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PR 2656 – Das Feynman-Kommando

PR 2656 – Das Feynman-Kommando

Titel: PR 2656 – Das Feynman-Kommando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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hob die rechte Hand und präsentierte ihr seine leere Handfläche. Dann drehte er die Hand und zeigte den Handrücken: ebenfalls leer.
    »Die einfachen Tricks sind immer die besten«, sagte er, drehte die Hand im Gelenk, und – siehe da! – im Handumdrehen hielt er eine kleine Scheibe aus Silber zwischen Daumen und Zeigefinger. »Weißt du, was das ist?«
    »Eine Münze«, sagte Eghoo. »Ein archaisches Zahlungsmittel.«
    Riordan nickte anerkennend. »Eine Silbermünze. Sie wiegt eine Feinunze, das ist ein archaisches Maß: 31,1 Gramm.«
    Eghoo nickte. Sie warf ihren Kollegen einen Blick zu, schaute kurz zu der schweigsamen Ferronin, dann wieder zu Noor.
    Noor hob fast unmerklich die Schultern, ratlos wie Eghoo selbst: Was sollte diese Belehrung? Warum gab Riordan in diesen Redaktionsräumen den billigen Taschenspieler?
    Fydor Riordan hielt die Münze nun zwischen Daumen und Zeigefinger, trat aber nicht näher an Eghoo heran, sodass sie nicht alle Einzelheiten sehen konnte. Immerhin erkannte sie, dass die Seite, die Riordan ihr darbot, nicht nur mit Schrift- und Zahlenzeichen versehen war.
    »Das ist ein Drache«, erklärte Riordan. »Die Münze stammt aus der Frühzeit des Solaren Imperiums, aus dem Jahr 2096 alter Zeitrechnung. 2096 war ein Jahr des Drachen, das dazugehörige Element war das Feuer.«
    Eghoo zog die Brauen zusammen.
    »Du bist mit altchinesischen Sternzeichen vertraut?«, fragte Riordan munter und gut gelaunt.
    »Nein«, sagte Eghoo. Ihre Stimme klang eigentümlich fremd, hohl.
    »Die im Zeichen des Drachen Geborenen gelten als exzentrisch, aber auch als energiegeladen. Sie strahlen Selbstvertrauen aus und streben nach Gerechtigkeit. Strebst du nach Gerechtigkeit, Phaemonoe Eghoo?«
    Eghoo schwieg.
    »Gerechtigkeit«, sagte Riordan gedehnt. Das Wort zerfiel, wie er es aussprach, in sinnlose Brocken. Er nickte der Ferronin zu. »Wollen wir Gerechtigkeit üben?«
    Die Ferronin antwortete nicht. Aber eine neue Aufmerksamkeit war in ihren Blick getreten, beinahe ein Lauern.
    Eghoo erschrak. Es ist nicht gut, wenn ich mich so passiv verhalte, dachte sie. Ich bin in Gefahr.
    Aber was sollte sie tun? Sich umdrehen und aus dem Raum fliehen? Etwas hielt sie davon ab. Diese unerklärliche Lähmung. Oder war das nur ihre Überzeugung, dass der TLD-Mann sie keineswegs gehen lassen würde? Wozu hatte er sonst die beiden TARAS mitgebracht, die völlig lautlos, regungslos und deswegen nur umso bedrohlicher an Ort und Stelle schwebten, unverrückbare Monumente der Macht Riordans?
    Riordan blickte Kekolor in die Augen und hob den Zeigefinger seiner linken Hand. »Nun horch!«
    Was soll sie horchen?, wunderte sich Eghoo.
    Riordan hielt die schwere Silbermünze nun in der Hand wie einen flachen Stein, den er übers Wasser springen lassen wollte. Er holte aus und warf. Eghoo sah die Münze nicht fliegen; sie spürte nur einen Schlag gegen ihre Schläfe, ein kurzes, merkwürdig knöchernes Klopfen.
    Sie öffnete den Mund. Die Welt wurde fahl und körnig, konturenlos wie Brei. Verwundert bemerkte sie, dass sie kniete, den Oberkörper zurückgebogen, das Gesicht nach oben. Ein Geräusch wie ein müder Wind, ein endloses Ausatmen. Sie versuchte, den Atem umzukehren, noch einmal in ihrem Leben Luft zu schöpfen, aber das misslang.
    Ein Mann war bei ihr, nah und reglos. Er beugte sich mit aufmerksamem Gesicht über sie.
    Sie wollte einen Gedanken fassen, irgendeinen, aber alles entglitt ihr.
    Die eine Hand des Mannes lag an ihrem Hinterkopf, die andere umfasste ihren Kiefer.
    »Heb danach die Münze auf«, bat er höflich.
    Danach?, dachte Eghoo noch.
    Dann brach er ihr das Genick.
     
    *
     
    Ve Kekolor stand wie erstarrt und lauschte. Ihre Lippen bebten leicht.
    Noor und die anderen Mitarbeiter vom SIN-TC regten sich nicht.
    Das ist ein Albtraum, dachte Noor. Eine Höllenfahrt, wie sie nur ein Trauminduktor ihn inszenieren konnte.
    Eine Medobox löste sich von der Wand, entfaltete ihre vier dünnen Arbeitsarme und huschte auf einem leise summenden Prallfeldkissen auf Eghoo zu.
    Noor befürchtete schon, Riordan würde den TARAS nun den Einsatzbefehl geben. Aber er blieb auf seinem Platz und beobachtete das Geschehen nur.
    Die Box ließ sich neben Eghoo auf den Boden sinken. Einer ihrer Arbeitsarme legte sich über die Nase Eghoos; Noor sah, wie zwei feine Fühler aus dem Arm hervor- und hinein in die Nasenlöcher glitten. Ein anderer Arm teilte sich mehrfach; seine Gliederungen betasteten die Brust, den Nacken, die

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