PR 2649 – Die Baumeister der BASIS
Lage. Das ist alles.«
»Wir sind bereits tot«, sage ich und genieße es, dabei zuzusehen, wie jedes meiner Worte wie ein Peitschenhieb auf sie wirkt. »Wir wollen unser Schicksal nicht akzeptieren und wandern weiter, von einer Ecke der BASIS zur nächsten. Wir hoffen, einen Ort der Erlösung zu finden. Ein Elysium. Doch da ist nichts. Auf uns warten bloß Ärger, Frust und weitere enttäuschte Hoffnungen.«
»Danke für diese überaus optimistischen Worte.« Marie-Louise schüttelt zornig ihr Haar aus. »Hast du denn auch Vorschläge, wie wir unsere Situation verbessern könnten?«
»Kämpfen. Wir sollten die Xylthen töten und uns ihrer Nahrungsmittelvorräte bemächtigen. Sie sind womöglich noch geschwächter als wir und haben mehr als die Hälfte ihrer Leute verloren. Das würde uns ein wenig Zeit erkaufen, die wir damit zubringen könnten, durch diese Wunderwelt zu laufen und uns an ihrer Schönheit zu erfreuen.«
Es tut so unendlich gut, sie zu reizen und zur Weißglut zu treiben! Diese kleinen, bösen Spielchen machen, dass ich das Leben noch immer als ein klein wenig lebenswert empfinde.
»Was hältst du von der Idee, uns mit ihnen zu verbünden? Wir könnten uns frei bewegen.«
Schade. Sie gibt mir diesmal nicht die Genugtuung, im Gesicht rot anzulaufen und mich anzuschreien wie so oft. »Ich halte gar nichts davon. Sie würden uns bei nächstbester Gelegenheit in den Rücken fallen.«
»Du schließt von dir selbst auf andere.«
»Selbstverständlich! Es gibt nichts Dümmeres, als einem Feind zu vertrauen.«
»Na schön.« Sie winkt ärgerlich ab. »Hast du sonst noch Vorschläge?«
»Vertraust du etwa nicht mehr auf die Führungsqualitäten unserer beiden umsichtigen und fehlerlosen Anführer?«
Sie schweigt, und das ist mir Antwort genug.
»Interessant. In den Stunden der Not zählt auf einmal auch die Meinung eines Diebes, Mörders und Vergewaltigers. Eines Menschen, mit dem man sonst nichts zu tun haben will.«
»Du bist das widerlichste Stück Dreck, das mir jemals untergekommen ist«, sagt Marie-Louise leise, bevor sie sich abwendet. »Ich wünsche dir einen langsamen und schmerzhaften Tod.«
»Ach ja?«, rufe ich ihr nach, während sie davonstapft, den anderen Mitgliedern unserer kleinen Gruppe hinterher. »Wir beide sind längst Bestandteil dieses Wunsches. Ein Happy End ist was für Leute, die an billige Trivid-Serien glauben. Unser Tod wird schlimmer sein, als du dir ihn in deinen schlimmsten Albträumen vorgestellt hast!«
Marie-Louise beschleunigt ihre Schritte. Sie will mich nicht hören, will die Wahrheit nicht hören.
Als sie während der nächsten Nachtruhe zu mir unter die Decke schlüpft, um sich in all ihrer Verzweiflung und all ihrer Wut an mir abzureagieren, verlieren wir kein Wort über die vorangegangene Unterhaltung. Wir sind unendlich froh, mit unserer Leidenschaft zu spüren, dass wir noch am Leben sind.
*
Meine Nackenhaare stellen sich auf. Ich fühle Kälte, wo keine sein dürfte.
Ich bleibe stehen und sehe mich um. Da ist nichts – und im nächsten Moment steht einer der seltsamen neuen Herren der BASIS vor mir.
Ich stelle mich dem Mann im Mantel in den Weg. Sie sehen sich allesamt ähnlich – und unterscheiden sich doch in Kleinigkeiten. Der eine hat tiefe Augenringe, der andere den Ansatz eines Bäuchleins, die Hände des Dritten zittern leicht. Dieser da trägt eine zentimeterlange Narbe an der rechten Schläfe.
Er umrundet mich, und als ich ihn überhole und mich wieder vor ihm hinstelle, schiebt er mich sanft, aber nachdrücklich beiseite, ohne mich auch nur eines Blicks zu würdigen.
Trasur Sargon erfährt eine ähnliche Behandlung. Was auch immer wir sagen, was auch immer wir tun – es hat keinerlei Auswirkung auf das Verhalten dieser seltsamen Geschöpfe.
Ich blicke Marie-Louise an. Tränen der Wut – oder der Verzweiflung? – stehen in ihren Augen. Sie dauert mich. Sie rührt etwas in mir, was ich schon lange vergessen geglaubt habe.
Das Wesen beginnt mit roboterhafter Gleichgültigkeit an einem Terminal zu arbeiten, das eben noch nicht da war. Ich winke meinen Begleitern, den Raum zu verlassen, so rasch wie möglich. Sie gehorchen. Selbst Trasur Sargon, der völlig verunsichert wirkt. Ich bleibe allein zurück.
Es geschieht, was wir bereits mehrmals beobachtet und erlebt haben: Substanz wird aus dem Raum abgezogen. Waren, Einrichtungsgegenstände und Wände landen in energetischen Blasen und werden dort zu etwas Neuem
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