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PR 2667 – Der Diplomat von Maharani

PR 2667 – Der Diplomat von Maharani

Titel: PR 2667 – Der Diplomat von Maharani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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geht.«
    »Erklär es mir!«
    »Glauben kann man nicht erklären. Man kann ihn bestenfalls fühlen. Und genauso verhält es sich mit einer Auffrischung. Du würdest uns das Ritual verderben, wenn du mit dabei wärst.«
    Joschannan überlegte. »Ich könnte euch zwingen, Beobachter zu akzeptieren. Oder das Zeremoniell mithilfe von Spionsonden überwachen lassen. Oder Faroz Khalai zwingen, mir zu erzählen, was auf der Spitze des Turms geschieht.«
    »Er würde es dir niemals verraten. Er ist ein Ehrenmann. Und du bist auch einer. Nicht wahr?«
    »Vertraue niemals einem Politiker. Und schon gar nicht einem, der in einer derartigen Situation steckt.« Joschannan deutete unbestimmt nach oben. »Irgendwo dort draußen im All existiert eine Macht, die das terranische Sonnensystem entführen ließ und die versucht hat, die stärksten Mächte der Milchstraße mithilfe einer fünften Kolonne zu beeinflussen. Und diese fünfte Kolonne seid ihr, die Sayporaner.«
    »Das ist Ansichtssache.«
    »Komm mir jetzt bloß nicht mit Wortplänkeleien!« Joschannan unterdrückte mühsam seine Wut. »Die Liga Freier Terraner steckt in höchster Not, und ich soll Rücksicht auf eure Befindlichkeiten nehmen? Ich soll Wünsche von Gefangenen respektieren, die Schuld am Zustand meines Sohns haben?«
    Chourweydes wollte etwas erwidern, verkniff es sich dann aber. Er stand da, schweigend, und starrte ihn an.
    »Ich setze Vertrauen gegen Vertrauen«, sagte Joschannan. »Ich verspreche, dass ihr und die Parsen das Zeremoniell der Auffrischung in Ruhe und unbeobachtet vollbringen könnt, wenn du mir endlich meine Fragen beantwortest.«
    Der Sayporaner schwieg lange. Er wirkte mit einem Mal entsetzlich müde.
    »Frag, was du wissen möchtest«, sagte er nach einer Weile. »Danach.«
     
    *
     
    Wachmannschaften einer topsidischen Einheit kümmerten sich um die Abriegelung des Geländes rings um den Turm des Schweigens, ohne allzu viel Aufregung zu verursachen.
    Khalai hatte der etwa eine Million Mitglieder zählenden Gemeinschaft der Parsen vor wenigen Stunden ein »besonderes Zeremoniell« angekündigt und kraft seines Amtes die religiöse Stätte für normale Mitglieder gesperrt. Einige wenige Medienvertreter, die sich am Sockel des Turms einfanden und Fragen stellen wollten, wurden sanft, aber bestimmt zurückgewiesen. Man filmte und diskutierte eine Weile über den protzigen Totenzug des Verstorbenen und welcher Grund einen derartigen Akt rechtfertigte – und wandte sich von den Geschehnissen ab, als bekannt wurde, dass in einem Stahlwerk in der Stadt Bahkrish, 300 Kilometer nördlich, ein Großeinsatz von LFT-Soldaten stattfand. Die Behörden gaben sich bedeckt, schon bald kursierten die wildesten Gerüchte – und niemand kümmerte sich mehr um die Geschehnisse rings um den Turm des Schweigens.
    Kurze Zeit später wurden die Sayporaner zum Turm gebracht. In einem Gleiter, der keinerlei Aufmerksamkeit erregte. Sie wurden ins Innere des Gebäudes geleitet und den Zoroastriern übergeben, den Wächtern wurde der Zutritt verwehrt. Dann geschah lange Zeit nichts. Über den Auslegern an der Spitze des Turmes legten sich blickdichte Energiefelder; Aasvögel, die wie stets auf Beute lauerten, zogen sich enttäuscht krächzend zurück.
    Arun Joschannan wartete. Er war nervös. Trank Tee, aß eine Kleinigkeit, erledigte Routinearbeit – und machte sich dann, als er es nicht mehr aushielt, auf den Weg ins Sudarshan-Hospital, um einmal mehr seinen Sohn zu besuchen. Der stellvertretende Arzt behandelte ihn weitaus zuvorkommender als Faroz Khalai, und schon bald stand er Caio gegenüber.
    »Wie geht es dir?«, fragte er.
    »Mir geht es gut. Wie immer.« Der Junge starrte durch das Panoramafenster seines Zimmers ins Freie.
    »Helfen dir die Besuche der Sayporaner?«
    »Wie bitte? – Ach ja. Die Sayporaner. Gut, gut. Sie machen, dass ich mich wohlfühle.«
    »Was stellen sie mit dir an?«
    »Sie reden bloß. Berühren mich da und dort. Sind freundlich. Freundlicher als die meisten Menschen, die ich kenne. Freundlicher als mein Vater.«
    »Ich habe mich nie gegen dich gestellt, Caio.«
    »Was ja auch nicht schwer war, nachdem du nie da warst.« Er sah Joschannan an. »Mutter verabscheute dich. Wusstest du das?«
    »Sie hat mich geliebt.«
    »Vielleicht irgendwann einmal. Doch während ihrer letzten Jahre hat sie bloß noch schlecht über dich gesprochen. Nachdem sie meinte, ich wäre alt genug dafür, mir zu sagen, dass mein alter Herr ein Arschloch

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