PR 2662 – Kaowens Entscheidung
liegt.«
»Kollaron ...«
»Auf alle Fälle in Kollaron-Viibad. Aber noch arbeiten Orter und Taster nicht zuverlässig.«
Mit anderen Worten: Sie wussten nicht, wo sie waren.
Mühsam rappelte sich der Protektor auf. Ein halbes Dutzend Siebenergruppen standen in dem weiten Rund der Zentrale verteilt. In Windeseile analysierten die Badakk die entstandenen Schäden und arbeiteten Reparaturpläne aus. Kaowen lauschte den immer wieder halblaut in den Raum geworfenen Bemerkungen.
Die RADONJU war eingeschränkt flugfähig. Die Wucht der Gravitationsphänomene hatte sie zusammengestaucht und eine Reihe Primärsysteme zerstört. Immerhin war sie nicht auseinandergebrochen.
Ein Albtraum war es aber auch nicht gewesen, was er in Erinnerung hatte. In einem Zustand zwischen Bewusstlosigkeit und Wachsein hatte er den Untergang der KOLLARON DREI miterlebt.
Wenigstens gab es einen Lichtblick. Die Steuerautomaten funktionierten alle noch, und das tätowierte Auge tauchte in regelmäßigen Abständen vor ihm auf und musterte ihn.
»Rapport!«, verlangte Kaowen. Seine Gedanken klärten sich nach und nach.
»Unser Geschwader hat sich um die Hälfte verringert«, meldete der Adjutant. »Vier Schiffe sind in die Werft gestürzt und verglüht, sechs andere explodiert, bevor sie den Schlund erreichten.«
War es das, womit QIN SHI gerechnet hatte? Dass es angesichts der hyperphysikalischen Erschütterungen zur Bildung eines Hypersturms oder gar eines Tryortan-Schlunds kam und die Invasionsflotte auf diese Weise dezimiert wurde? Oder war er aus Sorge um ihre eigene Sicherheit geflohen?
Kaowens Gedanke, hier einen wunden Punkt der Superintelligenz QIN SHI entdeckt zu haben, wurde von dem diensthabenden Offizier der Ortungsabteilung unterbrochen.
»Wir haben die Flotte geortet und erkennen den Standort der Werft«, meldete der Xylthe.
»Versucht trotz der Störungen durch den Hypersturm eine Funkverbindung mit den Schiffen herzustellen«, sagte der Protektor. »Und findet die Einheiten unseres Geschwaders!«
Soweit es sich mithilfe der Hyperortung inzwischen erkennen ließ, blieb die Anomalie stabil. Der Tryortan-Schlund und der Hypersturm hingegen hatten sich ebenso aufgelöst wie das Chaos in der Werft. Die glutflüssigen Reste breiteten sich mit geringer Geschwindigkeit aus. Die Anomalie hing in unmittelbarer Nähe darüber und behielt den Abstand zum Magma bei.
Kaowen hielt es für denkbar, dass die Anomalie ihre Stabilität dem Durchgang QIN SHIS verdankte. Hätte sich die schwarze Kugel aufgelöst, würde es nichts mit der Invasion von Escalian werden.
Und dieses Ziel genoss bei der Superintelligenz offenbar oberste Priorität, noch vor dem Multiversum-Okular und dem Anzug der Universen.
Wieder lauschte er in sich hinein, ohne etwas zu entdecken. QIN SHI war nicht mehr in der Nähe, er hatte auch nichts hinterlassen außer diesem undefinierbaren Gefühl. Irgendetwas musste da sein, ein letzter Befehl etwa, an den Kaowen sich nicht erinnerte.
Er versuchte, die Kristallkugeln zu orten. Ihre Hyperechos waren schlechter zu erkennen als das der Anomalie. Aber sie existierten nach wie vor. Und es kamen noch immer Schiffe an. Sobald der stete Strom versiegte, war die Flotte vollzählig. Dann würde Kaowen sie durch die Anomalie nach Escalian führen, wo das hyperphysikalische Gegenstück zu der schwarzen Kugel existierte. Diese Galaxis gehörte zu einer anderen Mächtigkeitsballung, dem Herrschaftsbereich einer weiteren Superintelligenz.
Kaowen sah die nächsten Stunden präzise wie in einem Film vor sich. Sobald das Schiff repariert war, würde er zum Sammelpunkt fliegen. Und dann nichts wie auf nach Escalian.
Ein völlig anderer, bisher unbekannter Gedanke tauchte übergangslos in seinem Bewusstsein auf: Du musst nach Shikaqin, nicht nach Escalian!
QIN SHIS letzter Befehl für ihn lautete, nach Shikaqin zu fliegen. Die Frage, wer dann die Invasionsflotte für Escalian befehligte, schien sich nicht zu stellen. Die Superintelligenz ging vermutlich davon aus, dass er bis dahin wieder zum Standort der Anomalie zurückgekehrt war oder in Escalian wieder mit der Flotte zusammentraf.
Shikaqin-Viibad, der Ort des Grauens und des absoluten Chaos. Die physikalischen Gegebenheiten färbten auf die dort wohnenden Völker ab. Shikaqin-Viibad war die Hölle, hieß es.
Kaowen ging zu seinem Sessel und ließ sich in die Polster sinken. Er schloss die Augen, genoss das Gefühl feuchter Augäpfel, die nicht juckten, und entspannte sich
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