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PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo

PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo

Titel: PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Kind das Leben geschenkt hast? Weil du meine Analysefähigkeiten erkanntest?«
    »Es war schwer zu übersehen«, sinnierte Wörgut Gooswart. »Du standest inmitten dieser vom Abschaum bewohnten Siedlung. Noch ein Kind, umgeben von Wesen, die sich ihre Köpfe mit Rauschgift benebelten, sich prostituierten oder einfach nur dahintrieben. Du gingst auf mich zu und verlangtest, dass ich dich an Bord der ZACKENGEIST nehmen sollte, damit du mir helfen könntest. Und du hast mir auf den Kopf zugesagt, wer ich war und was ich war. Es war mehr als beeindruckend.«
    »Danke sehr.«
    »Doch ich frage mich allmählich, was ich mit dir anfangen soll, Fogga. Du bist mir ein klein wenig zu intelligent, und deine Pläne sind zu gut. Wärst du ein Oraccameo, gäbe es wohl keinen Zweifel, wer der Oberste Herr wäre.«
    »Aber ich bin nun mal keiner, und du bist mein Halter. Meine Loyalität dir gegenüber ist uneingeschränkt.«
    »Ach ja? Das soll ich dir glauben?«
    »Du hast mich früh gelehrt, wo mein Platz in diesem Universum ist. Ich bin kein Herrscher, ich bin ein Berater. Der beste, den man sich vorstellen kann, möchte ich in aller Bescheidenheit sagen.«
    »Berater neigen dazu, mehr Macht als die eigentlichen Führer zu besitzen.«
    »So ist es.«
    »Du gibst es also zu?«
    »Warum nicht? Unser beider Zukunft liegt ganz klar vor uns. Der Weg ist vorgezeichnet, er folgt den üblichen Gesetzen. Es gibt Hindernisse zu überwinden, aber wir werden es schaffen. Du wirst es schaffen. Und ich werde dir stets mit Rat und Tat zur Seite stehen.«
    »Ich hätte gute Lust, dich jetzt gleich hinrichten zu lassen.«
    »Um dir die Chancen zu nehmen, Oberster Herr zu werden?«
    »Ich werde es ohne dich schaffen!«
    »Irgendwann vielleicht. Doch mit mir wirst du das Volk der Oraccameo in neue Höhen führen, wirst als einer der größten Führer in die Geschichte eingehen, wirst jeglichen Widerstand gegen deine Regentschaft bereits im Keim ersticken. Weil ich die Zeichen erkenne und deuten kann. Denn nichts entgeht mir, wie du weißt. – Das alles wirfst du beiseite, wenn du mich töten lässt.«
    Wörgut Gooswart schwieg. Lange.
    »Du hast auf diesen einen Moment hingearbeitet, nicht wahr?«, fragte er schließlich.
    »Ja.« Fogga lächelte und blickte zu seinem Halter hoch. »Es war nicht immer leicht. Vor allem musste ich dich dazu bringen, mir Termine bei Tion Youlder zu verschaffen. Nur von Angesicht zu Angesicht konnte ich feststellen, ob der Oberste Herr zu verdrängen sein würde oder nicht.«
    »Und Cofirazi Marturia? Wie passt er in dein Spiel?«
    »Er ist eine weitere Figur. Eine nicht unbedeutende zwar, aber ich denke, dass ich sie schlagen kann.«
    Fogga deutete aufs Sphärenbrett vor ihm. »Du bist dran.«
    Der Kriegsminister setzte sich und beäugte die Spielsituation. »Du hast eben einen falschen Zug gemacht«, sagte er dann. »Möchtest du mich absichtlich gewinnen lassen?«
    »Natürlich nicht! Wie kommst du darauf?« Fogga schüttelte den Kopf und zerdrückte die Hauptfigur des Schiffspiloten als Zeichen seiner Niederlage. »Ich muss wohl in Gedanken ganz woanders gewesen sein.«
    Blasen blubberten aus seinem Schaumhaar, so intensiv wie selten zuvor.
     
    *
     
    Cofirazi Marturia gab sich bald nicht mehr die Mühe, den Obersten Herrn im Geheimen zu attackieren. Er verlor die Geduld und gerierte sich als Herausforderer des alt gewordenen Oraccameo, machte bei jeder sich bietenden Gelegenheit Werbung für sich. Er bestach Minister-Kollegen, bedrohte andere, erging sich in geheimnisvollen Andeutungen zu den Kollektor-Experimenten und berichtete von Fehlschlägen, schürte Unzufriedenheit im Volk – und tat dies mit einer Zielgerichtetheit, die auch Maran Dana Fogga Bewunderung abverlangte.
    Der Ethik-Minister war ein Meister auf dem Gebiet der Intrige, und er erzielte beachtliche Erfolge. Solche, die es denkbar scheinen ließen, dass er Tion Youlder tatsächlich bald ablösen würde. Er krakeelte lautstark von Missständen und von Fehlern in den obersten Polit-Rängen, von moralischem Fehlverhalten, von Altersstarrsinn – und er wies auf das Debakel bei Tairmino hin; auf den Beweis für einen geplanten Genozid und, viel schlimmer, auf die Verschwendung von Lebendmaterial sowie wertvollen Ressourcen.
    Cofirazi Marturia machte seine Sache gut – und doch fehlte es ihm an Weitsichtigkeit. Er beging Fehler, und ganz gewiss rechnete er nicht damit, dass Wörgut Gooswart Partei für den alternden Obersten Herrn ergreifen

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