PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo

Titel: PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner

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verlassen auf einer Spielwiese. Ringsumher lagen Altersgenossen. Dann erlahmten auch die Bewegungen des Jungen. Er blieb stehen, die Astarme ein wenig angehoben und bereits zu tief verwurzelt, um umfallen zu können.
    »Vierundneunzig Prozent«, hörte Fogga die Stimme eines der Überwachungstechniker. »Die Angehörigen einiger Völker wirken stabiler als andere ...«
    Ein Alarmsignal ertönte. Das Experiment, das bislang ruhig und mit der notwendigen Abgeklärtheit verfolgt worden war, erhielt mit einem Mal eine aufregende Note. Fogga fühlte, dass etwas Außergewöhnliches im Gang war. Ein dramaturgischer Höhepunkt, mit dem offenkundig niemand gerechnet hatte, brachte die schönen Pläne der Teilnehmer an diesem Spiel gehörig durcheinander.
    »Der Kollektor!«, rief jemand, und ein anderer trug den Schrei weiter: »Der Kollektor! Er hat die Kapazitätsgrenze erreicht, viel zu rasch! Er explod...«
    Jeder, dessen Blick auf den Bildschirmen hing, konnte es sehen. Es geschah völlig unspektakulär, ohne Geräuschentwicklung und ohne optisch wahrnehmbare Begleiteffekte. Der Kollektor fiel auseinander, als hätten sich die Seitenfronten voneinander gelöst. Sie trudelten nach allen Richtungen davon und überschlugen sich im Zeitlupentempo. Interieur quoll ins Freie. Meist verkapselte Technikelemente, deren Funktion wohl nur die Erbauer bestimmen konnten.
    Und dann war da noch dieser Hauch einer Berührung, den Fogga fühlte. Eine Berührung, sanfter als ein Windhauch, die sein Gesicht streifte, aber ihm auch etwas zuflüsterte und etwas in seinem Inneren berührte, auf eine Art, die er niemals zuvor kennengelernt hatte. Es war innerhalb eines Herzschlags wieder vorbei, und Fogga bedauerte es zutiefst, dass die Erinnerung daran gleich wieder schwand. Es blieben Fragmente von Emotionen in ihm zurück, die kaleidoskopartig durch seinen Kopf trieben, bevor auch sie verpufften und eine enttäuschende Leere zurückließen.
    Waren das jene Bewusstseinsinhalte gewesen, die für kurze Zeit und nur vorübergehend im Kollektor ihre Heimat gefunden hatten? Und wenn ja – was geschah nun mit ihnen? Verloren sie sich im All, oder bewegten sie sich vorwärts, auf ein unbekanntes Ziel zu?
    Fogga sah sich um. Wörgut Gooswart saß unbeeindruckt auf seinem Stuhl. Er wirkte ruhig. Doch er kannte seinen Halter gut genug, um sagen zu können, dass auch er ... berührt worden war und etwas fühlte, was ihn zutiefst irritierte.
    Fogga zog sich auf eine höhere Ebene zurück, auf die des Beobachters, der die Reaktionen der Schiffsmitglieder der ZACKENGUT, die der Techniker in den Forschungs- und Wächterschiffen, aber auch die von Tion Youlder, registrierte und analysierte.
    Alle wirkten verwundert und verunsichert. Sie waren unerwartet von Beobachtern zu Teilnehmern geworden. Ein Experiment hatte sich gegen seine geistigen Väter gerichtet, Schaden war entstanden. Nichts war so gelaufen, wie es sich die Oraccameo erhofft hatten.
    »Das hat nichts zu bedeuten«, meldete sich Tion Youlder zu Wort. Er hatte die Kapuze wieder weit übers Gesicht gezogen, wohl, um seine Enttäuschung zu verbergen. »Wir werden unsere Lehren daraus ziehen, und wir werden so rasch wie möglich einen neuen Versuch starten.«
    Er unterbrach die Verbindung, die Sicherheitstonne beschleunigte und schob sich bald darauf durch die passgenaue Öffnung seines Kommandoraumers, um binnen Kurzem mit der technischen Peripherie zu verschmelzen.
    Aus der autarken Einheit wurde der Teil eines der kampfkräftigsten Schiffe der Heimatflotte.
    »Er hat wertvolle Zeit verloren«, sagte Fogga zu seinem Halter. »Er wird Schuldige suchen und sie bestrafen, und er wird mit den Versuchen so rasch wie möglich fortfahren.«
    »Bist du dir sicher?« Gooswart erhöhte die Windzufuhr.
    »Er ist alt geworden, er hat nicht mehr viel Zeit. Er sehnt die Unsterblichkeit seines Bewusstseins herbei, und er wird alles unternehmen, um sie zu erreichen.«
    »Wenn ihn nicht jemand daran hindert.« Gooswart gab das Kommando zum Aufbruch. Schon bald beschleunigte die ZACKENGUT mit Höchstwerten, um eine tote Welt hinter sich zu lassen.

    *

    Cofirazi Marturia gab sich alle Mühe, den fehlgeschlagenen Versuch propagandamäßig auszuschlachten. Noch war längst nicht allen Oraccameo bekannt, worum es bei der Kollektor-Technik eigentlich ging. Im Volk machte sich Unruhe breit, und der Ethik-Minister trug das Seine dazu bei, dass sie immer höhere Wellen schlug. Auf manchen von Oraccameo besiedelten