PR 2652 – Traum der wahren Gedanken
legen. Tormanac war sicher, dass es ab und zu überraschende Verhaftungen gab, denn Mapoc ließ unliebsame Personen garantiert nicht frei herumlaufen. Das tat niemand mit autokratischer Macht. Auch auf Arkon I gehörte das zum Alltagsbild, wieso sollte es auf Travnor anders sein? Deshalb hielten die Nachbarn sich gewöhnlich heraus, wenn es nebenan ein bisschen Getöse gab.
*
Tormanac überlegte, wie er Herm Porlt aus seiner Wohnung locken könnte. Mit einem Anruf, um ihm ein Angebot zu machen; aber mit oder ohne Bildkontakt? Worauf würde er am ehesten reagieren?
»Wenn er dich sieht, wird er in Panik geraten«, sagte Ghlesduul spöttisch. »Also besser ohne Bild und verstellt.«
»Dann bitte ich ihn um ein vertrauliches Gespräch im Zuge der Umgestaltung der Fabrik, wie klingt das?«
Sie hatten sich erkundigt: Auch bei Porlts Arbeitsstelle wurden kräftig Stellen abgebaut und Unither auf die Straße gesetzt.
Ghlesduul hatte sich in die Kontakte der Unither-Siedlung gehackt und herausgefunden, dass es bei den Rüsselwesen gewaltig kochte. Sie hatten tatsächlich eine Gewerkschaft gegründet und waren dabei, eine Strategie im Kampf gegen den Akkat-Konzern zu entwerfen. Da hatten sie sich etwas vorgenommen.
Für die meisten ging es um die Existenz. Und auch um die Würde. Der Hass gegen die Sklaverei brodelte wieder hoch, und das konnte Tormanac ihnen nicht verdenken. Er hätte sich gern ein wenig um sie gekümmert, aber zu diesem Zeitpunkt wäre das kaum diplomatisch gewesen, da er sich mit Mapoc gut stellen musste.
Es dauerte eine Weile, bis Herm Porlt den Anruf endlich annahm. Als er sah, dass der Anrufer kein Bild aktiviert hatte, desaktivierte auch er den Sichtkontakt. Tormanac hatte dennoch in den zwei bis drei Millitontas gesehen, dass der Mann Angst hatte. Er sah zudem äußerst übernächtigt und graugesichtig aus. Zum Attentäter war er offenbar nicht geboren.
Mit dem Stimmenverzerrer versuchte Tormanac den Gruppenleiter aus der Wohnung zu locken. Er sprach über die Umstrukturierung, neue Perspektiven, doch Herm Porlt lehnte ab. Er war nicht bereit, seine Wohnung zu verlassen, jetzt nicht und morgen nach Dienstschluss auch nicht.
»Es geht um deine Zukunft«, sagte Tormanac. »Denk an deine Familie.«
Daraufhin trennte Herm Porlt die Verbindung.
»Der ist wirklich selten dämlich«, stellte Tormanac fest. »Diese Warnung hätte normalerweise jeder Idiot kapiert, dem man das halbe Gehirn entfernt hat. Jetzt müssen wir da rein und seine Familie erschrecken.«
»Sich hinter Angst zu verschanzen ist nicht Erfolg versprechend«, brummte Ghlesduul. »Und anzunehmen, ein Trichterbau wäre sicher wie eine Festung, noch weniger.«
Tormanac hatte die Haare im Nacken zu einem kunstvollen Knoten zusammengebunden. Er trug eine dunkelgraue Kombination, die ganz normal aussah, es aber in sich hatte. In den Ärmeln waren winzige Hightech-Bausteine versteckt, die sich mit Ghlesduuls Anzug vernetzen konnten und die Leistung seines Systems verstärkten. Auch in seinen Stiefeln mit dickem Profil waren ein paar »nützliche Utensilien« untergebracht.
Als Ghlesduul daher in einem passenden Moment den Deflektorschirm aktivierte, weitete er sich auf Tormanac aus, und zwar so, dass jeder für sich agieren konnte, ohne dass sie unmittelbar nebeneinanderstehen mussten. Tormanac besaß zwar auch eigene kleine Systeme, doch die waren energieaufwendig und nicht so leistungsfähig wie Ghlesduuls Superanzug-Einheit.
In einem einfachen Mehrparteienhaus wie diesem gab es keinen Pförtner. Der Sicherheitszugang wurde mit dem Überrangkode ausgeschaltet, über den der Arkonide und der Naat dank Bostichs Freigabe verfügten und der überall im Imperium gültig war.
Innerhalb weniger Augenblicke betraten sie den Khasurn, fanden heraus, wo sich Herm Porlts Wohnung befand. Sobald sie die Etage erreicht hatten, aktivierte Ghlesduul die Funkstörung. Wahrscheinlich würde sich niemand allzu große Gedanken darüber machen, denn vorübergehende Netzstörungen kamen in großen Wohnanlagen durchaus vor. Und sie hatten ja nicht vor, lange zu bleiben.
Der Zeitpunkt war gut gewählt – alle waren zu Hause, mit Nahrungsaufnahme, Trivid und Familie beschäftigt, oder entspannten sich. Später würden sie ausgehen, doch im Moment war die Gefahr sehr gering, dass jemand den beiden begegnete. Dennoch blieben sie unsichtbar, denn ein paar Zeugen ließen sich nicht vermeiden.
Die Tür lag am Ende des Gangs. Es waren konventionelle
Weitere Kostenlose Bücher