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PR 2656 – Das Feynman-Kommando

PR 2656 – Das Feynman-Kommando

Titel: PR 2656 – Das Feynman-Kommando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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für eine Niederfahrt.«
    Talbot griff sich ins Haar und zog etwas heraus – einen Hauch von etwas, ein unbegreiflich feines Gespinst. Er sagte: »Das ist meine Mentalhaube. Wir tragen sie, um uns vor Telepathen und anderen Psi-Begabten zu schützen.«
    Sarmotte nickte. »Wir waren bei der Niederfahrt. Niederfahrt wohin?«
    Talbot sagte: »Zu den tiefsten Niederungen der Wirklichkeit.«
    Er wühlte in einer seiner Taschen und brachte ein winziges Plastiktütchen zum Vorschein. In dem Behältnis steckte ein Fetzen buntes Papier.
    »Es ist ein Flugticket. Oder doch ein Fitzelchen davon.« Er grinste. »Eine Art Talisman.« Er öffnete die Tüte, zog den Papierfetzen hervor, nahm Sarmottes Hand und legte ihr den Fetzen auf die Handfläche. Er war fast gewichtslos.
    Er sagte: »Machen wir uns auf den Weg.«
     
    *
     
    Shanda Sarmotte war eine besondere Telepathin. Sie konnte nicht nur die Gedanken anderer Menschen lesen, sondern deren Wissen ganzheitlich heben wie einen mentalen Schatz. Die Forscher im TIPI, dem Terranischen Institut für Paranormale Individuen, hatten sie als Informationsextraktorin bezeichnet – oder, ein wenig salopper, als Zerebral-Einbrecherin.
    Das war nicht nur wenig charmant, sondern in diesem Fall auch falsch. Schließlich tauchte sie nach Talbots ausdrücklicher Einladung in seinen Geist.
    Talbot hatte die Augen geschlossen. Ich spüre dich nicht, dachte er, scharfkantig artikuliert. Sprich mit mir, wenn du etwa nichts verstehst.
    »Ich verstehe alles, was du verstehst. Denk einfach, woran du denken willst«, flüsterte sie, wie um den Zauber nicht zu brechen.
    Gut, dachte er. Fangen wir an. Ich zeige dir die Nanowelt. Nanos ist ein Wort aus einer alten terranischen Sprache, dem Hellenischen. Es bedeutet Zwerg. Machen wir uns also klein ...
    Ihr war, als stürzte sie auf das Stückchen Papier. Ihre eigene Hand rückte näher, wurde groß und immer größer und zugleich unschärfer. Das Papier füllte ihr gesamtes Gesichtsfeld aus. Dann verwandelte sich das Licht zu einem bloßen Nebel. Sie wusste, dass sie kleiner wurde, in das Papier eindrang. Plötzlich geriet sie in einen Tumult.
    Und erblindete.
    Unsere Augen sind nun kleiner als die Lichtwellen, hörte sie Talbot denken. Unser imaginierter Körper ist nur etwa 50 Nanometer groß. Die Turbulenzen, in denen wir uns befinden, sind die Bewegungen von Luftmolekülen. Die thermischen Erschütterungen blenden wir vorerst aus. Das Nanoreich wäre zu fremdartig, zu unfassbar.
    Ich würde gern etwas sehen, bat Sarmotte.
    Okay. Sehen im Wortsinn können wir natürlich nicht mehr, aber wir können imaginieren. Der Einfachheit halber können wir auch so tun, als imaginierten wir visuell.
    Es wurde wieder Licht. Sie sah sich umgeben von Gebilden, für die ihr die Worte fehlten. Sie ähnelten riesenhaften Reben aus völlig transparenten Trauben oder miteinander verschmolzenen Glaskugeln, von denen jede eigentümlich gefärbt war. Sarmotte hatte keine dieser Farben je gesehen, geschweige denn konnte sie sie benennen.
    Wir sinken tiefer in das Papier ein, informierte Talbot.
    Sarmotte versuchte, eine der durchsichtigen Reben zu erfassen. Sie wirkten magnetisch; je näher sie ihnen kam, desto stärker fühlte sie sich angezogen. Als sie eines der blasigen Gebilde endlich berührte, meinte sie, über einen Ölfilm zu gleiten. Wirklichen Zugriff erhielt sie nicht. Auf molekularer Ebene wird keinerlei Reibung erzeugt, erklärte Talbot. Stell dir vor, was für wunderbare, reibungslos arbeitende Maschinen wir hier unten bauen können!
    Ja, dachte Sarmotte und versuchte sich diesen mikroskopisch kleinen Maschinenpark vorzustellen.
    Sie schwebte an den atomaren Reben vorbei. Sie schwebte? Natürlich, dachte Talbot. Hier unten verliert die Schwerkraft weitgehend ihren Sinn. Sie ist ja die schwächste der vier Urkräfte. – Oh – schau dir das Argon-Atom an! Eine echte Rarität.
    Sarmotte hatte sich oft in der Gedankenwelt anderer Menschen aufgehalten. Selten aber hatte sie dort derart präzise Bilder gefunden wie in der Psyche Talbots. Fast kam es ihr vor, als erlebte sie diese Welt tatsächlich. Sie musste sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass sie sich nicht wirklich im Nanokosmos aufhielt, sondern in der Vorstellung, die Talbot sich davon machte.
    Sarmotte glaubte, ein einzelnes Atom auf sich zuschweben zu sehen. Sie streckte ihre imaginären Hände aus und entnahm Talbot ein Informationspaket: 0,934 Prozent des Volumens der Erdatmosphäre bestand

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