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PR 2658 – Die Stunde des Residenten

PR 2658 – Die Stunde des Residenten

Titel: PR 2658 – Die Stunde des Residenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Themsen
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bestaunt hast? Oder der Falter, dessen Seide Grundlage für den Stoff deines Kleides ist?«
    Anicee hob die freie Hand. »Und wenn ich den Verschlusszustand aufhebe, was passiert dann? Werden die Flottenschiffe dann die utrofarischen Ovoide angreifen und vernichten?«
    »Wir werden uns nur wehren.«
    »Und das soll besser sein?«
    »Zumindest haben wir die Chance zu verteidigen, was uns am Herzen liegt. Viele Terraner würden lieber sterben, als sich ihren freien Willen nehmen zu lassen, damit sie so denken, wie es den Sayporanern genehm ist. – Aber es ist nicht so hoffnungslos, wie es aussieht. Wir haben Aussicht auf weitere Verstärkung. Doch sie könnte zu spät eintreffen, und darum brauchen wir die Flotte. Wenn ihr helft, die Eskalation zu verhindern, werdet auch ihr in dieser Sache nicht allen Einfluss verlieren.«
    Beschwörend hob Bull die Hände. »Anicee – wenn du den Verschlusszustand nicht bald aufhebst, werdet ihr als Marionetten auf einem verdorrten und verwüsteten Planeten über ein gefesseltes und geknebeltes Volk herrschen. Ist es das, was ihr wollt?«
    Die Sprecherin hob den Blick. Ihre Miene war ebenso schwer zu entschlüsseln wie die eines Sayporaners. Bull sank das Herz.
    »Wir alle haben gehört, was du zu sagen hattest«, sagte sie. »Wir werden jetzt darüber beraten, und ich werde nach dem Beschluss des Rates verfahren. Bitte, lass uns so lange allein!«

8.
    Lichtblicke
     
    Remidodoso zitterte. Mit zugekniffenen Augen schmiegte er sich in die Astbeuge und plusterte sich, so stark es ging.
    Sein Magen knurrte, doch in der Dunkelheit zu fliegen hieß, den Tod herauszufordern.
    Wie sollte er auch etwas zu essen finden? Wenn nicht ein Falter direkt in seinen Schnabel schwirrte, gab es in der Nachtschwärze keine Möglichkeit, im Flug etwas zu fangen. Blind herumzupicken brachte ebenfalls nicht viel. Er musste sehen, wo die kleinen Leckerbissen heraushasteten, um sie zu erhaschen.
    Allerdings würde ihm bald nicht viel anderes mehr übrig bleiben, als auf sein Glück zu hoffen. Vielleicht fand er ja noch ein paar der toten Happen, die er bislang verschmäht hatte. Wenn er gegen die Rinde klopfte, war in letzter Zeit mehr von diesen hervorgerieselt, als er an Lebendem hatte hervortreiben können.
    Aber auch das musste er sehen, um es zu finden.
    Remidodoso drückte sich enger an den Stamm. In seinem kleinen Kopf drehte es sich. Alles war seltsam und falsch.
    Plötzlich änderte sich etwas. Er hätte nicht sagen können, was es zuerst anzeigte – ein Hauch von Wärme auf seinem Gefieder, das leise Knistern des Schnees oder ob ein schwaches Licht seine Augenlider durchdrungen hatte.
    Er öffnete die Lider einen Schlitz. Das plötzliche Licht blendete ihn. Es war ein rötliches Licht, schwächer, als es sein sollte, doch das war es schon länger gewesen. Das Fehlen eines Morgengrauens irritierte ihn nur kurz.
    Mit einem Ruck schüttelte Remidodoso den kalten Schnee von seinem Gefieder. Er reckte den Kopf, ebenso wie Hunderte weitere seiner Art in der grünen Insel.
    Das Morgenlied begann.
     
    *
     
    »Auf Pazuzu ist eben Verlass.«
    Shanda Sarmotte sah in Toufecs grinsendes Gesicht. Irgendwie hatte er es geschafft, eine Rußspur quer über die braune Haut zu bekommen. Und etwas hing in seinem Haar, was vorher nicht sichtbar gewesen war: ein feines Gespinst, das in dem meist zerzausten Haar einfach unterging.
    Auf der anderen Seite des Schutzschirmes gab es eine Explosion. Einer der TARAS in der Vorhalle war unter konzentriertem Beschuss vergangen, aber sie konnte nicht erkennen, zu welcher Seite er gehört hatte.
    »Und jetzt?«
    Ihr Blick tastete die Rücken der Kommandosoldaten ab. Sieben waren es noch, die den Eingang zu dem Bürotrakt verteidigten, in dem sie sich verschanzt hatten. So hatten sie Toufec die Zeit verschafft, die sein »Wüstengeist« brauchte, um den direkt über ihnen liegenden dritten Schirmfeldprojektor auszuschalten.
    Mracin und Velmont waren gefallen; der eine schon bei ihrem ersten Aufeinandertreffen mit den Fagesy, der Zweite, als sie in Ebene 41 unter massives Feuer geraten waren. Eisler und Intutu waren schwer verletzt in der untersten Museumsebene zurückgeblieben, zusammen mit Okamei, deren Anzug beschädigt worden war und den Großteil seiner Funktionen eingebüßt hatte.
    Die Kämpfe waren hart gewesen. Teile waren an Shanda vorbeigezogen wie ein zu schnell abgespieltes Trivid, gefolgt von langen Phasen unsicheren Wartens oder hastiger Weiterbewegung.

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