PR 2667 – Der Diplomat von Maharani
einige Schreibfolien in ein multifunktionales Lesegerät und aktivierte es. Bilder umschwebten ihn augenblicklich. Sie wurden von der verarbeitenden Mikropositronik rasch auf Inhalte geprüft und in eine passende Informationsstruktur eingebunden. Namen von Planeten, die auf der Folie geschrieben standen, erschienen in einer holografischen Darstellung, die der TLD-Mitarbeiter nach seinem Dafürhalten perspektivisch verschob.
»Wir haben mittlerweile zwei Dutzend weiterer Agentenringe der Sayporaner ausgehoben. Wie ihr sehen könnt, kam es zu Auseinandersetzungen. Drei von ihnen wurden getötet, vierzig gefangen genommen. Badakk wurden ebenfalls festgesetzt, etwa siebzig. Viel mehr jedoch sind in den Kämpfen gefallen oder haben sich selbst gerichtet.«
»Gab es Verluste in der zivilen Bevölkerung oder aufseiten des TLD?«
»Nein. Wir sind mit größtmöglicher Sorgfalt vorgegangen. Und da die Zugriffe nahezu zeitgleich erfolgten, kamen die Mitglieder der einzelnen Zellen nicht dazu, sich gegenseitig zu warnen.«
»Weiter.«
Der Agent verschob die Darstellungen neuerlich, weitere Informationen erschienen. Er gruppierte sie, bis sie Zahlenkolonnen ergaben. »Wir haben sieben Schiffe aufgebracht, allesamt in der Milchstraße gängige Bautypen. Die Besatzungen zweier weiterer Raumer haben kapituliert.«
Ausgelöschtes Leben.
Einige Worte genügten, um den Tod von Intelligenzwesen zu beschreiben. Man durfte sich als Erster Terraner nicht mehr Emotionen als nötig erlauben, erst recht, wenn es um den Feind ging. Joschannan war heilfroh, dass er bloß über Fakten informiert wurde und nichts mit den eigentlichen Umständen der Auseinandersetzungen zu tun hatte.
»Weiterhin wurden 750 Badakk-Doppelpersonen enttarnt. Drei zeigen Wahnsinnssymptome, vier weitere sind mittlerweile gestorben.« René Alscher deutete auf einen kleinen Punkt im Zentrum der holografischen Darstellung. »Ronald Tekener hat die gefangenen Sayporaner übernommen. Die JULES VERNE verlässt eben die Systemgrenzen Yoguls.«
»Sehr schön, sehr schön. Gibt's übrigens auch gute Nachrichten?«
»Wie bitte?« Der TLD-Mann sah ihn verwirrt an.
»Ich hätte gern etwas zu hören bekommen, was nicht mit Auseinandersetzungen, Tod oder Vernichtung zu tun hat.«
»Dann fällt es nicht in meine Kompetenz.« René Alscher blickte ihn ratlos an. Er verstand nicht.
Er lebte in seiner eigenen grauen und bitterbösen Welt, die niemals mit dem Wunder der Geburt oder dem der Liebe in Berührung kam, und Arun Joschannan fragte sich, ob der Mann überhaupt wusste, was Freude war.
»Na schön«, sagte er resignierend und blickte in die Runde. »Machen wir weiter mit dem Alltagskram. Henar – ich habe während der letzten Stunden sicherlich eine Menge Beschlüsse gefasst, die noch unterzeichnet werden müssen.«
»So ist es.«
Henar Maltczyk legte ihm einen Stoß Gesetzesvorlagen, Bestimmungen und Bescheide vor, die mit seinem DNS-Siegel gekennzeichnet werden mussten, um Gültigkeit zu erlangen. Sie würden das Leben irgendwelcher Siedler auf hinterwäldlerischen Planeten beeinflussen, Streitfälle beilegen oder aber für neue Reibereien irgendwo da draußen im Weltraum sorgen. Es handelte sich um Angelegenheiten, über die Arun Joschannan bloß oberflächlich informiert wurde. Er hatte Dinge zu erledigen, die als wichtiger galten.
Einige Diplomaten verließen den Raum, andere betraten ihn. Bittsteller, die protegiert worden waren, wurden zwischen Einzeltermine gequetscht; Lobbyisten wollten mehr oder weniger unverhohlen ihren Einfluss geltend machen. Drei über die Grenzen des Yogul-Systems hinaus bekannte Sportler mussten geehrt werden; gerade in Zeiten wie diesen benötigte das Volk seine Helden.
Arun Joschannan gab sich der Arbeit hin. Sie wogte über ihn hinweg, ließ ihn manchmal ein klein wenig auftauchen, um Luft zu holen, und drohte ihn bald darauf wieder zu ertränken.
Er war Politiker mit Herz und Seele. Er war es gewohnt, mit sehr, sehr wenig Luft auszukommen. Das Geheimnis des Überlebens in diesem Ozean mit seinem endlosen Horizont, in dem unzählige Haie schwammen, war: Folge den Strömungen. Nimm sie an, bekämpfe sie nicht. Spar dir deine Kräfte für die wichtigen, entscheidenden Augenblicke auf. Wenn Land in Sicht kommt und du fühlst, dass die Bedingungen günstig sind – setze alles daran, es zu erreichen.
Derzeit war weit und breit nicht das geringste Stück Land zu sehen.
*
Das Treffen mit dem neuen Administrator des
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