PR 2662 – Kaowens Entscheidung
Ein Wachbataillon zu befehligen ist oftmals ein Strafdienst für frühere Verfehlungen.«
»Da hast du es einfacher.«
Kaowen überhörte die Anzüglichkeit. »Nicht mehr«, antwortete er. »Oder nur noch ein einziges Mal.«
Eine einzige Chance hatte QIN SHI ihm gelassen.
Die ersten hundert Kommandanten hatten ihre Plätze eingenommen. Kaowen kommunizierte mit der Zentrale und wies die Offiziere an, die Schirmfelder nach vorn zu erweitern als Zeichen, dass es bald Zeit war, sich einzufinden.
Ein paar Beiboote mehr lösten sich von den Schiffen und näherten sich der RADONJU. Wenn es gut ging, kamen gerade einmal 150 Kommandanten zusammen.
Zu den Letzten gehörten Thersteg und Fliepaut. Ihre Gesichter blieben ausdruckslos, als sie Kaowen erblickten.
Die Portalschleuse schloss sich. Der Protektor ergriff umgehend das Wort. »QIN SHI erleuchtet uns alle. Er tut es auch dann, wenn er nicht gegenwärtig ist. Mich hat er zu euch geschickt, damit ich euch anführe.«
»Uns hat er nichts von deiner Ankunft gesagt«, hielt Thersteg ihm entgegen. »Selbst wenn du dich Oberbefehlshaber der QIN-SHI-Garde nennst, wir müssen deinem Befehl nicht gehorchen.«
»Bisher gehorcht ihr nur euren eigenen Befehlen. Beweist mir, dass sie zu den Wünschen QIN SHIS passen.«
»Du zweifelst, dass er uns gerufen hat?«
»Ihr wisst, dass er Chanda verlassen hat und in die Anomalie gegangen ist. Daraus den Schluss zu ziehen, ihr müsstet euren Wachdienst aufgeben und ihm folgen, ist dumm. Der Oberbefehl über die Invasionsflotten liegt in meinen Händen. Sobald es Zeit ist, werde ich nach Escalian gehen.«
Er brachte es überzeugend vor, obwohl er längst nicht mehr sicher war.
Fliepaut sprang auf. »Wir sind die Wächter des Shikaqin. Wir wissen besser, was zu tun ist, als ein Oberkommandierender irgendeiner Flotte.«
Natürlich wussten sie um die Bedeutung eines Protektors und um seine Vollmachten und Befugnisse. Als Kommandant der QIN-SHI-Garde besaß er in der Materiebrücke unumschränkte Macht. Wer sich seinem Befehl oder seinem Wort widersetzte, war so gut wie tot.
Außerdem war Kaowen schon zu Zeiten ihrer Vorfahren Protektor gewesen.
»Geh gleich nach Escalian!«, rief Thersteg.
»QIN SHI hat mich hierher geschickt. Er wird wissen, warum.«
»Er kann dich in Escalian nicht brauchen.«
Kaowen war längst klar, dass Thersteg und Fliepaut sich abgesprochen hatten. Sie versuchten ihn zu reizen, bis er sich eine Blöße gab. Und dann hatten sie den erwünschten Grund, ihn nicht als Befehlshaber anerkennen zu müssen.
Kaowen ging nicht darauf ein. »Eure Meinung kenne ich. Mich würde auch die Meinung der anderen interessieren. Wer sich gegen mich stellt, soll vortreten und seine Gründe nennen.«
Über vierzig Kommandanten, darunter altgediente Haudegen, wagten es, sich gegen ihn zu stellen, gegen einen Protektor mit vielen Leben und der Erfahrung vieler Generationen. Er ging auf sie zu. Nur mühsam gelang es ihnen, seinem Blick standzuhalten.
»QIN SHI braucht euch nicht mehr. Wer einem Protektor den Gehorsam versagt, versagt ihn auch QIN SHI!«
Als sie die heranschwebenden Roboter sahen, war es zu spät. Keinem blieb Zeit, seine Meinung zu ändern. Kaowen wollte das auch nicht. Sie hätten es nur getan, um am Leben zu bleiben. Eine Hilfe wären sie ihm nicht gewesen.
Die Roboter töteten die Kommandanten mit gezielten Schüssen aus den Energiestrahlern. Auch Thersteg gehörte dazu. Fliepaut bewegte sich unruhig, als er allein vor Kaowen stand.
»Ein Offizier weiß, wann er verloren hat«, sagte der Protektor. »Geh! Vielleicht ist QIN SHI gnädig und nimmt dich zu sich.« Kaowen machte dazu ein Gesicht, als könnte genau das nicht eintreten.
Fliepaut zögerte noch immer. Er kannte die Regeln, die sie in der Offiziersschule gelernt hatten.
»Triff deine Entscheidung!«, sagte der Protektor. »Aber beeile dich!«
Erst schien es, als wollte Fliepaut den Freitod wählen. Er zog seinen Handstrahler, warf ihn dann entschlossen von sich und griff aus der Bewegung heraus an.
Kaowen tat, als interessiere es ihn nicht. Er sah scheinbar gelangweilt zu Boden, behielt jedoch die Hände und Füße des Xylthen im Blick. Fliepaut stürmte auf ihn los, riss blitzschnell die Arme hoch und trat mit einem Stiefel gegen Kaowens rechtes Bein. Allerdings stand der Protektor in diesem Augenblick nicht mehr an der Stelle. Vom eigenen Schwung getragen, kippte der Xylthe an ihm vorbei, stolperte über Kaowens gestrecktes Bein und schlug
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