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PR 2675 – Der Glanz der Stille

PR 2675 – Der Glanz der Stille

Titel: PR 2675 – Der Glanz der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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Hüllenmaterial beschädigt, eingedrückt oder eingequetscht. Sie umkreisten die Station einmal komplett und hielten nach einem Riss Ausschau, durch den sie hätten ins Innere gelangen können.
    Ohne Ergebnis.
    Toufec ließ Pazuzu frei. Die Nano-Gestalt glitt, während Toufec und Sarmotte bremsten und bewegungslos zur Station im Raum standen, auf die Hülle zu und legte ihr die Hand auf. Die Verbindung aus Nanogenten war feiner als ein Spinnenfaden und für die Augen kaum sichtbar.
    Keine Minute später konnte Sarmotte beobachten, wie sich die Struktur der Hülle rund um Pazuzus Hand veränderte. Ein Oval, mehr als mannshoch, wölbte sich vor, kerbte sich vertikal ein und nahm die Gestalt eines Tores mit zwei Türflügeln an. Pazuzu zog den rechten Flügel auf, verneigte sich leicht und machte mit der anderen Hand eine einladende Geste.
    Toufec ließ Sarmotte den Vortritt. Im Vorbeiflug blickte sie dem Nano-Dschinn kurz in die Augen: kein Augapfelweiß, keine Pupille, nur der unbestimmte Glanz zweier Opale. Opale galten im archaischen Rom als die Talismane der Diebe und Spione, dachte sie. Passt.
    Pazuzu zog die Tür hinter ihnen zu; gleich darauf bemerkte Sarmotte, wie Luft in die kleine Kammer strömte, die der Dschinn ihnen gebaut hatte.
    Dann öffnete sich die Tür ins Innere.
    Sie traten ein.
     
    *
     
    Pazuzu befand sich wieder in der Flasche. Die nanotechnisch erzeugte Tür aber hatte Bestand. In der Station herrschte eine künstliche Schwerkraft von knapp über einem Gravo. Der Gang, in dem sie standen, war von einer Art Efeu überwuchert. Die Pflanzen bedeckten Boden, Wände und Decke. Am Boden bildeten sie einen dicken Teppich, in den Sarmotte bis über die Knöchel ihrer Stiefel einsank.
    Da und dort war ein feiner Sprühnebel zu sehen, der von Düsen in der Wand ausgeblasen wurde.
    In regelmäßigen Abständen hingen fünfeckige Leuchtflächen an der Decke und spendeten ein von den wuchernden Pflanzen gedämpftes Licht.
    Sarmotte las einige der Daten, die der SERUN ins Visier projizierte. Atembare Luft, mit 31 Prozent sogar ein deutlich höherer Sauerstoffgehalt als auf der Erde; allerdings eine auffallend hohe Beimengung von Schwefeldioxid.
    Toufec und Sarmotte nickten einander zu und ließen die Helme vorerst geschlossen.
    Etwas flog auf Sarmotte zu: ein handspannengroßes Schirmchen, das sich rasend schnell um sich selbst drehte.
    Als es auf Augenhöhe mit Sarmotte war, hielt das Schirmchen inne und stand leicht hin und her schwankend in der Luft. Der Stiel des Schirms wand sich wie ein Wurm; der Stiel endete in einem winzigen Krokodilskopf mit einer stumpfen Schnauze. Die Schnauze schnappte zwei-, dreimal nach dem Visier, fand aber keinen Zugriff. Das Schirmwesen rotierte wieder, drehte ab und flog davon.
    »Soll ich einen Falken ausschicken?«, fragte Toufec.
    »Wohin?«, fragte Sarmotte.
    »Die Zentrale suchen?«
    Sarmotte nickte. Während aus der Flasche ein Nanogenten-Strang stieg und sich in etliche Fäden verzweigte, versuchte Sarmotte erst Binc, dann Oburs anzufunken. Aber erwartungsgemäß bekam sie keine Verbindung.
    Aus dem Ende der Fäden entstanden sechs oder sieben winzige Falken, kaum größer als ein Fingernagel. Sie schlugen mit den Flügeln und stoben in beide Richtungen davon.
    Sarmotte und Toufec gingen weiter. Hin und wieder wurden sie von einem der kleinformatigen, durch die Luft sausenden Kreiselkrokodile angegriffen. Einmal sahen sie eine Herde mausgroßer, schwarzgefiederter Kängurus, die ihnen entgegengehüpft kamen, flohen aber, sobald sie die Menschen in den SERUNS bemerkten.
    »Viel los hier, jedenfalls unterhalb des Knies«, bemerkte Toufec. »Eine quicklebendige Gesellschaft.«
    »Wer hält dieses Biotop am Leben?«, fragte sich Sarmotte.
    »Vielleicht gehören diese Lebewesen zur ursprünglichen Ausstattung der Station«, vermutete Toufec.
    »Du meinst: Die Schirmflieger oder die Hüpfmäuse sind die degenerierten Nachfahren der Besatzung dieser Raumstation?«
    »Oder deren frischer Proviant.«
    Sie fanden und öffneten ein Schott zu einem größeren Innenraum. Die Halle, in die sie schauten, war leicht gekrümmt, über zwanzig Meter hoch und breit und gute achtzig Meter lang. Vom Gang aus gelangten sie auf eine Galerie, die sich in zehn Metern über dem Hallenboden die äußere, weitere Wand entlangzog. Beständiger Nieselregen füllte den Raum wie ein Nebel. Die Schirmflieger waren erheblich größer als auf dem Gang. Sarmotte und Toufec aktivierten ihre Deflektoren,

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