PR 2649 – Die Baumeister der BASIS
Nichts entstanden. Es verändert die Struktur des Bodens, verwächst mit ihm, sorgt für weitere Umwälzungen und Umformungen. Und schon erscheint eine weitere Maschine, an deren Außenfront sich riesige Zahnräder drehen, wie Relikte aus einer längst vergangenen Zeit.
Ich nehme die Beine in die Hand, verfolgt von den Veränderungen. Ich kann sie riechen und spüren, sie sind greifbar. Hier ist nichts mehr so, wie es einst war. Die BASIS, Stolz der Terraner und beinahe ebenso legendär wie das Hantelschiff SOL, wird in diesem Bereich zu etwas ganz anderem.
In letzter Sekunde verlasse ich diesen Wirklichkeit gewordenen Albtraum. Hinter mir klatscht Materie gegen die Ausgangsschotten, verklebt sie und dichtet sie ab. Wo sich eben noch ein Zugang befand, ist nun undurchdringliche Masse, die sich lauwarm anfühlt und rasch erkaltet.
*
»Raphael war ein reines Formenergie-Geschöpf, das von der lunaren Positronik NATHAN erschaffen wurde«, belehrt mich Trasur Sargon nach einem Blick auf sein Multifunktions-Armbandgerät. Es erfüllt längst nicht mehr alle Funktionen; doch der Zugriff auf Archivspeicher ist dem Ertruser nach wie vor möglich.
In aller Gemütsruhe fährt er fort: »Raphael ist erstmals kurz vor dem Sturz des Medaillon-Systems samt Erde und Mond in den Schlund des Mahlstroms aufgetaucht.« Trasur Sargon blickt mich an. »Es handelt sich zweifellos um dasselbe Geschöpf, mit dem auch wir es zu tun haben ...«
»Allerdings gibt es nicht nur einen von ihnen, sondern einen ganzen Stamm.«
Der Ertruser achtet nicht auf meinen Einwurf. »Raphael bestand aus Formenergie. Weder verfügte er über Eigenintelligenz, noch war er dazu in der Lage, seine Substanz aus eigener Kraft zu erhalten.«
»Die Raphaeliten werden also gesteuert. Von wem? Vom Bordgehirn der BASIS, von dem wir seit mehr als acht Wochen nichts mehr zu hören bekommen haben?«
»Mag sein. Aber ich würde das Bild größer sehen: Die BASIS wurde vermutlich von der Superintelligenz ES in Auftrag gegeben. Von einer Wesenheit, die uns wohlgesinnt ist. Wenn sie hinter all den Umwandlungen, diesen merkwürdigen Vorgängen steckt ...«
»... dann brauchen wir bloß an das Gewissen der Raphaeliten zu appellieren, und alles wird wieder gut«, spotte ich.
»Es ist zumindest ein Ansatz.« Sargon gibt sich unbeeindruckt trotz meines Versuchs, ihn zu provozieren. »Wir können diese Wesen körperlich nicht greifen und sie auch nicht be greifen. Offenbar sind sie formenergetische Projektionen oder gar Materieprojektionen.«
»Materie, die sich wie eine solche anfühlt und so aussieht, aber letztlich keine normale Substanz darstellt«, wirft Marie-Louise ein. »Wie die Schohaaken.«
»Die Raphaeliten erfüllen eine Aufgabe und kümmern sich kaum darum, was links und rechts von ihnen geschieht«, führt Sargon seinen Gedankengang zu Ende. »Unser einziges Druckmittel ist es, die neu geformten Aggregate zu zerstören zu versuchen.«
»Und selbst das ist mit gehörigen Risiken verbunden. Ich glaube nicht, dass der Raphaelit weitere Beschädigungen geduldet hätte. Er wollte mich nicht töten – aber er hätte womöglich nichts dagegen gehabt, wenn mir einer dieser riesigen Trümmer auf den Kopf gefallen wäre.«
Wir schweigen. Wir denken nach und suchen nach Ansätzen, wie wir in näheren Kontakt mit den seltsamen Geschöpfen treten können.
Erik Theonta beteiligt sich kaum an der Diskussion. Er wirkt lethargisch. Er ist zu sehr mit sich und seinen Verletzungen beschäftigt. Die drei Jugendlichen plaudern leise miteinander, Gamma Oulhaq hat sich abgesondert und verliert sich in Selbstgesprächen. Daniela steht bloß da und verfolgt unsere Unterhaltung, ohne ein Wort zu sagen.
Es kommt auf Trasur Sargon, Marie-Louise und mich an, Ideen zu entwickeln und Pläne auszuführen.
Ich stehe im Vordergrund! Was für eine seltsame Entwicklung.
Ich bemerke, dass mich die Lebensmitteldesignerin anstarrt, als erwarte sie Entscheidungen. Als wolle sie, dass ich noch mehr Verantwortung übernehme. Mein Magen meldet sich zu Wort. Nicht mit einem Knurren wie die meiste Zeit des Tages, sondern mit einem Gefühl der Wärme. Ich mag es, von Marie-Louise geschätzt zu werden.
Wäre sie mir früher begegnet ...
Ich schiebe diesen lächerlichen Gedanken beiseite. Nichts wäre anders gewesen. Ich bin, wie ich bin. Womöglich hätte ich sie eine Zeit lang an meiner Seite geduldet, um sie irgendwann zu entsorgen.
»Der Raphaelit hat etwas sehr Seltsames
Weitere Kostenlose Bücher