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PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo

PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo

Titel: PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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klappt.«
    »Du möchtest mehrere hunderttausend Wesen ihrer Lebenskraft berauben?«, fragte Wörgut Gooswart.
    »Ja.«
    »Das ist ... gewagt.« Die Stimme des Kriegsministers klang erregt. Er wirkte von der Idee, die Bewohner Tairminos binnen weniger Momente ihrer Bewusstseine zu berauben, gleichermaßen fasziniert wie abgestoßen.
    »Es ist notwendig, wollen wir endlich einen Schritt weiterkommen.« Youlder wandte sich ab und sprach in ein Kommandofeld. Er kümmerte sich nicht weiter um seine Gäste. Er ignorierte sie und gab Anweisungen, die der Justierung des Kollektors dienten.
    Zeit verging, die Spannung stieg. Fogga schaltete mehrere hundert Kameras zu, die das tägliche Leben auf Tairmino erfassten und wahrscheinlich an die Verkehrsleit- und Sicherheitssysteme des Planeten gekoppelt waren. Unbemerkt von den Bewohnern erfüllte sich hier oben, knapp außerhalb der Stratosphäre, ihr Schicksal. Selbst die Vertreter der planetaren Regierung ahnten nichts. Ihnen war mitgeteilt worden, dass Vermessungen ihrer Heimatwelt stattfänden, um festzustellen, ob mittels verfeinerter Arbeitsmethoden selbst die geringsten hyperenergetisch geladenen Kristalle gefunden werden könnten.
    Man belog sie. Sie würden sterben, ohne auch nur zu ahnen, welches Schicksal sie traf – und warum es sie traf.
    Fogga fand diesen Plan in all seiner Amoral faszinierend.
    »Die Techniker sind bereit.« Youlder lenkte ihre Aufmerksamkeit auf ein Schiff, dessen Form sich von denen der anderen unterschied. Auf einer Breitseite eines Rechtecks war eine Art Trichter angeflanscht, der auf Tairmino ausgerichtet war. »Das ist einer der Kollektoren. Er wird die Geistesinhalte von mehr als fünfzigtausend Wesen aufnehmen.«
    »Was wird mit ihnen geschehen?«, fragte Gooswart.
    »Sie sollen als Experimentiermasse herhalten. Um zu testen, ob die Bewusstseine miteinander verschmolzen werden können. Ob es dazu äußerer Anreize bedarf oder nicht. Wie lange ein derartiger Vorgang dauern würde. Ob man die Geistesinhalte auch wieder voneinander trennen kann.«
    Der Oberste Herr gab ein weiteres Zeichen. Rings um ihn leuchteten Kommandofelder in allen Farben auf, der Countdown begann.
    Fogga beobachtete Tion Youlder. Er war völlig auf das Experiment fixiert. Nichts anderes interessierte ihn mehr. Das geteilte Lid seines linken Auges zuckte, die Hände zitterten, eine der Alterswarzen verfärbte sich zusehends. Sosehr der Oberste auch den Anschein erwecken wollte, das Experiment in aller Ruhe zu beobachten – er war hochgradig erregt.
    »Jetzt!«, sagte er mit heiserer Stimme.
    Es war nichts zu sehen. Bloß die an Bord der ZACKENGUT installierten Messgeräte zeigten ungewöhnliche Ausschläge im Bereich höherdimensionaler Strahlung.
    Fogga erinnerte sich nur zu gut an die ersten Entleibungen, die er miterlebt hatte. Es hatte eine Weile gedauert, bevor die Wirkung eingetreten war. So mussten sie auch diesmal warten, bis sie die Folgen sehen konnten. Auf einem belebten Platz in einer der größeren Städte Tairminos brachen plötzlich Bürger ohne erkennbaren Grund auf den Straßen, in den Geschäften, auf Schutthalden oder in Büros zusammen.
    Warum gerade hier?, fragte sich Fogga. Doch es blieb keine Zeit, länger darüber nachzudenken. Nun ging es Schlag auf Schlag. Jedes der Übertragungsbilder zeigte Wesen, die umfielen und tot waren, bevor sie den Boden berührten. Der Tod breitete sich wie eine Epidemie aus. Die wenigen Nachrichtensender hatten kaum Gelegenheit, das Unfassbare in Worte zu fassen oder Warnungen auszugeben. Da verstummten auch schon die Sprecher, und künstliche Einheiten übernahmen deren Rollen.
    »Achtzig Prozent Vollzug«, meldete Tion Youlder aus seiner Sicherheitstonne. Er wirkte hochzufrieden.
    Das Leben auf Tairmino kam völlig zum Stillstand. Einige Tierarten reagierten ebenfalls verstört auf die Bestrahlung, eine in der Tiefsee lebende Raubfischgattung ereilte dasselbe Schicksal wie die intelligenten Bewohner dieser Schürf- und Minenwelt. Hunderte, dann Tausende von ihnen trieben mit den Bäuchen nach oben auf den Wasseroberflächen der Meereslandschaften.
    »Sieh an«, sagte Tion Youlder, mäßig interessiert, »es gab also doch Ureinwohner auf Tairmino.«
    Einige wenige Wesen taumelten noch durch Straßen. Luft- und Bodenfahrzeuge kamen allerorts zu einem Stillstand oder wurden von Autopiloten gelandet. Ein Kind, ein Barawn-Rauss, dessen Bodenfühler sich wie haltsuchend in die Erde bohrten, stand nun einsam und

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