PR 2667 – Der Diplomat von Maharani
Spitze kreisten Vögel mit auffällig großer Flügelspanne. Sie krächzten erregt, einige ließen sich auf einer der Plattformen nieder, argwöhnisch beäugt von den Insassen mehrerer Gleiter, die im Himmel standen.
Gashwa Perkat räusperte sich. Es hörte sich an, als würden kopfgroße rostige Kugeln in ebenso rostigen Lagern aneinanderreiben.
»Ja?«
»Ungewöhnliche Schwierigkeiten erfordern manchmal ungewöhnliche Lösungen«, sagte die Frau.
»Ich verstehe nicht, was du meinst.« Joschannan blieb stehen. Sah hoch zum Turm und zu den immer lauter kreischenden Vögeln. »Oh. Ich verstehe doch, was du meinst. – Aber es wäre ...«
»Es wäre eine Lösung. Eine, die dir und den Sayporanern ein klein wenig Zeit verschaffen würde.«
Er drehte sich zu der Oxtornerin um. Sie mied den Augenkontakt. Suchte die Umgebung ab, als wäre diese friedlich wirkende Welt ein einziger Gefahrenherd.
»Das ist eine ausgezeichnete Idee«, murmelte Joschannan. »Danke, Gashwa!«
»Wofür?«
»Du hast doch eben ... Ach, lassen wir es.« Er winkte ab. Es hatte keinen Sinn, mit dieser Frau eine Unterhaltung führen zu wollen. Sie redete bloß, wenn ihr danach war.
*
Faroz Khalai zeigte sich überrascht, als Joschannan ihn in seinem Büro aufsuchte. Er grüßte nicht, reichte ihm nicht die Hand. »Du hast deinen Sohn doch bereits heute Morgen besucht!«
»Geht es ihm gut?«
»Den Umständen entsprechend.«
Was für eine banale Antwort. Der Arzt hatte sie in seinem Leben sicherlich schon zigtausend Mal zu besorgten Patienten gesagt, sie war ihm in Fleisch und Blut übergegangen.
»Dann ist es gut.« Joschannan zögerte. »Doch eigentlich wollte ich mich mit dir unterhalten.«
»Mit mir? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir während der letzten Tage sonderlich gute Freunde geworden wären.«
»Ich möchte mich auch nicht mit dir auf einen Kaffee zusammensetzen. Es geht um eine dringende Angelegenheit.«
»Ist sie so dringend, dass ich deswegen leidende und sterbende Patienten vernachlässigen soll?«
»Es geht darum, leidenden und sterbenden Patienten zu helfen.«
»Das hört sich ein klein wenig melodramatisch an, und in der Öffentlichkeit kommt so etwas sicherlich gut an. Aber ich habe keine Zeit, mir deine Reden anzuhören. Im Gegensatz zu dir habe ich tatsächlich wichtige Angelegenheiten zu erledigen.«
»Jetzt reicht's!«, brauste Joschannan auf. »Mag ja sein, dass du mich nicht ausstehen kannst. Aber geht deine Abneigung so weit, dass du nicht einmal hören möchtest, worum es mir geht?«
Faroz Khalai setzte zu einer neuerlichen Entgegnung an, ließ es dann aber bleiben. Er ließ die Schultern müde nach vorne fallen und massierte seine Schläfen. »Du hast recht. Ich war unhöflich. Entschuldige bitte.« Er wies einen in der Ecke wartenden Roboter an, eine Kanne Kaffee herbeizuschaffen. »Also: Wo brennt's?«
»Ich habe mich ein klein wenig über dich informiert.« Joschannan hob abwehrend die Hände, bevor sein Gegenüber aufbrausen konnte. »Nein – ich habe dir nicht hinterhergeschnüffelt. Ich musste einige Dinge recherchieren und bin zufällig auf deinen Namen gestoßen.«
»In meiner Rolle als Arzt?«
»Nein.«
»Sondern?«
»Mir wurde gesagt, dass du ein Dastur seist. Ein hochrangiger Priester der zoroastrischen Glaubensgemeinschaft.«
»Ist das etwa verboten?«
»Ganz im Gegenteil.« Arun Joschannan sammelte seine Gedanken.
Er hatte sich intensiv mit dieser uralten Religion auseinandergesetzt, die auf das achte Jahrhundert nach Christus alter Zeitrechnung zurückzuführen war. Die Zoroastrier – auch Parsen genannt – waren durch die Islamisierung ihres Heimatgebiets im Iranischen Hochland verdrängt worden, hatten lange Zeit in Nationalstaaten namens Indien und Pakistan eine untergeordnete Rolle gespielt und später, in einer der ersten Expansionswellen des terranischen Imperiums, in den Plejaden eine neue Heimat gefunden. Dort konnten sie in Frieden ihrem Glauben frönen.
»Eure Bräuche sind ungewöhnlich. Und besonders«, sagte er.
»Das wissen wir.« Faroz Khalai warf sich stolz in die Brust. »Wir haben die Wirrnisse von weit mehr als viertausend Jahren Zeitgeschichte überlebt, haben uralte Traditionen in die Gegenwart gerettet und sind eine höchst lebendige und aktive Gemeinschaft geblieben.«
»Ich habe mich während der letzten Stunden hauptsächlich mit euren Traditionen beschäftigt.«
»Wie sieht es denn bei dir mit dem Glauben aus?«, unterbrach ihn
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