PR 2662 – Kaowens Entscheidung
in den Flotten jede Menge vernünftige Kommandanten und Offiziere gab. Aber es liefen auch Starrsinnige herum und Egozentriker, die sich in ihrer bisherigen Laufbahn noch nie einem anderen Xylthen gegenüber hatten rechtfertigen müssen. QIN SHI gegenüber natürlich, aber das war etwas anderes.
Der Protektor versuchte erst gar nicht, am Ehrgefühl dieser Xylthen zu kratzen. Wenn er sie durch Worte nicht überzeugen konnte, dann vielleicht durch Fakten. Diese standen ihm in genügender Anzahl zur Verfügung. Er schickte alle aussagekräftigen Aufzeichnungen an die vielen tausend Schiffe. Sie dokumentierten seinen Einsatz für QIN SHI und seine Befähigung als Oberkommandierender.
Das Echo hielt sich in Grenzen. Ein paar hundert Xylthen unterstellten sich seinem Kommando. Andere, die ihre Loyalität bereits bekundet hatten, meldeten sich nicht. Die Ortung meldete eine Reihe kodierter Funkbrücken und dokumentierte die Kommunikation seiner Gegner.
Kaowen machte sich nicht die Mühe, die Funksprüche zu entschlüsseln. Er bereitete den Text für eine Einladung vor und schob sie Lywena in dessen Terminal.
»Wir räumen eine der Hallen in der Bughalbkugel, damit für alle Kommandanten Platz ist, die erscheinen wollen.«
Der Adjutant schickte die Botschaft ab. »Protektor Kaowen, Oberbefehlshaber der QIN-SHI-Garde, bittet zu einer Konferenz um die Mittagszeit des morgigen Tages.«
Während der ein wenig gestelzt formulierte Funkspruch hinausging, befasste sich Kaowen in Gedanken wieder mit QIN SHI und der Reaktion der Flottenverbände. Bisher hatte sich kein Kommandant dazu geäußert, woher seine Informationen stammten.
Kaowen schloss aus, dass QIN SHI hier gewesen war. Die Superintelligenz hatte die Anomalie durchquert und war im Gegenstück in der Galaxis Escalian herausgekommen. Ohne Umweg.
Oder vielleicht doch?
Nach und nach löste sich das Chaos aus Raumschiffen auf. Ein Teil der ursprünglichen Verbände fand sich wieder zusammen, während andere ihren Flug aus Shikaqin-Viibad hinaus nach Zasao fortsetzten. Kaowen überlegte, ob er sie aufhalten sollte, und entschied sich dagegen. Er konnte sie verschmerzen, und irgendwann würden sie zurückkehren. Wenn QIN SHI sie nicht gerufen hatte, würde die Superintelligenz nicht zögern, die abtrünnigen Kommandanten für ihren Ungehorsam zu bestrafen.
Noch immer vermochte Kaowen den Widerspruch nicht aufzulösen. Stammte die Information von QIN SHI, hätte die Superintelligenz die Wachflotten auch gleich über den Auftrag des Protektors informieren können. Stammte sie nicht von ihr, woher wussten die Raumfahrer es dann?
Mit versteinerter Miene nahm Kaowen zur Kenntnis, dass die ersten hundert Absagen auf seine Einladung eingetroffen waren.
*
Roboter säumten die ovale Halle. Vier Wandsegmente standen offen, dahinter ragten die Projektorspiralen für den Schutzschirm auf. Noch waren sie abgeschaltet. Würde auch nur einer der Kommandanten eine Waffe ziehen, baute sich das Schirmfeld blitzschnell auf und teilte die Halle in zwei Abschnitte.
Auf weitere Vorkehrungen verzichtete Kaowen bewusst. Martialisches Gehabe lag ihm nicht. Wenn etwas zählte, war es der Auftrag der Superintelligenz. Der Protektor wusste nur zu gut, dass er da noch etwas gutzumachen hatte. Ob er es jemals schaffen würde, das bezweifelte er. Um die beiden Gegenstände zu beschaffen, hätte er nach Escalian gemusst. QIN SHI war schon dort. Wenn er seine Handlungsweise richtig interpretierte, wollte er selbst in die Hand nehmen, wozu Kaowen nicht imstande gewesen war.
Draußen legten die ersten Beiboote an. Energietunnel bauten sich auf, durch die nacheinander die Kommandanten und Befehlshaber in die Halle schwebten. Eine Automatenstimme kündigte sie an, ein halbes Dutzend Protokollroboter sorgten dafür, dass die Angemeldeten zu ihren Plätzen fanden.
Von den besonders Widerspenstigen ließ sich keiner blicken. Militärs wie Fliepaut oder Thersteg hatten es erst gar nicht für nötig gehalten, auf die Einladung zu reagieren.
Man würde sehen, wer kam. Kaowen beabsichtigte keine sinnlose Diskussion über Befugnisse, sondern eine klare Hierarchie und Strategie im Sinne QIN SHIS.
»Schau dir ihre Gesichter an«, raunte Lywena. »Sie können sich nicht vorstellen, dass ihnen jemand Befehle erteilen kann. Sie scheinen keine besonders gute Ausbildung genossen zu haben.«
»Mit den Jahren und Jahrzehnten hat sie ihr monotoner Dienst faul werden lassen. Faul im Kopf, faul im Körper.
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