalie zerreißen, ehe unser Werk vollendet ist? Wäre es nicht dringend geboten, weitere Korpusse in die Matrix einzupassen, um das Kosmische Neuland zu stabilisieren? Chourwayrs, hörst du mich?«
    Der Explikator rührte sich nicht. Sein Bild wirkte eingefroren.
    »Machen wir uns nichts vor, die Zeit drängt!«, insistierte Marrghiz, mühsam seine Beherrschung wahrend. »Auch die Fundstellen Zyorin Zopai, Conybara und Djeenoun konnten noch nicht verwertet werden. Die Leichen der zugehörigen Superintelligenzen wurden nach wie vor nicht geborgen.«
    Keine Antwort.
    »Wie lange wird QIN SHI mit der Zündung warten?«, rief Marrghiz.
    Anstelle des Explikators meldete sich ein Funktechniker und teilte bedauernd mit, dass die Verbindung unterbrochen worden war.
     
    *
     
    Toufec war ein Dieb, ein Räuber und Schmuggler aus Berufung, auch ein erfahrener Händler und Feilscher, der leidenschaftlich gern andere über den Tisch zog.
    Aber er belog, sofern es sich vermeiden ließ, keine Kinder. Er hatte tatsächlich Kampfkamele gepflanzt, im Unterholz jenes Wäldchens am Rand eines der vielen Parks der riesigen Stadt Terrania. Die Saat würde einige Tage zur Heranreifung benötigen.
    Die Zeit des Wartens überbrückte er mit ausgedehnten Besichtigungstouren. Er besuchte, was ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen für Touristen offen stand: Sehenswürdigkeiten, historische Bauwerke, Kunstgalerien, Museen, Raumhäfen. Die dort geparkten, gigantischen Kugelschiffe raubten ihm jedes Mal wieder den Atem.
    Wie konnten Menschen in derartigen stählernen Kolossen reisen, ohne sich selbst darin zu verlieren?
    Toufec suchte das Gespräch mit Leuten verschiedenster Herkunft und Profession. Aber meistens kam nicht viel dabei heraus, egal, ob er sich als unwissender Tor gab oder gezielt provozierte.
    In einer Weinbar lernte er eine Frau kennen, die er in ihre Wohnung begleitete, wo sie einander sexuell erkannten. Da sie gleich darauf in tiefen Schlaf fiel, erfuhr er von ihr rein gar nichts. Zur Strafe stahl er ihr eine hübsche goldene Gemme.
    Auch auf Raufhändel ließ er sich ab und an zwischendurch ein, ebenfalls ohne sonderlich erhellende Folgen. Dass er den meisten Gegnern dank seiner Kenntnisse und Ausrüstung überlegen war, wusste er bereits.
    Einmal unterhielt er sich immerhin fast drei Stunden lang recht angeregt mit einem Barbier. Das war in einem Laden, in dem komischerweise sowohl Haarschnitte als auch Kleidungsstücke, Genussmittel, Bücher und sogar Ritualwaffen angeboten wurden.
    Der Barbier war ganz wild darauf, ihm den Bart zu stutzen, doch das ließ Toufec nicht zu. »Mein Bart ist meine Natur, und die ist, wie sie ist,

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