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PR 2676 – Der Chalkada-Schrein

PR 2676 – Der Chalkada-Schrein

Titel: PR 2676 – Der Chalkada-Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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einen sicheren Überlichtkurs, der auch ohne seine Kontrolle auskam.
    Völlig erschöpft desaktivierte er den Augendorn und schloss die Augen.
    Wenigstens einen Moment wollte, musste er sich Ruhe gönnen. Die Gedanken schrien in seinem Kopf, er stand während der Navigation ständig unter Strom. Sonnen und Sternennebel fanden den Weg direkt in sein Gehirn, genau wie n-dimensionale Kraftlinien und die tiefsten Abgründe des Alls. Mental konnte er das ertragen, aber er durfte seinen Körper nicht vergessen.
    Wie lange er wohl geflogen war? Er schaute nach und erschrak – er steuerte die Flotte bereits seit mehr als 18 Stunden. Und das Ziel lag trotzdem nach wie vor weit entfernt. Ramoz hoffte, dass sich die Weltengeißel überhaupt noch vor Ort aufhielt. Die Gefahr war groß, dass sie schon weitergezogen war und sich damit die gerade erst entdeckte Spur wieder verlor.
    Das wäre mehr als ärgerlich. Der ganze Flug wäre umsonst. Von den vielen Toten abgesehen, doch an diese verschwendete er kaum einen Gedanken. Sie gingen auf QIN SHIS Konto, es war sinnlos, und es gab keine Notwendigkeit, sich mit ihnen zu beschäftigen.
    Ramoz lag eher im Pilotensessel, als dass er saß. Seine Überlegungen trieben davon, drifteten in das Meer zwischen Wachen und Schlafen, das sich aufgewühlt präsentierte, als tobe ein Orkan darin. Seine Finger zuckten; er nahm es nur noch am Rande wahr.
    Beiläufig dachte er an Nemo Partijan, der sich mit ihm in der Zentrale der ZASA aufhielt. Sollte er mit dem Quintadim-Topologen reden, um ...
    Eine Welle aus dumpfer Müdigkeit schwappte über den Gedankenfetzen und erdrückte ihn. Die Erschöpfung forderte ihren Tribut. Er schlief ein.
    Oder doch nicht?
    Denn das, was er nun vor sich sah, war kein Traum. Oder nicht nur. Die Seele der Flotte wusste, dass es mehr war als ein Bild aus seinem Unterbewusstsein, das plötzlich auftauchte und vor ihn trat.
    Zuerst, als die Gestalt noch einige Schritte entfernt war, glaubte Ramoz, es mit dem Oracca Högborn Trumeri zu tun zu haben. Doch wie hätte dieser an Bord der ZASA gelangen sollen?
    Nemo!, wollte er rufen, aber kein Wort kam über seine Lippen. Schlief er doch? Konnte er deshalb nicht reden? War dies einfach nur ein Albtraum? Er wusste es nicht, und jede Logik löste sich auf wie dünne Nebelfetzen.
    »Es ist kein Traum«, sagte die Gestalt in der graubraunen Kutte, die ihren kompletten Körper verhüllte. Sie hob die Arme. Dürre und knöchern aussehende Hände ragten aus dem Stoff, packten die Kapuze und warfen sie auf die Schultern zurück.
    Ramoz erkannte inzwischen, dass der Kuttenträger viel größer war als Trumeri. Dies war ein Oraccameo – derselbe, mit dem er schon im Kalten Raum gesprochen hatte. Dort war dieses Wesen als Projektion aufgetaucht während der Prüfung, in der sich Ramoz als Seele der Flotte erwiesen hatte.
    »Was willst du?«, herrschte er die Gestalt an, und er wusste, dass der andere ihn hörte, obwohl er auch diese Worte nicht aussprach, weil er nicht auf seinen Körper zugreifen konnte. »Wie kommst du hierher?«
    »Ich warne dich, Seele der Flotte.« Die Stimme des Kuttenträgers raschelte wie dürres Laub. »Du kannst deiner Bestimmung nicht entgehen.«
    »So?«, spottete er.
    »Du bist unser Geschöpf, und das vermagst du nicht zu ändern. Denk an deine Wurzeln, Ramoz. Wir sind deine ...«
    »Meine – was? Meine Götter?«
    »Du kannst mich verspotten, so viel du willst. Es ändert nichts an den Tatsachen.«
    »So? Und wenn ich mich entschließe, dass es diese Götter nie gegeben hat? Ihr mögt mächtig sein, aber ihr seid auch von mir abhängig. Und nun verschwinde aus meinem Bewusstsein, was immer du bist!«
    »Sieh mich nicht als deinen Gott an, sondern als deinen Vater. Als denjenigen, der dich überhaupt erst auf die Welt gebracht hat. Wir haben dir Verstand verliehen, und wir können ihn dir auch wieder nehmen, wenn du uns dazu zwingst.«
    »Das habt ihr bereits getan!«, schrie Ramoz. »Ihr habt mich reduziert 300.000 Jahre lang!«
    »Doch du bist nun erneut die Seele der Flotte, dank unserer Gnade.«
    In Ramoz stieg eiskalte Wut auf. Die Umgebung schien mit einem Mal zu flackern, und nun erst fiel ihm auf, dass er in einem völlig weißen Raum stand. Dies war nicht die Zentrale seines Flaggschiffs, es glich eher einer farb- und konturenlosen Traumwelt. In der Ferne klaffte ein schwarzer Riss, und je mehr Ramoz' Wut anstieg, desto mehr verästelte sich diese Dunkelheit, fraß sich in die Illusion

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